Aktuelles
6 min merken gemerkt Artikel drucken

Zum Weltbienentag am 20. Mai: Kleines Tierchen mit Riesennutzen

Ohne die fleißige Arbeit der Bienen hätten wir keine so vielfältige Auswahl an Nahrungsmitteln. | Bild: BigBlueStudio / AdobeStock

Weltweit sind 75 Prozent der Nahrungsmittelpflanzen überwiegend von der Bestäubung durch Bienen abhängig, in Europa sind es sogar 80 Prozent aller Kultur- und Wildpflanzen. Besonders im Obstbau ist die Bienenbestäubung für einen guten Ernteertrag unverzichtbar. Honigbienen und Wildbienen teilen sich sprichwörtlich bienenfleißig diese Arbeit und beeindrucken durch großartige Leistungen.

Die unglaublichen Leistungen eines Bienenvolks

Durch die Domestizierung der Honigbiene hat der Mensch zunehmend Einblicke in deren erstaunliche Leistungen und Fähigkeiten gewonnen. Eine Sammelbiene bestäubt bei zehn Ausflügen mit 20 Blütenbesuchen 200 Blüten am Tag. Für ein gesamtes Honigbienenvolk, das zu etwa zwei Dritteln aus Stockbienen und einem Drittel aus Sammelbienen besteht, errechnet sich eine Tagesleistung von 200.000 besuchten Blüten. 

Der Flugradius einer Biene liegt bei drei Kilometern, in Ausnahmefällen bei erstaunlichen sieben Kilometern: eine wahre Hochleistung, wobei das kleine Tier in seinem Pelz bzw. in den sogenannten Pollenhöschen an den Hinterbeinen auch noch den Pollen transportiert. Wie die Bienen nach solch weiten Ausflügen ihren Weg zum Bienenstock zurückfinden und sich zielsicher orientieren, ist noch nicht vollständig geklärt. Die Vermutung liegt nahe, dass sie sich nach dem Stand der Sonne richten und dass sie die elektromagnetischen Felder der Erde, ähnlich einem Kompass, erkennen. 

Die Verständigung der Bienen untereinander erfolgt über eine Art Schwänzeltanz, kombiniert mit dem Zufächeln von Duftmarken. Für ein Kilogramm Honig müssen circa 3 Kilogramm Nektar gesammelt und zwischen 150.000 und 10 Millionen Blüten besucht werden. Dies entspricht ungefähr der Lebensarbeit von 350 bis 400 Bienen.

Hilfe, ein Bienenstich!

Bienen verhalten sich Menschen und Säugetieren gegenüber nicht aggressiv, sie stechen nur zu ihrer Verteidigung. Dabei bleibt der Bienenstachel mit einem Widerhaken in der Haut stecken, das Bienengift fließt aus der Giftblase in den menschlichen Körper und die Biene stirbt, weil der gesamte Stechapparat aus ihr herausgerissen wird. Hat man das Pech, gestochen zu werden, sollte man den Stachel sofort mit dem Fingernagel aus der Haut schnippen. Ein Bienenstich ist auch für Nichtallergiker sehr schmerzhaft. 

Normale und typische Symptome sind eine starke Schwellung an der Einstichstelle, Brennen oder heftiger Juckreiz, die sich über einen Zeitraum von etwa 24 Stunden einstellen. Linderung verschafft Kühlen und das Auftragen Antihistaminika-haltiger Externa. 

Gefährlich wird es, wenn jemand unter einer Bienengiftallergie leidet. Dann können Schwindel, Übelkeit und Schluckbeschwerden auftreten, begleitet von körperlicher Schwäche sowie Schwellungen an den Händen oder im Gesicht. Bei schwerem Verlauf kann es zum anaphylaktischen Schock mit akuter Atemnot, dem Abfall des Blutdrucks, Herzrasen oder im schlimmsten Fall zu Organversagen, Bewusstlosigkeit und letztlich zum Herz-Kreislauf-Stillstand kommen. 

Bei Symptomen, die auf eine Allergie hindeuten, muss man umgehend reagieren. Menschen, bei denen eine Insektengiftallergie bekannt ist, sollten ein Notfallset mit entsprechenden Arzneimitteln (Antihistaminika, Cortison, Adrenalin-Autoinjektor) bei sich haben. Gegebenenfalls ist ein Notarzt zu rufen.

Bienenpräparate in der Pharmazie

Zubereitungen mit Bienengift zur äußerlichen Anwendung werden in der Volksmedizin gegen Rheuma und Gelenkerkrankungen sowie bei Sportverletzungen eingesetzt. Ein entsprechendes Arzneimittel ist nicht (mehr) im Handel, aber es gibt freiverkäufliche „Naturprodukte“, meist in Verbindung mit ätherischen Ölen. Achtung, Allergiker dürfen diese Präparate nicht anwenden! 

Bienenwachs kennen wir in der pharmazeutischen Rezeptur als Cera flava (gelbes Wachs) oder Cera alba (gebleichtes Wachs). Es wird als Hilfsstoff für die Herstellung von Salben und Kosmetika sowie als Trenn- und Überzugsmittel für Lebensmittel verwendet. Als Überzugsmittel verleiht es den Produkten Glanz und verhindert ein Zusammenkleben. 

Auch Honig hat seinen Platz in der Medizin und Pharmazie. Schon in früheren Jahrhunderten behandelte man infizierte Wunden erfolgreich mit einer Honigauflage. Seit 2005 gibt es unter dem Namen „Medihoney“ europaweit zugelassene Medizinprodukte in Form von sterilen Honigabfüllungen, honighaltigen Cremes, Wundgelen und Hydrogelverbänden zur Anwendung auf chronischen und akuten Wunden. Sie versprechen antibakterielle Wirkung und die Tilgung übler Gerüche. Studien mit klinischer Evidenz liegen zwar nicht vor, aber einige wissenschaftliche Erklärungsansätze: Zum einen führt der hohe Zuckeranteil des Honigs dazu, dass den Bakterien lebenswichtiges Wasser entzogen wird. Zum anderen geht man von einer enzymatischen Aktivität aus, bei der keimabtötendes Wasserstoffperoxid freigesetzt wird. 

Die Forschung beschäftigt sich auch mit der möglicherweise antibakteriellen Wirkung weiterer im Honig enthaltener Pflanzenstoffe. Wichtig beim Einsatz von Honig als Wundauflage ist der Hinweis: Keinen normalen Lebensmittel-Honig verwenden, weil dieser nicht keimfrei ist. 

Sonderrolle Manuka

Der häufig beworbene Manuka-Honig stammt aus Neuseeland und Südostasien, wo er in der traditionellen Volksmedizin Anwendung findet. Manuka ist der neuseeländische Name für die Südseemyrthe aus der Familie der Myrthengewächse. Die strauch- oder baumförmige Pflanze heißt im Englischen tea tree, auf Deutsch Teebaum. Manuka-Honig wird von neuseeländischen Honigbienen aus dem Blütennektar des Manukabaums erzeugt. Sein wesentlicher Inhaltsstoff soll das Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal sein, dessen Gehalt im Manuka-Honig hundertmal höher nachweisbar ist als in anderen Honigsorten. 

Methylglyoxal werden vor allem antibakterielle, aber auch antivirale und tumorwachstumhemmende Wirkungen zugeschrieben, für die Studien verschiedener Herkunft zitiert werden. Es gibt allerdings keine klinischen Studien, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Das hindert die Alternativmedizin nicht daran, Manuka zum Heilmittel gegen alle Krankheiten zu erklären. Der Handel mit Manuka-Honig boomt, dank eines intensiven Marketings.  

Da die Menge der neuseeländischen Manuka-Honig-Produktion sehr begrenzt ist, sind die Preise für das „Wundermittel“ hoch. Die Kilopreise liegen zwischen 150 und 300 Euro. Aufgrund der zu erzielenden Gewinne sollen nicht selten Fälschungen auf dem Markt sein. 

Und auch das noch …

„Bienenstich“ heißt auch ein beliebter Kuchen mit Cremefüllung und einem Belag aus einer karamellisierten Mandel-Zucker-Masse. Woher stammt der Name? Dazu erzählt die sogenannte Bäckerjungensage eine (historisch nicht unbedingt belegte) Geschichte aus früheren Jahrhunderten: 

Die Einwohner der Stadt Linz am Rhein planten 1474 einen Angriff auf die Nachbarstadt Andernach, weil diese vom Kaiser beim Abkassieren des Rheinzolls bevorzugt worden war. Zwei Andernacher Bäcker-Azubis, die gerade aus Bienennestern Honig naschten, wurden von den Angreifern überrascht. Sie wehrten sich gegen die Linzer durch das Werfen von Bienennestern. Die von den Bienen gestochenen Linzer ergriffen die Flucht, während die Andernacher zur Feier des Tages einen besonderen Kuchen erfanden, den „Bienenstich“.