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Übersichtsarbeit untersucht Verzerrungsfaktoren: Ist ein bisschen Alkohol wirklich gesund?

Zwei Senioren stoßen mit einem Glas Weißwein an
Dem Feierabendbier oder -wein werden gerne gesundheitliche Benefits zugeschrieben. Sogar die Sterblichkeit soll angeblich verringert werden. Doch stimmt das wirklich? | Bild: funkyfrogstock / AdobeStock

Die Annahme, dass sich der Konsum von Alkohol in geringen Mengen positiv auf die Sterblichkeit auswirken könnte, hält sich hartnäckig im kollektiven Gedächtnis. Dabei zeigte eine Forschungsgruppe bereits 2016, dass die vermeintlich positiven Effekte auf Verzerrungsfaktoren (Bias) zurückgehen. Nun haben die Forschenden ihre systematische Übersichtsarbeit aktualisiert und 20 in der Zwischenzeit (bis Juli 2021) neu erschienene Studien eingeschlossen.

Übersichtsarbeit aktualisiert

Insgesamt 107 Kohortenstudien, die den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Mortalität (Sterberate) untersuchten, umfasst das kürzlich im „Jama Open“ erschienene Update der systematischen Übersichtsarbeit. Wie auch in der vorhergegangenen Arbeit fassten die Forschenden zunächst die Ergebnisse der Einzelstudien zusammen und prüften anschließend, wie sich die Ergebnisse änderten, wenn verschiedene Bias berücksichtigt wurden.

Unbereinigte Daten lassen gesundheitlichen Mehrwert vermuten

Insgesamt waren 425.564 der 4,8 Millionen Teilnehmenden während der jeweiligen Studiendauer verstorben. In der unbereinigten Datenauswertung stellte sich für 

  • die Gruppe der gelegentlich Trinkenden (< 9,1 g Ethanol/Woche) ein nicht signifikant und für
  • die Gruppe der wenig Trinkenden (1,3–24,0 g/Tag) ein signifikant niedrigeres relatives Mortalitätsrisiko (RR 0,92 und 0,85) gegenüber den abstinenten Studienteilnehmenden dar.
  • Mittlerer (25,0–44,0 g/Tag) und hoher Alkoholkonsum (45,0–64,0 g/Tag) war mit einer nicht signifikanten und
  • erst sehr hoher Konsum (> 65,9 g/Tag) mit einer signifikanten Risikoerhöhung verbunden.

Senkt das ein oder andere Gläschen also doch das Sterblichkeitsrisiko?

Gut zu wissen: 10 bis 12 g reiner Alkohol sind enthalten in

10 bis 12 g reiner Alkohol sind laut kenn-dein-limit.de in folgenden Getränken enthalten: 

  • 0,3 l Bier
  • 0,125 l Wein
  • 0,1 l Sekt
  • 4c l Schnaps 

Berücksichtigte Verzerrungsfaktoren lassen Vorteile verschwinden

Mitnichten, schreiben die Forschenden weiter. Denn wenn sie verschiedene Verzerrungsfaktoren in ihre Berechnung miteinbezogen, verschwanden diese scheinbaren Vorteile. Das relative Risiko in den Gruppen der gelegentlich und wenig Trinkenden lag zwar immer noch unter 1, war aber in beiden Fällen nicht mehr signifikant verringert (RR 0,96 und 0,93). Für die Gruppen mit mittlerem bis sehr hohem Alkoholkonsum war das relative Mortalitätsrisiko erhöht (RR 1,05; 1,19 und 1,35). 

Zu den berücksichtigten verzerrenden Faktoren gehörten unter anderem 

  • das Alter der Teilnehmenden,
  • die Nachverfolgungsdauer,
  • der Raucherstatus und
  • der „Abstinenz-Bias“. Hiermit bezeichnen die Studienautoren die Tatsache, dass bei 86 der 107 Studien in der als abstinent bezeichneten Gruppe auch solche Teilnehmenden zu finden waren, die gelegentlich Alkohol konsumieren oder aber die früher Alkohol getrunken hätten.
  • Weiterhin hätten Menschen, die nie Alkohol tränken, oft gesundheitliche Gründe hierfür, beispielsweise Vorerkrankungen, und seien daher als Vergleichsgruppe problematisch.

Fazit: Wenig Alkohol schützt nicht

Zusammenfassend schreiben die Autoren:

„Unsere Meta-Analyse von 107 Studien ergab 
1. keinen signifikanten schützenden Zusammenhang zwischen gelegentlichem oder geringem Alkoholkonsum und der Gesamtmortalität und 
2. ein erhöhtes Risiko für die Gesamtmortalität bei Trinkenden, die 25 g oder mehr tranken, und ein signifikant erhöhtes Risiko bei einem Konsum von 45 g oder mehr pro Tag.“

Zhao et al., 2023

Ein wenig Alkohol schützt also nicht, viel davon erhöht das Sterberisiko sogar. Wer in der Fastenzeit seinen Alkoholkonsum eingestellt hat, für den könnte es sich lohnen, die Abstinenz in eine Verlängerung zu schicken.