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Der besondere Rückblick: Was eine Gletschermumie preisgibt

Im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen wird der „Mann aus dem Eis“  samt seiner Habseligkeiten präsentiert. Dabei kann auch die Mumie des „Ötzis“ durch ein Fenster in der Kühlzelle bestaunt werden. | Bild: Südtiroler Archäologiemuseum / Ochsenreiter

30 Jahre Auffindung vom „Mann aus dem Eis“

Im September 1991 entdecken Wanderer am Gletscher vom Tisenjoch in den Ötztaler Alpen auf über 3.000 Metern Höhe einen menschlichen Körper. Sie ahnen noch nicht, welch ungeheuren Fund sie gemacht haben: Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Mann aus der Kupferzeit handelt. Circa 5.300 Jahre war seine Leiche unversehrt im Gletscher verborgen geblieben. Schmelzendes Eis hatte ihn schließlich in jenem Sommer 1991 zum Vorschein gebracht.

Einzigartiger Erhaltungszustand

Ötzi ist die älteste Feuchtmumie der Welt. Sein Erhaltungszustand ist einzigartig, ebenso der seiner Kleidung wie Fellmütze, Mantel, Schuhe etc. und der seiner Gerätschaften wie Bogen und Pfeile, Beil, Reiseprovianttasche etc. Aus der Kupferzeit sind außer dem Ötzi-Fund sonst keine organischen Materialien erhalten.

Von wegen Zivilisationskrankheiten – Ötzis Gesundheitszustand

Die wissenschaftlichen Arbeiten der vergangenen 30 Jahre an der Mumie und ihrem Beifund brachten nicht nur die archäologische Forschung entscheidend voran. Auch der Medizin und Biologie gab Ötzi ungeahnte Einblicke, zum Beispiel:

  • Der Mann aus dem Eis trägt die ältesten bekannten Tätowierungen der Welt. Und diese wurden wohl aus medizinischen Gründen angebracht. Wahrscheinlich handelt es sich um eine frühe Form von Akupunktur, die der Schmerzlinderung diente. Der für damalige Verhältnisse sehr alte Mann von circa 46 Jahren dürfte an Arthroseschmerzen gelitten haben. Darauf deuten die diversen Abnutzungserscheinungen der Gelenke.
  • Ötzi liefert außerdem den ältesten Beleg für Borreliose. In seinem Genom konnten Spuren von Borrelien nachgewiesen werden.
  • Vor wenigen Jahren wies man im Mageninhalt von Ötzi Helicobacter pylori nach. Es handelt sich damit um den ältesten Beleg dieses Bakteriums.
  • An einer heute typischen Zivilisationskrankheit – der Arteriosklerose – litt bereits der Mann aus dem Eis. Untersuchungen offenbarten arteriosklerotische Plaques in Koronargefäßen und der Halsschlagader. Die DNA-Untersuchung ergab, dass der Kupferzeitmensch ein genetisch bedingtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen in sich trug. Vielleicht wäre er an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall gestorben, wäre er nicht durch einen Pfeilschuss ermordet worden.
  •  Die heute viel thematisierte Laktoseintoleranz war erst recht zu Ötzis Zeiten aktuell. Wie die Genomanalyse verriet, konnte der Mann aus dem Eis – wie vermutlich die meisten seiner Zeitgenossen – keinen Milchzucker verdauen.
  • Im Jahr 2010 konnten zum ersten Mal rote Blutkörperchen im vermeintlich blutleeren Körper von Ötzi nachgewiesen werden. Sie sind absolut identisch mit heutigen, frischen Erythrozyten.
  • Offenbar hatte Ötzi medizinische Kenntnisse. So trug er Exemplare des Birkenporlings bei sich. Diesem Pilz werden blutstillende und antibiotische Wirkungen zugeschrieben. 

Präsentation im Museum

Das Fundensemble „Mann aus dem Eis“ sowie die Mumie selbst und eine lebensechte Rekonstruktion werden im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen präsentiert (www.iceman.it). Über 5,5 Millionen Menschen haben die Ausstellung bisher besucht. Noch mehr Menschen haben sich weltweit durch Medienberichte und Filme von Ötzi faszinieren lassen. Südtiroler Archäologiemuseum