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Zum internationalen Tag der Patientensicherheit am 17. September: Diese Arzneimittel sind für Senioren ungeeignet

Senior prüft Arzneimittelpackung
Welche Arzneimittel sind laut Priscus-Liste für Senioren eher ungeeignet? | Bild: pikselstock / AdobeStock

Es gibt mehrere zuverlässige und übersichtliche Hilfsmittel, wenn es um die Frage geht, ob ein Wirkstoff auch für betagte Patienten gut geeignet ist. Dazu zählen beispielsweise Forta-Einteilung, Beer’s-Kriterien, Start-Stopp-Kriterien und EU-PIM-Liste.

Speziell für Deutschland erschien 2010 erstmalig die Liste potenziell inadäquater Medikation für ältere Menschen – kurz Priscus – und wurde ein viel genutztes Hilfsmittel. Im Zeitraum von 2009 bis 2019 sank der Anteil der Patienten ab 65 Jahren, die mindestens ein potenziell inadäquates Präparat verordnet bekommen hatten, von fast 25 auf circa 15 Prozent. 

Jeder Zweite erhält potenziell inadäquate Medikation

Im vergangenen Jahr ist die Liste aktualisiert und dabei deutlich erweitert worden – von 83 auf 177 Wirkstoffe. Wendet man diese Empfehlungen rückwirkend auf die stattgefundenen Verordnungen des Jahres 2021 an, so zeigt sich, dass 48 Prozent der Patienten einen der nun gelisteten Wirkstoffe verschrieben bekamen. 

In 2022 ist der Anteil noch einmal gestiegen. So hat eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK ergeben, dass 8,3 Millionen ältere Menschen in Deutschland letztes Jahr mindestens einmal ein potenziell inadäquates Medikament (PIM) verordnet bekommen haben. Das betraf also mehr als jede zweite Person ab 65 Jahren (50,3 Prozent). Bei Frauen sei der Anteil der PIM laut der Auswertung deutlich höher als bei Männern.

Für die Analyse wurden die Arzneimittel ausgewertet, die den 16,4 Millionen älteren GKV-Versicherten verordnet wurden und auf der Priscus-2.0-Liste verzeichnet sind.

Gut zu wissen: Ältere Menschen erhalten häufiger Polymedikation

Mit steigendem Alter nimmt häufig auch die Zahl der Erkrankungen zu. Dadurch wächst auch die Anzahl der gleichzeitig verordneten Arzneimittel. Insgesamt entfielen im Jahr 2022 auf die gesetzlich Krankenversicherten (GKV) ab 65 Jahren 56 Prozent des gesamten GKV-Verordnungsvolumens nach Tagesdosen. 43 Prozent der Versicherten über 65 Jahren wurden mit mehr als fünf verschiedenen Wirkstoffen gleichzeitig behandelt. 

Ältere Patienten sind damit besonders gefährdet, unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu erleiden. /mia

Priscus 2.0: Was steht neu auf der Übersicht?

Wir nehmen den Welttag der Patientensicherheit am 17. September zum Anlass, um noch einmal zu klären: Welche wichtigen Neuerungen hat das „Update“ der Priscus-Liste mit sich gebracht, die Apothekenteams kennen sollten?

Die erste Änderung ist offensichtlich: Die Liste ist deutlich länger. Aber es sind nicht nur einzelne Wirkstoffe hinzugekommen, sondern ganze Indikationsgebiete sind erstmalig berücksichtigt worden. 

Hierzu zählen Mittel gegen Parkinson und orale Antidiabetika. So weist die Priscus-Liste 2.0 beispielsweise Glibenclamid und Acarbose als potenziell inadäquate Medikation (PIM) aus. Neu auf der Priscus-Liste 2.0 sind auch alle selektiven COX-2-Hemmer und mittellangwirksame Benzodiazepine. 

Weiterhin sind für einige Wirkstoffe Obergrenzen für Dosis oder Therapiedauer festgelegt worden: So soll beispielsweise Risperidon nicht länger als sechs Wochen eingesetzt werden. Ibuprofen soll bei einer Dosierung von mehr als 1,2 g pro Tag und bei Anwendung, die über eine Woche hinaus geht, von einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) begleitet werden. 

Apropos PPI: Der Einsatz eines Protonenpumpeninhibitors für mehr als acht Wochen ist auf der Priscus-Liste ebenfalls als PIM ausgewiesen.

Als PIM eingestuft: PPI, NSAR und Antidepressiva

Nun sind PPI in der Dauermedikation bei weitem keine Seltenheit und auch einer der Hauptgründe, weshalb laut den Empfehlungen der neuen Liste beinahe jeder zweite geriatrische Patient aktuell mit einer PIM therapiert wird. „Mehr als jede zweite Priscus-2.0-Arzneimittelverordnung entfällt 2021 auf die Gruppe der Protonenpumpenhemmer“ heißt es im Arzneimittel-Kompass 2022. 

Weiterhin gehören viele der verordneten PIMs zu den Wirkstoffgruppen der nichtsteroidalen Antiphlogistika und Antirheumatika sowie Antidepressiva.

Wichtig ist den Herausgebern der Liste jedoch der Hinweis darauf, dass es sich bei der Priscus-Liste keinesfalls um eine „allgemeingültige Negativ- oder gar Verbotsliste“ handelt. „Patientenindividuell kann eine PIM-Verordnung trotzdem notwendig sein.“