Rätselhafte Lungenkrankheit in China: Ein neues Virus?
Die Ausbreitung einer zuvor unbekannten Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan geht wahrscheinlich auf ein neuartiges Coronavirus zurück. Chinesische Experten hätten die Gensequenz des Erregers entziffert, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vergangene Woche in Peking mit.
Erreger ähnlich dem SARS-Virus
Coronaviren verursachen oft harmlose Erkältungen, allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom ) und MERS (Middle East Respiratory Syndrome) dazu. Die Erreger kommen bei Menschen und in der Tierwelt vor. Ein Überspringen der hochvariablen Viren zwischen Tierarten oder vom Tier auf den Menschen ist nicht ungewöhnlich.
Dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge ist der neue Erreger ein SARS-Virus ähnlich dem bei der SARS-Pandemie 2002/03. „Es ist dieselbe Virusart, nur in einer anderen Variante“, sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin. Unterschiede gebe es vor allem bei den Proteinen, mit denen das Virus an menschliche Zellen andocke. Bei der SARS-Pandemie waren von China ausgehend weltweit rund 8000 Fälle erfasst worden, mehr als 800 Menschen starben.
Bisher möglicherweise ein Todesfall
Für den neuen Erreger haben die chinesischen Behörden bisher 41 nachgewiesene Erkrankungen gemeldet, mehrere Patienten sind demnach in kritischem Zustand. Ein 61-Jähriger mit schweren Vorerkrankungen soll an der Infektion gestorben sein. Zudem gibt es Verdachtsfälle in Thailand, Südkorea und Singapur.
Virus vermutlich nicht leicht übertragbar
Dass aus China seit einigen Tagen keine neuen Erkrankungen gemeldet würden, gebe Anlass zu Hoffnung, so Drosten. Beruhigend sei aber vor allem ein anderer Faktor: „Es gibt bisher keine Ärzte und kein Pflegepersonal mit Symptomen.“ Das sei ein guter Hinweis darauf, dass das Virus nicht leicht übertragbar ist. Nach derzeitigem Wissen sorge es für Fieber und Symptome einer Lungenentzündung.
Tatsächlich sei eine Übertragung von Mensch zu Mensch bisher noch nicht bekannt geworden – was allerdings nicht bedeute, dass es sie nicht geben kann. „Das Virus könnte zum Beispiel von Menschen übertragen worden sein, die selbst symptomfrei geblieben sind.
Chinesischer Markt als Ursprungsort vermutet
Als Ursprungsort der Krankheit gilt derzeit der Huanan-Markt in Wuhan, einer 11-Millionen-Metropole in Zentralchina. „Auf solchen Märkten herrscht oft großes Gedränge, Wildtiere werden dort lebend oder ganz frisch geschlachtet verkauft“, erklärte Drosten. Beim SARS-Ausbruch 2002/03 gelten Schleichkatzen als wahrscheinlichster Ursprung des Erregers.
Übertragung von Krankheiten über Tiere
Das Überspringen von Krankheiten aus dem Tierreich auf den Menschen ist generell nicht ungewöhnlich. Weitere Beispiele für solche sogenannten Zoonosen sind Influenza, HIV, Ebola, MERS und Tollwut. Bei spontanen Wirtswechseln eines Erregers ist die Gefahr einer verheerenden Epidemie oft größer als bei schon lange kursierenden, weil der Mensch keine Antikörper gegen den neuen Erreger hat. Das ist das typische Szenario, das beispielsweise auch bei einer Grippepandemie etwa mit Vogelgrippeviren befürchtet wird.
Regierung mahnt zu Vorsichtsmaßnahmen
Vor der jährlichen großen Völkerwanderung zum Neujahrsfest mahnte die Regierung zu Vorsichtsmaßnahmen. Die Behörden konzentrierten sich darauf, Drehscheiben für den Transport wie Flughäfen oder Bahnhöfe, wo viele Passagiere verkehrten, zu desinfizieren und zu beobachten. Andere asiatische Staaten haben die Vorsichtsmaßnahmen bei der Einreise besonders von Reisenden aus Wuhan verstärkt und Fieberkontrollen eingeführt, um eine befürchtete Ausbreitung zu vermeiden.
US-Botschaft spricht Reisewarnung für Wuhan aus, die WHO nicht
Die US-Botschaft in Peking gab eine Reisewarnung aus. Reisende nach Wuhan sollen demnach Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder auch ungekochtes Fleisch meiden. Auch sollten sie kranken Personen aus dem Weg gehen und sich die Hände häufig mit Seife und Wasser waschen. Wer in Wuhan gewesen sei und sich krank fühle, solle sofort medizinische Hilfe suchen und den Kontakt mit anderen vermeiden, hieß es weiter. Bevor der Arzt aufgesucht werde, solle die Praxis oder Klinik über die Reisegeschichte und die Symptome unterrichtet werden. Die WHO erließ ausdrücklich keine besondere Reisewarnung.