NSAR in der Schwangerschaft: Topisch möglich?
Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vergangenen Sommer mitteilte, muss bei (systemischen) NSAR-haltigen Arzneimitteln neuerdings in der Packungsbeilage darauf hingewiesen werden, dass man diese nicht anwenden soll, wenn man sich im letzten Drittel einer Schwangerschaft befindet:
„Wenden Sie [Arzneimittelname] nicht an, wenn Sie sich in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft befinden, da dies Ihr ungeborenes Kind schädigen oder Probleme bei der Geburt verursachen könnte. Es kann Nieren- und Herzprobleme bei Ihrem ungeborenen Kind verursachen. Es kann Ihre Blutungsneigung und die Ihres Kindes beeinflussen und dazu führen, dass der Geburtsvorgang später einsetzt oder länger andauert als erwartet.“
Außerdem, hieß es, sollte man NSAR während der ersten sechs Monate der Schwangerschaft nicht einnehmen, sofern es nicht absolut notwendig ist und vom Arzt empfohlen wird. Vor allem wurde aber neu der Hinweis eingefügt:
„Wenn Sie [Arzneimittelname] ab der 20. Schwangerschaftswoche für mehr als ein paar Tage einnehmen, kann dies bei Ihrem ungeborenen Kind Nierenprobleme verursachen, was zu einer verringerten Menge des Fruchtwassers, welches Ihr Kind umgibt, führen kann (Oligohydramnion) oder es kann zur Verengung eines Blutgefäßes (Ductus arteriosus) im Herzen Ihres Kindes kommen. Wenn Sie länger als ein paar Tage behandelt werden müssen, kann Ihr Arzt eine zusätzliche Überwachung empfehlen.“
Zur Erinnerung: Schwangerschaftswochen vs. Trimenon
Eine normale Schwangerschaft dauert circa 9 Monate, was ungefähr 40 Wochen entspricht. Die Einteilung dieser Zeitspanne erfolgt sowohl anhand von Schwangerschaftswochen als auch in Form von Schwangerschaftsdritteln:
- Das erste Drittel (Trimenon) besteht aus Schwangerschaftswoche 1 bis 12,
- das zweite Trimenon beinhaltet Schwangerschaftswoche 13 bis 28 und
- das dritte und letzte Trimenon umfasst Schwangerschaftswoche 29 bis 40. /sn
Sind topische NSAR in der Schwangerschaft unbedenklich?
Für Zulassungsinhaber von topischen NSAR-haltigen Arzneimitteln galten diese Textanpassungen noch nicht. Sie wurden aber aufgefordert, die Änderungen in den kommenden PSURs (Periodische Sicherheitsberichte / Periodic safety update reports) zu diskutieren. Für topisches Ketoprofen ist man im März nun zu einem Schluss gekommen.
Präparate wie „Effekton Gel mit Ketoprofen“ oder „Phardol Ketoprofen Schmerzgel“ sind zwar verschreibungspflichtig und spielen in der Apotheke eher eine untergeordnete Rolle, doch was künftig in ihrer Fachinformation stehen soll, ist übertragbar auf andere NSAR-Topika:
„Es liegen keine klinischen Daten zur Anwendung topischer Darreichungsformen von [Arzneimittelname] während der Schwangerschaft vor. Auch wenn die systemische Exposition im Vergleich mit der oralen Anwendung geringer ist, so ist nicht bekannt, ob die nach topischer Anwendung erreichte systemische Exposition durch [Arzneimittelname] für einen Embryo/Fötus schädlich sein kann.
[Arzneimittelname] sollte während des ersten und zweiten Schwangerschaftstrimenons nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist unbedingt notwendig. Bei Anwendung sollte die Dosis so gering wie möglich und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich gehalten werden. Während des dritten Schwangerschaftstrimenons kann die systemische Anwendung von Prostaglandinsynthesehemmern einschließlich [Arzneimittelname] kardiopulmonale und renale Toxizität beim Fötus hervorrufen. Am Ende der Schwangerschaft kann es sowohl bei der Mutter als auch beim Kind zu einer Verlängerung der Blutungszeit kommen, und die Wehen können verzögert werden. Daher ist [Arzneimittelname] im dritten Schwangerschaftstrimenon kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.3).“
Embryotox berichtet zudem beim Wirkstoff Diclofenac von einem Einzelfall, in dem „eine reversible Konstriktion des fetalen Ductus arteriosus sogar nach lokaler Anwendung von Diclofenac und Methylsalicylat (Gel im Schulter-Nacken-Bereich) in der 35. Schwangerschaftswoche beschrieben“ wurde.
Vor allem in der Selbstmedikation ist neben der oralen also auch die lokale Anwendung von NSAR bei Schwangeren grundsätzlich zu hinterfragen. (Orales) Paracetamol bleibt damit das Mittel der Wahl, sollte aber auch nicht unkritisch eingesetzt werden.