Der besondere Rückblick
: Menschlichkeit auch im Krieg
Der Kaufmann aus der Schweiz
Henry Dunant, am 8. Mai 1828 in Genf geboren, machte als Kaufmann Karriere. Schon mit 31 Jahren plante er, in Algerien Mühlen zu bauen, um Weizenmehl für den Export nach Europa zu produzieren. Dazu brauchte er dringend mehr Land und zusätzliches Wasser. Doch das zuständige Ministerium in Paris bewilligte ihm dies nicht. Deshalb wollte er beim französischen Kaiser Napoleon III. persönlich vorsprechen. Dunant beschloss, den Kaiser in Italien aufzusuchen, wo dieser gerade mit einem großen Heer zu einem Befreiungskrieg unterwegs war.
Die Schlacht von Solferino
Angekommen in der Stadt Castiglione delle Stiviere südlich des Gardasees, bot sich dem jungen Dunant ein grauenvolles Bild: Überall lagen, Körper an Körper, verwundete Soldaten in verschiedensten Uniformen. Wenige Kilometer entfernt hatte am 24. Juni 1859 die Schlacht von Solferino getobt – zwischen Österreich auf der einen Seite und Piemont-Sardinien und Frankreich auf der anderen Seite.
„Alle sind Brüder“
Angesichts des Leids gab Dunant seinen ursprünglichen Plan auf und half drei Tage und Nächte lang, Wunden zu versorgen, zu trösten und menschliche Nähe zu stiften. Er forderte Einheimische zur Mithilfe auf. „Sono tutti fratelli“ – „Sie sind alle Brüder“ war die Devise und ungeachtet ihrer Nationalität wurden alle Soldaten neutral und gleich behandelt – ein Grundsatz des späteren Roten Kreuzes.
Gründung der weltgrößten humanitären Organisation: das Rote Kreuz
Tief berührt von seinen Erlebnissen schrieb Henry Dunant das Buch „Eine Erinnerung an Solferino“. Am Schluss formulierte er einen Appell: Es sollte in Friedenszeiten eine freiwillige Organisation gegründet werden, um in Kriegszeiten Verwundete durch Freiwillige pflegen zu lassen. Die Helfer sollten von allen Seiten als neutral akzeptiert werden. Das Echo auf seine Publikation war groß und mit immensem Engagement erreichte Dunant, dass im Jahr 1864 das Rote Kreuz gegründet wurde. Zwölf Staaten unterzeichneten damals die erste Genfer Konvention. Dabei wurde auch bestimmt, dass die Helfer als Erkennungszeichen eine weiße Armbinde mit einem Roten Kreuz zu tragen haben – als Umkehrung der Schweizer Flagge. Mit der Zeit entwickelte sich das Rote Kreuz zur wichtigsten weltweit anerkannten Hilfsorganisation. Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung stellt heute die größte humanitäre Organisation der Welt dar.
Träger des ersten Friedensnobelpreises
Der Initiator dieser großen Idee erlitt allerdings einen finanziellen Ruin. Dunant hatte über seinem humanitären Engagement seine Geschäfte vernachlässigt und musste Konkurs anmelden. Auch gesellschaftlich verlor er daraufhin sein Ansehen. Nach Jahren im Pariser Exil ließ er sich 1887 schließlich im Kurort Heiden in der Schweiz oberhalb des Bodensees nieder. Er bemühte sich um gesellschaftliche Rehabilitation. Die wurde ihm auch wieder zuteil. Im Jahr 1901 erhielt Henry Dunant sogar den ersten Friedensnobelpreis. Er starb 1910 im Alter von 82 Jahren. Quelle: Deutsches Rotes Kreuz e.V.; Österreichisches Rotes Kreuz