Wildpilze weiter radioaktiv belastet
Regelmäßig untersucht das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die radioaktive Belastung wildwachsender Speisepilze im Süden Deutschlands. Im Zeitraum von 2021 bis 2023 wurden insgesamt 160 Pilzarten untersucht.
Die Messwerte lagen laut aktuellem Bericht teilweise über 1.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse. Für Wildpilze, die im Handel verkauft werden, gilt ein Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse.
Gut zu wissen: Pilze sammeln auf eigene Gefahr
„Wer selbst Pilze sammelt, ist nicht von diesem Grenzwert geschützt“, erklärt BfS-Präsidentin Inge Paulini.
Ihr Rat: Vor dem Genuss selbst gesammelter Pilze solle man sich gut informieren und sie nur in Maßen verzehren.
Starke Schwankungen je nach Pilzart
Wie hoch die radioaktive Belastung ausfällt, schwankt sehr stark je nach Pilzart und ist von Standort zu Standort unterschiedlich. Zu den besonders stark belasteten Pilzarten zählen
- Semmelstoppelpilze,
- Rotbraune Semmelstoppelpilze,
- verschiedene Schnecklingsarten,
- Gelbstielige Trompetenpfifferlinge,
- Maronenröhrlinge,
- Rotbraune Scheidenstreiflinge,
- Seidige Ritterlinge,
- Dickblättrige Schwärztäublinge und
- Blassblaue Rötelritterlinge.
Als Spitzenreiter stachen bei den Messungen der vergangenen drei Jahre Semmelstoppelpilze und Rotbraune Semmelstoppelpilze heraus. Einzelne Proben dieser Pilze enthielten über 4.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse.
Das Bundesamt für Strahlenschutz weist in einer Mitteilung darauf hin, dass neben der Cäsium-Kontamination auch die Menge an Pilzen, die man isst, eine wesentliche Rolle spielt. Ein maßvoller Verzehr führe nur zu einer geringen zusätzlichen Strahlendosis.
Gut zu wissen: Wie hoch ist die Strahlenbelastung durch Pilze?
Als Faustregel gilt, dass die Aufnahme von 80.000 Becquerel (Bq) Cäsium-137 mit Lebensmitteln bei Erwachsenen zu einer Strahlenexposition von etwa 1 Millisievert (mSv) führt.
Eine wöchentliche Mahlzeit während des ganzen Jahres mit 200 Gramm (g) Maronenröhrlingen mit 1.800 Bq Cs-137 pro kg Frischmasse (der Höchstwert in den letzten drei Jahren bei Maronenröhrlingen) führt beispielsweise zu einer zusätzlichen Strahlenexposition von etwa 0,23 mSv pro Jahr.
Eine Strahlendosis von 0,27 Millisievert entspricht laut Bundesamt für Strahlenschutz etwa einer Belastung wie bei 20 Flügen von Frankfurt am Main nach Gran Canaria.
Cäsium-137 erst zur Hälfte abgebaut
Das radioaktive Isotop Cäsium-137 kommt nicht in der Natur vor, sondern entsteht unter anderem bei der Kernspaltung in Kernkraftwerken. Mit einer Halbwertszeit von rund 30 Jahren ist das aus Tschernobyl stammende Cäsium bisher erst ungefähr zur Hälfte zerfallen, erklärt das Bundesamt für Strahlenschutz.
Im Extremfall enthalte eine einzelne Mahlzeit mit stark belasteten Pilzen mehr Cäsium-137, als man mit anderen Lebensmitteln in einem ganzen Jahr zu sich nehme. Dennoch müsse man beim Verzehr üblicher Mengen (bis zu 250 Gramm pro Woche) keine negativen gesundheitlichen Folgen aufgrund der Radioaktivität befürchten.
Grundsätzlich kann sich Cäsium-137 aber nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums im Knochengewebe einlagern und dort das Erbgut schädigen. Langfristig kann das zu Knochenkrebs und Leukämie führen.
Wer aber seine persönliche Strahlenbelastung möglichst gering halten möchte, sollte die Pilze aus diesen Regionen meiden. Übrigens: Zuchtpilze wie Austernseitling oder Champignon sind nicht radioaktiv belastet. Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) / dpa 28.8.2023, mia
Gut zu wissen: Alternativen zu strahlenbelasteten Pilzen
Wer seine zusätzliche Strahlendosis durch selbst gesammelte Pilze aus dem Bayerischen Wald und anderen höher belasteten Gebieten Süddeutschlands möglichst klein halten möchte, sollte auf Alternativen zu den potenziell stark belasteten Pilzarten ausweichen.
Zum Beispiel blieben im Untersuchungszeitraum selbst an den am stärksten kontaminierten Probenahme-Orten alle Messwerte der folgenden Arten unter 5 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse:
- Braunschuppiger Riesenchampignon,
- Dunkelfaseriger Champignon,
- Hasenröhrling,
- Judasohr und
- Riesenporling.