Was ist eigentlich die körperdysmorphe Störung?
Dieses Bekenntnis dürfte viele Robbie-Williams-Fans verwirrt haben: Er fühle sich ständig hässlich, teilte der 49-Jährige auf Instagram mit. Damit wird schon ein typisches Merkmal der körperdysmorphen Störung (KDS) deutlich. Denn viele der Betroffenen nehmen sich selbst als körperlich äußerst makelhaft wahr, obwohl sie eigentlich attraktiv aussehen.
Was ist eine körperdysmorphe Störung?
Bei der körperdysmorphen Störung handelt es sich um eine Körperbildstörung – also eine psychische Erkrankung, die durch eine verzerrte subjektive Wahrnehmung des eigenen Aussehens gekennzeichnet ist.
Betroffene bilden sich entweder einen Makel ihres Körpers ein oder überbewerten einen kleinen vorhandenen, der anderen Personen kaum auffällt. Das kann zum Beispiel die Form oder Größe von Körperteilen wie Nase, Ohren, Brüste oder Gesäß betreffen. Aber auch Narben, Falten, schütteres Haar oder übermäßige Behaarung können subjektiv übersteigert wahrgenommen werden.
Wie äußert sich eine KDS?
Der vermeintliche oder geringfügige Makel ihres Äußeren veranlasst die Betroffenen zu allerlei zwanghaften Verhaltensweisen. Manche verbringen zum Beispiel Stunden über Stunden vor dem Spiegel, kontrollieren immer wieder ihr Aussehen.
Sie versuchen, mit Kosmetika oder durch Manipulationen wie Zupfen an der Haut ihren Teint zu verbessern oder Hautfehler zu kaschieren. Andere wechseln mehrmals täglich ihre Kleidung, um vermeintlich hässliche Körperteile besser zu verstecken. Einige Männer, die einen normalen oder sogar athletischen Körperbau haben, halten sich für schmächtig und bauen zwanghaft Muskelmasse auf.
Allen KDS-Betroffenen gemeinsam ist, dass sie ihrem Äußeren überproportional viel Bedeutung beimessen. Sie beschäftigen sich daher unverhältnismäßig lange mit ihrem Erscheinungsbild.
Sänger Robbie Williams ist offenbar zwanghaft auf sein Gewicht und das Abnehmen fixiert. Dies kommt bei der körperdysmorphen Störung häufig vor. Viele Patienten leiden auch begleitend an einer Essstörung.
Wegen der zwanghaften Verhaltensweisen wird die körperdysmorphe Störung im Klassifikationssystem der Krankheiten in die Kategorie „Zwangsstörungen und verwandte Störungen“ gestellt.
Verlauf einer körperdysmorphen Störung
Die KDS verläuft tendenziell chronisch und ist oft mit großem Leidensdruck verbunden. Und sie geht mit einer gravierenden Gefahr einher – wenn Betroffene es vermeiden, in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Sie isolieren sich dann sozial. Das kann sogar dazu führen, dass sie nicht mehr zur Arbeit oder in die Schule gehen. Viele Betroffene leiden im Laufe der Zeit zusätzlich an einer Depression.
KDS beginnt meist während Pubertät
Die körperdysmorphe Störung ist gar nicht so selten. Ungefähr zwei Prozent der Bevölkerung gelten als betroffen. Unter der Klientel, die dermatologische oder plastisch-chirurgische Behandlungen nachfragt, ist die Rate deutlich höher.
Häufig beginnt die KDS im Pubertätsalter. Einige Patienten zeigen aber schon in der Kindheit erste Symptome. Auch Robbie Williams berichtet, schon sein ganzes Leben lang darunter zu leiden.
So kann KDS behandelt werden
Wer eine körperdysmorphe Störung entwickelt hat, sollte psychotherapeutische Hilfe suchen. Denn insbesondere mit der kognitiven Verhaltenstherapie lässt sich die KDS gut behandeln.
Auch Antidepressiva, vor allem selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), kommen zum Einsatz – jedoch in höherer Dosierung als bei der Depressionsbehandlung. Quellen: Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.; MSD Manual; KDS-NET; dpa
Körperdysmorphe Störung in Kürze
- Psychische Störung, klassifiziert unter „Zwangsstörungen und verwandte Störungen“; Betroffene haben verzerrte Körperwahrnehmung, sehen sich selbst anders als Außenstehende.
- Betroffene finden sich nicht schön genug, bilden sich Makel im Aussehen ein oder überbewerten kleine vorhandene Makel.
- Führt zu zwanghaften Verhaltensweisen wie ständigem Überprüfen des Aussehens im Spiegel, selbstmanipulativen Maßnahmen, Vermeiden von sozialer Teilhabe.
- Relativ häufig: bei circa 2 Prozent der Allgemeinbevölkerung; oft Begleiterkrankungen wie Essstörungen oder Depressionen vorhanden.
- Therapie: kognitive Verhaltenstherapie, pharmakologisch mit hochdosierten Antidepressiva