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Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen nimmt weiter ab

Bewusstloser Jugendlicher liegt zwischen leeren Flaschen
Immer weniger Jugendliche erleiden eine Alkoholvergiftung. | Bild: runzelkorn / AdobeStock

Das Interesse an Binge-Drinking oder auch Rauschtrinken nimmt unter Jugendlichen weiter ab. Das lassen zumindest die neusten Auswertungen der Krankenkasse KKH vermuten. Denn Zu dieser Schlussfolgerung kommt die Krankenkasse KKH nach einer neuen Auswertung der Klinikeinweisungen wegen Alkoholvergiftungen in 2023: Denn die Zahl der Alkoholvergiftungen unter den 12- bis 18-Jährigen ist erneut auf ein Rekordtief gesunken.

In 2023 seien bundesweit rund 7.650 Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren wegen einer Alkoholvergiftung in einer Klinik behandelt worden, teilt die Krankenversicherung mit.

hochgerechnet rund 10.680 Kinder und Jugendliche dieser Altersgruppe wegen einer akuten Alkoholvergiftung in einer Klinik behandelt worden, teilt die Krankenversicherung mit. 

Das seien fast 28 Prozent weniger als 2022. Nur zwischen 2019 und dem ersten Corona-Jahr 2020 verzeichnete die KKH zudem mit gut 30 Prozent einen noch stärkeren Rückgang, was an den pandemiebedingten Einschränkungen lag.

Damit gaben die Fallzahlen bei stationär behandeltem Alkoholkonsum von Heranwachsenden nicht nur das vierte Jahr in Folge nach, sondern erreichten auch den niedrigsten Stand seit der ersten Erhebung von 2006. 

Die meisten jugendlichen Rauschtrinker mit Alkoholvergiftung, nämlich hochgerechnet rund 22.260 Fälle, registrierte die Krankenkasse 2012. 

Gut zu wissen: Wie hat die KKH die Zahlen ermittelt?

Die Krankenkasse wertete den Angaben zufolge Daten der eigenen 12 bis 18 Jahre alten Versicherten zur stationären Behandlung einer akuten Alkoholvergiftung aus – und rechnete die Ergebnisse mithilfe von Zahlen des Statistischen Bundesamtes auf die bundesweite Bevölkerungszahl dieser Altersgruppe hoch.  

Das heißt: Nach den Daten der eigenen Versicherten der Kasse lag der Anteil der 12- bis 18-Jährigen mit einer stationär behandelten Alkoholvergiftung 2023 in der Altersgruppe bei 0,14 Prozent (2022: 0,19 Prozent). 

Hochgerechnet auf die rund 5,5 Millionen Menschen in dem Alter in Deutschland kam die Kasse auf die etwa 7.650 (2022: rund 10.680) Fälle, unter den eigenen Versicherten waren es knapp 150 (2022: 212).

Die KKH zählt nach eigenen Angaben mit rund 1,5 Millionen Versicherten zu den größten bundesweiten Krankenkassen. 

Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag der Anteil der Jugendlichen unter den Betroffenen der Studie zufolge noch bei über 22 Prozent, 2008 und 2009 sogar bei gut 26 Prozent, zu Beginn der Erhebung im Jahr 2006 waren es über 24 Prozent. 

Als Rauschtrinken definiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) den Konsum von mindestens fünf alkoholischen Getränken bei etwa einer Party (ca. 70 g Reinalkohol).

Alkohol wird noch immer verharmlost

„Es ist sehr erfreulich, dass offenbar immer weniger Jugendliche ihr Limit in Sachen Alkohol derart überschreiten“, sagt die KKH-Psychologin Franziska Klemm. Sie mahnt jedoch auch, dass weniger Krankenhausaufenthalte noch nicht bedeuteten, dass der Alkoholkonsum bei Jugendlichen insgesamt zurückgegangen sei. 

Grund zur Entwarnung gebe es daher nicht, denn die Zahlen blieben besorgniserregend: „Jeder Jugendliche mit einer akuten Alkoholvergiftung ist einer zu viel“, betont sie.  

Beim Rauschtrinken, Komasaufen oder Binge-Drinking spielten oft soziale Motive und Gruppendruck eine Rolle. Außerdem wird Alkohol in der Gesellschaft ihren Worten zufolge immer noch verharmlost – schließlich mache er vermeintlich lustig, bringe gute Laune und vermittele Selbstvertrauen. 

Exzessiver Alkoholkonsum gefährdet gesunde Entwicklung

Beim Hochprozentigen gehe es für Minderjährige aber auch um den Reiz des Verbotenen. Nach früheren Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen wird in Deutschland immer noch deutlich mehr Alkohol getrunken als im weltweiten Durchschnitt. Alkohol als vermeintliches Kulturgut sei gesellschaftlich breit akzeptiert.

Das Problem: „Gerade für Heranwachsende ist exzessiver Alkoholkonsum hochgefährlich und mit besonderen Risiken für eine gesunde Entwicklung verbunden“, erklärt Klemm. Neben einer möglichen Alkoholsucht drohten Schäden an Gehirn und Organen, aber auch Unfälle und Gewalt. 

Außerdem reagierten Heranwachsende besonders empfindlich auf das Zellgift, so Klemm. So erhöhe Alkohol das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf- und Lebererkrankungen. „Besonders Rauschtrinken kann zu dauerhaften Schäden führen“, sagt die Psychologin. Und je früher Jugendliche damit anfingen, desto größer sei die Gefahr für die Gesundheit.

Jugendliche reagieren empfindlicher auf Alkohol

Trotz sinkender Fallzahlen ist das Risiko einer Alkoholvergiftung bei Jugendlichen besonders groß, das zeigen Pro-Kopf-Zahlen verschiedener Altersgruppen. Bei 15- bis 19-Jährigen gab es 2021 247 Fälle je 100.000 Einwohner – in der Altersgruppe 50 bis 54 Jahre waren es nur 110 Fälle je 100.000 Einwohner.

Jugendliche reagieren empfindlicher auf Alkohol als Erwachsene, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Das liegt vor allem daran, dass sich Organe und vor allem das Gehirn noch entwickeln. 

„Mindestens bis zum Alter von 21 Jahren erfolgen im Gehirn wichtige Umbauprozesse, die durch Alkohol gestört werden können“, so die BZgA. „In dieser Zeit kann Alkohol schon in kleinen Mengen erheblichen Schaden anrichten. Daher ist in dieser Altersgruppe jeder Alkoholkonsum besonders ungesund.“

Alkohol zur Gefühlskontrolle

Nach Angaben der Kasse trinken Kinder und Jugendliche Alkohol häufig, um ihre Gefühle besser zu regulieren. Schüchterne, ängstliche oder depressive Jugendliche erhofften sich so eine Stimmungsveränderung. 

Auch spiele der soziale Druck innerhalb einer Gruppe eine wichtige Rolle – wie auch das Austesten von Grenzen. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert warnte zu Jahresbeginn: „Noch immer ist vielen nicht bewusst: Egal, wie viel und was man trinkt, jeder Schluck ist schädlich.“

Positiver Trend beim Alkoholkonsum

Positiv ist jedoch: Der Anteil der Nichttrinker wächst. Bei einer Studie der BZgA sagten nur noch 57,5 Prozent der 12- bis 17-Jährigen, dass sie mindestens einmal im Leben Alkohol getrunken haben. Vor 20 Jahren waren es noch 87 Prozent. Quelle: dpa / mia