Hilfreich für die Apothekenpraxis: Kinder in der Apotheke: Hilfsmittel für die Beratung
Die Organe von Kindern sind unausgereift. Im Verhältnis zum Körpergewicht sind sie größer als die von Erwachsenen und sie unterliegen permanenten Entwicklungsprozessen. Der gesamte Stoffwechsel und die Organsysteme, die an der Arzneimittelwirkung beteiligt sind, sind hochkomplex und unterliegen im Laufe des Älterwerdens einigen Veränderungen. Da sich der Stoffwechsel der Organe je nach Entwicklungsstadium ändert, verlaufen Verweildauer und Abbau von Medikamenten im Körper von Kindern und Erwachsenen unterschiedlich ab.
Deshalb benötigen Kinder auf ihre besonderen Bedürfnisse abgestimmte Arzneimittel. Aufgrund dieser hohen Sensibilität kann die Einnahme ungeeigneter Arzneimittel problematische Langzeitfolgen für das Immunsystem, das Skelett oder die sich entwickelnden geistigen Fähigkeiten nach sich ziehen.
Datenbank für Kinderarzneimittel
Hilfreich für die Apothekenpraxis ist die ZAK (Zugelassene Arzneimittel für Kinder)-Datenbank, die die Recherche nach zugelassenen Wirkstoffen für bestimmte Indikationen erleichtert. Dabei ist auch eine Auswahl nach Altersgruppe und Darreichungsform möglich.
Die gemeinnützige „Initiative Arzneimittel für Kinder e. V.“ (IKAM) hat zum Weltkindertag in Deutschland am 20. September 2019 die Datenbank „Zugelassene Arzneimittel für Kinder“ (ZAK®) übernommen und wird sie noch weiter ausbauen. Sie war 13 Jahre lang in der Hand der Hexal Foundation.
InfectoPharm als Spezialist für Kinderarzneimittel unterstützt die streng produktneutrale Datenbank durch seine Mitgliedschaft und die Vorstandstätigkeit in der IKAM. Der hessische Mittelständler mit seinen über 130 eigenen Präparaten hält ZAK für einen wichtigen Weg aus dem in der Pädiatrie noch immer stark verbreiteten Off-Label-Use von Medikamenten. „Ärztinnen und Ärzte haben viel zu oft keine andere Wahl“, sagt Dr. Markus Rudolph, Vorstandsvorsitzender der IKAM und Geschäftsführer von InfectoPharm. „Nur ein Bruchteil aller Medikamente ist für Kinder zugelassen. Durch Unterstützung der IKAM ist es möglich, künftig mehr Kinder optimal zu therapieren.“ Der Verein hofft auf weitere engagierte Mitgliedschaften.
ZAK ist für alle zugänglich, die ein DocCheck-Passwort haben. Derzeit werden in der Datenbank 929 Arzneimittel von insgesamt 43 Unternehmen gelistet (Stand: 28. Juni 2023). Jederzeit können sich weitere pharmazeutische Unternehmen zur kostenlosen Teilnahme bei ZAK entscheiden.
Gut zu wissen: Pädiatrische Altersgruppen
Die europäische Zulassungsbehörde (EMA) teilt Kinder und Jugendliche in fünf verschiedene Altersgruppen ein:
- Frühgeborene: vor der 36. Schwangerschaftswoche
- Neugeborene: 0 bis 27 Tage
- Säuglinge und Kleinkinder: 28 Tage bis 23 Monate
- Kinder: 2 bis 11 Jahre
- Jugendliche: 12 bis 17 Jahre
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) differenziert in der Altersgruppe „Kinder“ zusätzlich zwischen Vorschulkindern (2 bis 5 Jahre) und Schulkindern (6 bis 11 Jahre). Die ZAK-Datenbank übernimmt diese Einteilung und unterscheidet außerdem Säuglinge (28 Tage bis 11 Monate) und Kleinkinder (12 bis 23 Monate).
Beratungsleitfaden Kinderarzneimittel
Hinweise zu Anwendungstechniken bei verschiedenen Darreichungsformen finden Sie im „Beratungsleitfaden Kinderarzneimittel“ des DeutschenApothekenPortals (DAP) zusammengefasst:
Die Grenzen der Selbstmedikation
Ob bei einem Kind eine Selbstmedikation möglich oder doch ein Arztbesuch sinnvoller ist, hängt von mehreren Faktoren ab. So sollten Eltern mit erkrankten Säuglingen sofort zum Arzt geschickt werden. Bei älteren Kindern kann hohes Fieber, das mehrere Tage andauert oder mit Hautausschlägen einhergeht, einen Arztbesuch notwendig machen. Das gilt natürlich auch bei akuten schwerwiegenden Symptomen wie Krämpfen oder Schmerzen und wenn scheinbare Bagatellbeschwerden sich verschlechtern.
Aufmerksamkeit ist auch bei konkreten Präparatewünschen gefragt. Einige gängige OTC-Arzneimittel sind bei Kindern kontraindiziert beziehungsweise nicht für die Selbstmedikation zugelassen. Bekanntestes Beispiel ist ASS, das bei Kindern das gefürchtete Reye-Syndrom auslösen kann. Loperamid ist bei Kindern unter zwei Jahren ZNS-gängig und führt zu unerwünschten zentralen Arzneimittelwirkungen. Bronchialbalsame mit Menthol oder Kampfer dürfen wegen der Gefahr eines Kehlkopfkrampfes bei Säuglingen nicht eingesetzt werden.
Zur Erinnerung: Was ist das Reye-Syndrom?
Bei Kindern unter zwölf Jahren, die an einer Virusinfektion leiden und ASS einnehmen, kann es zum sogenannten Reye-Syndrom kommen. Dabei handelt es sich um eine seltene aber dennoch lebensgefährliche Erkrankung, bei der das Gehirn und die Leber betroffen sind. Heilbar ist das Syndrom nicht, es können lediglich die Symptome (wie Erbrechen, Krampfanfälle, Verwirrtheit) gelindert werden.