Wie Stoffe in Spielzeug das Hormonsystem schädigen
Unbeabsichtigt nehmen Menschen in Deutschland, in Europa und weltweit Stoffe auf, die die Funktion des endokrinen Systems auf schädliche Weise verändern: endokrine Disruptoren. Dabei handelt es sich um exogene Chemikalien oder Chemikalienmischungen mit hormonähnlichen Wirkungen, die in intakten Organismen oder deren Nachkommen sowie in Risikopopulationen Gesundheitsschäden auslösen.
Warum sind Umwelthormone so gefährlich?
Die hormonell wirkenden Stoffe können sich in Lebensmitteln, Kosmetik, Körperpflegemitteln, Spielzeug, Kleidung, Möbeln und praktisch fast allen Alltagsgegenständen befinden. Sie enthalten Mikroplastik, Biozide, Pestizide oder Industriechemikalien. Oft werden sie als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzt und können dann aus der Packung in die Produkte – wie Zahnpasta oder Lebensmittel – eindringen.
Und dann gelangen die Stoffe eben auch in den menschlichen Körper und wirken potenziell krebserregend, fortpflanzungsschädigend oder auf die Entwicklung störend. Das ist insbesondere eine Gefahr für Kinder und Jugendliche.
Laut dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte wirken die Stoffe in der Regel auf das Hormonsystem. „Also auf die Schilddrüse, die Hirnanhangsdrüse. Auch die Fortpflanzungshormone können dadurch betroffen sein“, sagt ein Sprecher auf Anfrage.
Wie kann man sich vor Umwelthormonen schützen?
Grundsätzlich rate der Verband vor allem, direkten Kontakt zu Stoffen wie Phthalaten zu vermeiden. Das gelte insbesondere bei Spielzeug für Kinder, das auch in den Mund genommen werde. „Wie immer gilt natürlich auch, je höher die Konzentration, desto schädlicher.“
Doch das ist oftmals gar nicht so einfach, denn für Verbraucher ist es kaum möglich, sich selbst vor den Stoffen zu schützen. Selbst wenn sie bereits von den endokrinen Disruptoren gehört und sich informiert hätten, sei in der Regel nicht zu erkennen, ob ein Produkt diese Stoffe enthalte, sagte eine Sprecherin der Verbraucherschutzzentrale.
Die Politik müsse die Verbraucher besser schützen. „Innerhalb der EU ist dringend eine Chemikalienpolitik notwendig, die den vorsorgenden Gesundheitsschutz vor den Profit stellt“, so die Sprecherin.
Denn die Gefahr sei sehr hoch. Wenn die Stoffe in sensiblen Entwicklungsphasen beispielsweise auf einen Embryo einwirken, könnten dadurch lebenslange irreversible Schäden ausgelöst werden.
Gut zu wissen: Per App vor Umwelthormonen schützen
Der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) hat die App ToxFox entwickelt, mit der Verbraucher Schadstoffe in Kosmetik- und Alltagsprodukten identifizieren können.
Die ToxFox-App steht kostenlos für iOS und Android im jeweiligen App-Store zum Download verfügbar. Weiterführende Informationen finden Sie auf der Webseite von BUND.
Weltweite Regulierung von Umwelthormonen nötig
Bei der Regulierung dieser Stoffe ist eine internationale Zusammenarbeit unverzichtbar – schließlich machen Chemikalien nicht an Landesgrenzen Halt.
Seit vielen Jahren machen Endokrinologen auf die Gefahren endokriner Disruptoren aufmerksam. Im Jahr 2018 hatte die Europäische Kommission angekündigt, die Auswirkungen von hormonschädigenden Chemikalien in Europa näher in den Blick nehmen zu wollen. Im Oktober 2020 hatte die Europäische Kommission dann die europäische Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit veröffentlicht – als Beitrag zum Ziel, bis 2050 eine schadstofffreie Umwelt zu schaffen (Null-Schadstoff-Ziel).
Demnach sollen hormonell schädigende Stoffe in Verbraucherprodukten und gegebenenfalls Produkten für professionelle Anwender besser und auch schneller reguliert werden. Ausnahmen soll es nur für Stoffe geben, deren Verwendung gesamtgesellschaftlich notwendig ist.
Ende 2023 hatte die Bundesregierung einen Fünf-Punkte-Plan verabschiedet, um verstärkt gegen endokrine Disruptoren in Kosmetik und Spielzeug vorzugehen. Die European Society of Endocrinology (ESE) hat im Februar 2024 erneut vor den Gesundheitsgefahren gewarnt. Quellen: dpa, Ärztezeitung