Antibiotika in der Pädiatrie: Amoxicillin für Kinder: Regelmäßige Einnahme wichtig
Manchmal kommen kleine Patienten nicht um eine medikamentöse Behandlung mit Antibiotika herum. Amoxicillin findet als gut verträgliches Beta-Laktam-Antibiotikum eine breite Anwendung in der Pädiatrie (= Kinderheilkunde). Sein Wirkspektrum umfasst grampositive sowie wenige gramnegative Bakterien. Das Konsensuspapier der Arbeitsgemeinschaft Antibiotic Stewardship ambulante Pädiatrie (ABSaP) empfiehlt Amoxicillin beispielsweise bei
- akuter Sinusitis,
- bakterieller ambulant erworbener Pneumonie oder
- bei einer akuten Mittelohrentzündung,
wenn eine Antibiotikatherapie wirklich erforderlich ist.
Gut zu wissen: So wirkt Amoxicillin
Beta-Laktame zählen zu den zellwandinhibierenden Antibiotika. Sie hemmen jene Enzyme, die für die Quervernetzung der Bakterienzellwände zuständig sind (sog. Transpeptidasen).
Bei bestimmten Indikationen wird Amoxicillin in der Pädiatrie mit dem Betalaktamaseinhibitor Clavulansäure kombiniert. Diese Kombination verbreitert das Erregerspektrum gegenüber Staphylokokken und gramnegativen Erregern.
Wie hoch wird Amoxicillin dosiert und wann sollte es eingenommen werden?
Üblicherweise beträgt die Tagesgesamtdosis 40 bis 60 mg pro Kilogramm Körpergewicht (kg KG), aufgeteilt auf zwei bis drei Einzeldosen. Schwere Infektionen können auch Tagesdosen bis zu 90 mg/kg KG erforderlich machen, wobei drei Gramm pro Tag nicht überschritten werden sollten.
Eine zweimal tägliche Gabe wird nur im höheren Dosisbereich empfohlen (Fachinformation Amoxicillin-Ratiopharm TS, Stand Januar 2018). Denn die bakterizide (bakterien abtötende) Wirkung der Beta-Laktam-Antibiotika ist – ähnlich wie bei Makroliden – zeitabhängig. Für eine gute Wirksamkeit sollte die Plasmakonzentration daher auch zwischen den Einzelgaben möglichst immer über der minimalen Hemmkonzentration des Erregers liegen. Die regelmäßige Einnahme über den Tag verteilt ist bei Amoxicillin also das A und O.
Gut zu wissen: So wird die Einnahme „schmackhafter“
Um einen bitteren Arzneistoffgeschmack zu überdecken, werden in Kindersäften Süßungsmittel und Aromen zugesetzt. Das Ph. Eur. nennt beispielsweise Sternanisöl oder Bitterfenchelöl, wobei Amoxicillin-Trockensäfte im Handel mit fruchtigen Aromen wie Erdbeere, Zitrone, Pfirsich-Aprikose, Himbeere oder Karamell punkten wollen. Auch süßlich schmeckende Zuckeralkohole wie Sorbitol sowie die Süßstoffe Aspartam, Saccharin oder Acesulfam sollen den Geschmack verbessern. Denn irgendwie muss der Saft in das Kind – und je besser dieser schmeckt, desto höher die Erfolgschance.
Kolbendosierpipetten ermöglichen neben einer genauen Dosierung auch eine leichtere Applikation. Eltern können den Saft auch gezielt in den hinteren Backentaschenbereich spritzen. So läuft der Saft nicht über die gesamte Zunge und ein unangenehmer Geschmack ist mit etwas Nachtrinken von Saft, Tee oder Wasser schnell vorbei. Alternativ finden es viele Kinder spannend, den Wirkstoff selbst in den Mund zu spritzen. Bei vielen hilft auch ein spielerischer Umgang: Nach der genauen Dosierung mittels Spritze kann die Medizin in einen Messbecher, einen Löffel oder beispielsweise eine Spielzeugtasse aus dem Puppenhaus überführt werden, wenn der Saft dann lieber getrunken wird. Auch die Eltern können mit einer Spritze Wasser verarztet werden.
Antibiotikagabe nicht immer notwendig
In vielen Fällen kann eine kurzfristige Wiedervorstellung beim Kinderarzt eine unnötige Antibiotikagabe verhindern. Bestes Beispiel dafür ist die akute Mittelohrentzündung (Otitis media). Denn das Risiko schwerwiegender Komplikationen wird laut der Arbeitsgemeinschaft ABSaP von Kinder- und Jugendärzten oder Allgemeinmedizinern überschätzt.
Selbst bei perforierter Otitis media könne bei gutem Allgemeinzustand des Kindes mit symptomatischer Behandlung und engmaschiger Kontrolle zwei bis drei Tage abgewartet werden, ehe zu Amoxicillin gegriffen wird. Eine Antibiotikatherapie ist jedoch insbesondere bei Säuglingen im ersten halben Lebensjahr sowie bei sehr starken oder langanhaltenden Beschwerden indiziert.
Juckreiz oder Ausschlag allergologisch abklären lassen
Grundsätzlich – nicht nur in der Pädiatrie – sollten Antibiotika so kurz wie möglich und mit möglichst schmalem Wirkspektrum verordnet werden. Dazu zählt auch, eine begonnene Therapie sofort zu beenden, wenn sie sich – wie im Fall einer Virusinfektion – als unnötig entpuppt.
Erhalten Kinder oder Jugendliche mit Pfeiffer’schem Drüsenfieber, das durch das Epstein-Barr-Virus ausgelöst wird, fälschlicherweise Amoxicillin oder Ampicillin, entwickeln bis zu 90 Prozent ein Exanthem (großer Hautausschlag) und Juckreiz. Dieses wird häufig als Penicillinallergie fehlinterpretiert. Dabei liegt nur selten eine tatsächliche Sensibilisierung vor.
Im Kindesalter werden parainfektiöse Exantheme häufig als kutane Arzneimittelreaktion fehlinterpretiert. Zusätzlich muss als seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Differenzialdiagnose, vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern, das Kawasaki-Syndrom berücksichtigt werden.“
Damit nicht womöglich ein Leben lang auf gut verträgliche Penicilline verzichtet wird, obwohl gar keine Allergie vorliegt, hebt die Leitlinie „Diagnostik bei Verdacht auf eine Betalaktamantibiotika-Überempfindlichkeit“ für das Kindesalter hervor, dass Beta-Laktam-Antibiotika „aufgrund des eingeschränkten Spektrums alternativer Antibiotika für viele Erkrankungen die Therapie der ersten Wahl darstellen“. Berichten Patienten also über einen masernartigen Ausschlag nach Amoxicillin, sollte eine allergologische Abklärung angeraten werden.