Was ist eigentlich das Guillain-Barré-Syndrom?
Eigentlich ist es eine seltene Erkrankung: Von 100.000 Menschen erkranken jährlich nur ein bis zwei neu am Guillain-Barré-Syndrom (GBS). In Peru jedoch ist die Rate derzeit höher. In den vergangenen Wochen erfassten die Behörden in dem südamerikanischen 33-Millionen-Einwohner-Land rund 180 neue Fälle der Nervenkrankheit. Über die Gründe für die Zunahme wird noch gerätselt. Doch um was für eine Erkrankung handelt es sich beim Guillain-Barré-Syndrom überhaupt?
Fortschreitende Lähmungen durch Myelinschädigung
Das GBS entsteht durch eine überschießende Autoimmunreaktion, bei der Autoantikörper die Myelinschicht der peripheren Nerven angreifen und schädigen. Die Reizweiterleitung wird dadurch gestört.
Folgen sind zunehmende Schwäche sowie Sensibilitätsstörungen und Lähmungen, die meist symmetrisch in beiden Beinen beginnen, weiter fortschreiten und auch die Arme und das Gesicht erfassen können.
In einigen Fällen sind auch Atem- und Schluckmuskulatur von den Lähmungen betroffen. Die Patienten müssen dann beatmet werden.
GBS-Verlauf: von selbstheilend bis tödlich
In drei bis sieben Prozent der Fälle endet das GBS tödlich. Auch in Peru sind im vergangenen halben Jahr vier Betroffene an der Krankheit gestorben. Bei den meisten Patienten kommt die Krankheit aber zum Stillstand und die Symptome bessern sich innerhalb einiger Wochen. Eine vollständige Heilung ist möglich, doch oftmals bleiben dauerhafte Funktionsausfälle bestehen.
Als Therapie werden hochdosiert Immunglobuline i.v. verabreicht. Alternativ erfolgt eine Plasmapherese, das heißt ein außerhalb des Körpers stattfindendes Blutreinigungsverfahren, bei dem die krankheitsverursachenden Autoantikörper herausgefiltert werden.
Verdächtige Infektionserreger
Das GBS kann in jedem Lebensalter und in unterschiedlichen Varianten auftreten. Der größte Teil der GBS-Fälle tritt im Anschluss an Infektionen auf. Dazu zählen vor allem bakterielle Darmentzündungen mit Campylobacter jejuni oder Atemwegsinfekte, zum Beispiel mit Mycoplasma pneumoniae. Infektionen mit dem Cytomegalie-Virus und dem Epstein-Barr-Virus können ebenfalls Auslöser sein. Auch Infektionen mit tropischen Erregern wie dem Zika-Virus können ein GBS nach sich ziehen.
Während der Corona-Pandemie beobachtete man, dass sich das Guillain-Barré-Syndrom auch als Folge einer SARS-CoV-2-Infektion einstellte. Man nimmt an, dass sich die vom Körper gebildeten Antikörper nicht nur gegen die eindringenden Krankheitserreger, sondern auch gegen Bausteine der Myelinschicht richten. Immer wieder wurde zudem die Hypothese laut, dass auch die SARS-CoV-2-Impfung ein Guillain-Barré-Syndrom auslösen könnte. Diesbezüglich gab es jedoch Entwarnung durch eine große Studie aus Mexiko.
Auch in Peru vermutet man, dass ein Infektionserreger wie Campylobacter jejuni schuld ist am aktuellen Anstieg der GBS-Fälle. Die genaue Ursachenforschung dauert aber noch an. Quellen: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN); Deutsche GBS Initiative e.V.; Universität Zürich; www.spektrum.de, 11.07.2023; www.tagesschau.de, 10.07.2023
Guillain-Barré-Syndrom in Kürze
- Schwere entzündliche Erkrankung der peripheren Nerven, ausgelöst durch Autoimmunprozesse, meist im Anschluss an bakterielle oder virale Infekte, auch im Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankung beschrieben.
- Symptomatik: Sensibilitätsstörungen und fortschreitende Lähmungen, Beginn meist beidseitig in den Beinen; evtl. Atemmuskulatur mitbetroffen, dann lebensgefährlich.
- Symptomrückgang über viele Wochen, evtl. bleibende Funktionsverluste; Behandlung mit i.v. Immunglobulinen oder Plasmapherese.