Viele Medikamente wenig geeignet – sagt Stiftung Warentest
Ihre Datenbank „Medikamente im Test“ unterhält Stiftung Warentest seit Jahren. Sortiert nach Indikation oder Wirkstoff finden Verbraucher dort Informationen zu Arzneimitteln oder einzelnen Arzneistoffen. Die Arzneimittelexperten, allen voran Professor Gerd Glaeske von der Uni Bremen, geben auch Tipps für günstigere Alternativen zu bestimmten Präparaten oder raten von manchen Arzneimitteln ab. Wenig Zuspruch finden erfahrungsgemäß Erkältungskombis wie Aspirin Complex oder Schmerzmittelkombinationen mit Coffein, wie in den Thomapyrinpräparaten. Ebenso wenig gut findet Warentest alkoholhaltige Kombinationen – z. B. Wick Medinait. Nach Ansicht der Verbraucherschützer ist es sinnvoller, die einzelnen Symptome einer Erkältung jeweils separat zu behandeln. Bei Schnupfen folglich ein abschwellendes Nasenspray (mit Xylometazolin beispielsweise, wie in Otriven oder Generika), bei Schmerzen Paracetamol oder ASS. Coffein in Schmerzmitteln findet Warentest ebenfalls keine gute Wahl, es fördere das Abhängigkeitspotenzial der Analgetika, argumentiert Warentest.
„Wenig geeignet“
Auch wenn die Medikamenten-Datenbank nicht neu ist, so machen die von Zeit zu Zeit von den Arzneimittelfachleuten bei Warentest durchgeführten Aktualisierungen meist große Schlagzeilen. So auch jüngst. Man las in verschiedenen Medien – unter anderem in der BILD, im Stern oder n-tv – sinngemäß: „Ein Viertel der Medikamente ist nicht zu empfehlen“, nachdem Stiftung Warentest auf ihrer Homepage erklärt hatte, dass von 2.000 rezeptfreien Arzneimitteln 500 keine gute Wahl sind – darunter „viele beliebte Arzneimittel“. Das dürfte den einen oder anderen Verbraucher durchaus verunsichern, muss er doch davon ausgehen, dass die in Deutschland zugelassenen Arzneimittel auch „gut“ sind. Wie kommt Stiftung Warentest zu anderen Ergebnissen als die Behörden BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) und EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur), die Arzneimittel in Deutschland zulassen?
Stiftung Warentest prüft Arzneimittel „mehr“
Nach eigener Aussage von Stiftung Warentest stellen die Verbraucherschützer strengere Kriterien an Arzneimittelstudien als die Behörden. Während BfArM und EMA sich für die Qualität, die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit von einem Arzneimittel interessieren, wollen die Verbraucherschützer zudem wissen, wie ein Mittel langfristig wirkt und ob es von hohem Nutzen für den Patienten ist. Diese Argumente seitens Stiftung Warentest, insbesondere jedoch die Aussage, dass ein Viertel der Medikamente „wenig geeignet“ sind, stoßen beim Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) nicht auf Sympathie.
BAH kritisiert Stiftung Warentest
In einer Stellungnahme legte der BAH seine Bedenken offen. Schlagzeilen wie „Viele beliebte Arzneimittel wenig geeignet“ verunsichern nach Ansicht des BAH die Patienten. Denn gerade weil das Nutzen-Risiko-Verhältnis so positiv sei, dürfen Patienten OTC-Präparate ja rezeptfrei in der Apotheke bekommen, so der BAH. Es gelte vielmehr in einem Gespräch zwischen Patient und Apotheker oder Patient und Arzt herauszufinden, welches Präparat sich für den einzelnen Patienten am besten eigne. Vom generellen Verteufeln ganzer Arzneimittelspektren – wie Erkältungskombis oder Schmerzmittelkombinationen – hält der BAH offenbar nichts. Diese von Warentest kritisierten Präparate sind nach Meinung des BAH aus gutem Grund bei den Patienten beliebt: „Sie erfüllen ja offensichtlich die Erwartungen des Patienten“, führt der BAH an.
Selbstmedikation nur kurzfristig
Auch das Argument von Warentest – viele Arzneimittelstudien liefen zu kurz, um Nebenwirkungen zu erkennen, die erst nach längerer Einnahme aufträten – entkräftet der BAH rasch. „Rezeptfreie Arzneimittel werden in der Regel bis zum Abklingen der Symptome angewendet“, so der BAH. Aussagen zu einer längeren Einnahme seien somit unbegründet. Empfehle ein Arzt oder Apotheker ein rezeptfreies Präparat oder habe der Patient positive Erfahrungen damit gemacht, könne er dies auch – vor dem Hintergrund der Informationen in der Packungsbeilage – bedenkenlos einnehmen.