Zum internationalen Tag der Patientensicherheit am 17. September: Wie Arzneitropfen richtig angewendet werden
Egal ob bei Husten, Verdauungsbeschwerden oder zur Rachitis-Prophylaxe – Arzneitropfen sind als orale Darreichungsform aufgrund der leichten Schluckbarkeit bei vielen Patienten beliebt. In puncto Dosierungsgenauigkeit lassen sie teilweise jedoch zu wünschen übrig – ein häufiger Grund sind „Anwenderfehler“.
Tropfen: Ab durch die Mitte oder am Rand entlang
Bei den Tropfeinsätzen können grundsätzlich zwei Arten unterschieden werden: Rand- und Zentraltropfer. Während Randtropfer einen Tropfrand und einen mittig angeordneten, kurzen Belüftungskanal aufweisen, ist bei Zentraltropfern – wie der Name bereits vermuten lässt – die Austrittsröhre zentral angebracht. Der Belüftungskanal ist in diesem Fall seitlich (dezentral) angeordnet und ragt weit in die Flasche hinein.
Die Abweichungen im Aufbau haben zur Folge, dass beide Systeme bei der Tropfenentnahme unterschiedlich zu handhaben sind. Wird dies nicht berücksichtigt, ist mit erheblichen Abweichungen bei der Dosierung zu rechnen.
Der Fall Colchicin
Aus diesem Grund ordnete z. B. das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2019 für colchicinhaltige Tropfenpräparate an, dass der Beipackzettel künftig zusätzliche Hinweise auf die korrekte Anwendung des Zentraltropfers enthalten muss (siehe unten). Zu diesem Schritt sah sich das BfArM veranlasst, da Meldungen über teils tödliche Überdosierungen und Medikationsfehler eingingen.
Gut zu wissen: Vitamin D als Tropfen oder Tablette?
Auch bei Vitamin D für Säuglinge können Tropfen problematisch sein. Laut dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte könnten die Tropfen je nach Raumtemperatur in der Größe variieren und dann unter Umständen mehr Vitamin D enthalten. Ebenso könne es passieren, dass Eltern ihrem Kind aus Versehen zwei anstatt einem Tropfen verabreichen. Die Gabe von Vitamin D für Säuglinge wird ärztlicherseits daher in Form von Tabletten empfohlen.
Randtropfer: Auf den Winkel kommt es an
Randtropfer sind schräg (im Winkel von etwa 45°) und – sofern diese vorhanden ist – mit der Abtropfrille nach unten zu halten. Die Tropfen erscheinen (bei richtiger Haltung) dann automatisch. Da neben der Tropfengröße auch die Tropffrequenz vom Neigungswinkel abhängt, ist Schütteln oder Klopfen unbedingt zu vermeiden – rasch werden sonst falsche Dosierungen entnommen.
Zentraltropfer: Zum Antropfen bei Bedarf leicht antippen
Um eine einheitliche Tropfengröße zu gewährleisten und so die ordnungsgemäße Dosierung zu ermöglichen, müssen Zentraltropfer hingegen senkrecht gehalten werden.
Erscheinen die Tropfen nicht sofort, ist höchstwahrscheinlich Flüssigkeit in den seitlichen Belüftungskanal gelangt. In diesem Fall darf leicht (!) auf den Flaschenboden getippt werden, um die Blockade zu lösen.
Wieso die Haltung bei Tropfen entscheidend ist
Da die Anweisung „senkrecht halten“ eindeutiger ist als „schräg halten“, gelten Zentraltropfer in puncto Dosierung als genauer. Aber wieso spielt die Haltung der Fläschchen für die Tropfengröße bzw. Tropfenmasse überhaupt eine Rolle?
Die Antwort liegt in der veränderten Abtropffläche: Während bei senkrechter Haltung des Zentraltropfers die Grundfläche des Tropfens einen Kreis darstellt, ähnelt diese bei schräger Haltung eher einer Ellipse. Bei einer Neigung des Zentraltropfers von 45 Grad verringert sich die Masse des Tropfens dadurch laut Apotheker Dr. Wolfgang Kircher um circa 20–25 Prozent. Je nach Wirkstoff kann diese Fehldosierung durchaus „therapieentscheidend“ sein.
Gut zu wissen: Warum Tropfflaschen gern schräg gehalten werden
Durch die Neigung der Flasche fallen die Tropfen langsamer ab. Grund dafür ist der verringerte hydrostatische Druck. Die langsame Tropfgeschwindigkeit erleichtert Patienten das Zählen, weshalb diese Haltung meist bevorzugt wird. In der Apotheke sollte daher besonders bei Zentraltropfern die richtige Haltung erläutert werden.
Flache und runde Pipettenspitzen
Auch bei Arzneitropfenfläschchen mit Pipettenmontur gibt es Unterschiede: Je nachdem ob die Pipettenspitze abgeflacht oder rund ist, müssen sie bei der Tropfenentnahme zwingend senkrecht gehalten (flache Spitze, vgl. Zentraltropfer) oder können nahezu beliebig geneigt werden (runde Spitze).
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