Der besondere Rückblick: Das verschwundene Fräulein
Heute ist es selbstverständlich, dass jede Frau als solche angesprochen wird – unabhängig vom Alter und Familienstand. Die Anrede „Fräulein“ wird meist nur noch scherzhaft gebraucht. Bis in die 1990er-Jahre kam vielen Menschen das „Fräulein“ noch häufiger über die Lippen, zum Beispiel wenn sie im Lokal die Bedienung rufen wollten. In der Behördensprache wurde das „Fräulein“ aber bereits 1971 abgeschafft.
Von wegen Gleichberechtigung!
Der Frauenbewegung war das „Fräulein“ stets ein Dorn im Auge. Schließlich machte die Bezeichnung einen Unterschied zwischen einer unverheirateten und einer verheirateten Frau. Außerdem stellte sie eine Verkleinerungsform dar. Bei den Männern gab es kein entsprechendes „Herrlein“. Allerdings galt die Bezeichnung „Fräulein“ früher durchaus als etwas Ehrbares. Viele, auch ältere Fräuleins, legten großen Wert auf diese Anrede.
Früher ein Adelstitel
Ursprünglich waren nur wenige weibliche Personen jemals ein „Fräulein“. Denn als solches bezeichnete man in früheren Jahrhunderten nur die jungen, unverheirateten Frauen vornehmen Standes. Bis ins 18./19. Jahrhundert war die Anrede „Fräulein“ dem Adel vorbehalten. Erst danach wurde sie auch auf bürgerliche junge Frauen ausgedehnt, später auf alle unverheirateten Frauen.
Das Lehrerinnenzölibat
Die Bezeichnung „Fräulein“ verbindet sich vor allem mit bestimmten Berufen. So gab es etwa das „Fräulein vom Amt“, das die Telefongespräche vermittelte, und das „Fräulein Lehrerin“. Es waren vor allem Fräuleins, die berufstätig waren. Denn mit der Heirat gaben die Frauen nicht nur das „Fräulein“, sondern meist auch den Beruf auf. Für Lehrerinnen wurde im Kaiserreich sogar eine verpflichtende Ehelosigkeit eingeführt. Dieses Zölibat wurde zwar 1919 aufgehoben, aber schon 1923 erneut eingeführt. Erst ab 1951 konnten Lehrerinnen ihren Beruf weiter ausüben, wenn sie heirateten.Quellen: Westdeutscher Rundfunk Köln (WDR); Duden Das Herkunftswörterbuch, Duden 2020; Pädagogische Hochschule Karlsruhe