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Digitale Therapiebegleitung: Mebix: Neue DiGA bei Typ-2-Diabetes

Seniorin steht mit Smartphone am Fenster
In der Therapie eines Typ-2-Diabetes ist die Lebensstilmodifikation ein entscheidender Faktor. Die digitale Gesundheitsanwendung mebix möchte Betroffene dabei unterstützen. | Bild: Halfpoint /AdobeStock

Zum Personenkreis, der vom Angebot der digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) profitieren kann, dürfen sich auch Menschen mit Diabetes zählen. Für sie standen bislang zwei Anwendungen im DiGA-Verzeichnis – und damit auf Kassenkosten – zur Verfügung. Während „vitadio“ darauf abzielt, die Kontrolle eines Typ-2-Diabetes zu verbessern und dadurch potenzielle Komplikationen zu verhindern, soll „HelloBetter Diabetes und Depression“ dazu beitragen, die depressive Symptomschwere bei Personen mit Typ-1- bzw. Typ-2-Diabetes zu reduzieren. 

Vor Kurzem kam mit „mebix“ eine weitere DiGA für Menschen mit Typ-2-Diabetes hinzu. Ähnlich wie vitadio hat auch der Neuankömmling unter den DiGA die Vermeidung von Diabetes-Komplikationen im Blick. Mebix versteht sich als „tertiäre Prävention“ und verfolgt das Ziel, den Lebensstil der Nutzenden positiv zu verändern. Dies soll sich messbar im HbA1c-Wert widerspiegeln.

Zur Erinnerung: Was ist der HbA1c?

HbA1c steht für Hämoglobin A1c und beschreibt den Teil des Hämoglobins, der Zucker binden kann. Wie viel Glucose sich an Hämoglobin bindet, hängt von der Höhe des Blutzuckerspiegels ab. Diagnostisch ist der HbA1c-Wert als Langzeitblutzucker wertvoll, da er Aufschlüsse über die Blutzuckerspiegel der letzten acht bis zwölf Wochen gibt. Dies entspricht der Lebensdauer der roten Blutkörperchen (Erythrozyten).

Der HbA1c wird in Prozent angegeben und beschreibt den Anteil am Gesamthämoglobin. Bei Gesunden liegt der HbA1c-Wert bei 5 Prozent, die Grenze für einen Diabetes zieht man bei einem Wert ab 6,5 Prozent. /cb

Um diesen Nutzen zu belegen, wird in einer randomisierten, klinisch kontrollierten und verblindeten Studie untersucht, wie sich die Nutzung der App auf den HbA1c-Wert auswirkt. Da die Studienergebnisse noch nicht vorliegen, wird mebix derzeit nur vorläufig (bis Juli 2024) im DiGA-Verzeichnis gelistet.

Gut zu wissen: Wie läuft die Verblindung bei DiGA?

Eine verblindete Studie zum Nutzennachweis ist für DiGA ungewöhnlich, denn in der Regel wird die jeweilige App in Verbindung mit der Standardtherapie gegen die alleinige Standardtherapie erprobt. Die Studienteilnehmenden wissen in diesem Fall in welcher Gruppe sie sich befinden: Entweder nutzen sie die App (Interventionsgruppe) oder eben nicht (Kontrollgruppe). Aufgrund einer anderen Erwartungshaltung kann dies jedoch die Studienergebnisse beeinflussen.

Im Falle von mebix soll nun eine verblindete Studie durchgeführt werden. Umsetzen möchte der Anbieter dies mithilfe einer Placebo-App. Wie diese gestaltet sein soll, wollten wir vom Anbieter wissen. Eine Antwort auf diese Anfrage steht derzeit allerdings noch aus.

Wie funktioniert mebix?

Mit mebix haben die Nutzenden die Möglichkeit, sich eigene therapeutische Ziele zu setzen und diese durch geeignete Maßnahmen nach und nach zu erreichen. In festgelegten Intervallen werden den Anwendenden verschiedene Aufgaben vorgeschlagen, wie z. B. das Erstellen eines Bewegungsplans, die Eingabe von Vitalwerten (z. B. Blutzucker) oder die Dokumentation der verzehrten Nahrung. Die protokollierten Daten können auf Wunsch exportiert und so mit dem Arzt geteilt werden.

Gleichzeitig vermittelt die App Hintergrundwissen in Form von Videos und gibt Empfehlungen, wie dieses theoretische Wissen im Alltag umgesetzt werden kann. Durch Wissenstests werden die Inhalte weiter gefestigt. Darüber hinaus enthält die App eine Erinnerungsfunktion für Medikamente und Elemente zur Förderung der Motivation. Letztere basieren laut Hersteller unter anderem auf Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie.

In regelmäßigen Abständen gibt die App zudem Feedback und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf. Dabei beschränke sich die Rückmeldung nach Herstellerangaben auf allgemeine Formulierungen (z. B. „zu viel Zucker“) und beinhalte bei registrierten Auffälligkeiten einen Verweis an den Arzt. Kontraindikationen oder andere Ausschlusskriterien bestehen derzeit keine.

BAH wünscht DiGA-Beratung in Apotheken

Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) sieht Apotheken bei der Beratung zu DiGA mit Arzneimittelbezug als Ansprechpartner der ersten Wahl. In einer Stellungnahme zum kürzlich vorgelegten Entwurf des Digitalgesetzes schreibt der BAH: „DiGA haben sich als beratungsintensive Leistungen für Versicherte und Leistungserbringer herausgestellt.“ Der persönliche Kontakt zu Beratungsangeboten sei jedoch limitiert und gerade nicht IT-affine Versicherte benötigten einen möglichst niederschwelligen Zugang zu Beratungsleistungen. „Hier haben sich bereits während der Coronazeit Apotheken als verlässliche und hochkompetente Anlaufstellen bewährt.“

Diesen Service sollen die Apotheken allerdings freiwillig erbringen können. Denn ein solches Beratungsangebot zu etablieren, könne sich zunächst nicht jede Apotheke leisten. Zudem gelte es, die Apotheken dafür fair zu bezahlen. „Der Aufwand, diese Beratungsqualität aufzubauen und anzubieten, muss in einem ausgewogenen Verhältnis zur Vergütung des Services stehen“, unterstreicht der Verband. /cg, sn