Wie viel PTA-Ausbildung muss sein?
An einer Umfrage, die DAZ.online in der vergangenen Woche gemeinsam mit PTAheute.de durchgeführt hat, haben 1.630 Teilnehmerinnen und Teilnehmer darüber abgestimmt, wie lange die PTA-Ausbildung künftig dauern soll. 169 (10,37 %) der Abstimmenden haben sich für die Beibehaltung des bisherigen Ausbildungssystems von zwei Jahren Schule plus einem halben Jahr Praktikum ausgesprochen. Für das „Modell PTAplus“ mit einer Art Zusatzqualifikation im Anschluss an die – wie bisher 2,5 Jahre – Ausbildung stimmten 858 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beider Portale. Das entspricht 52,67 % und damit der Mehrheit der Teilnehmenden. Eine Verlängerung der PTA-Ausbildung auf drei Jahre halten 602 (36,96 %) der Teilnehmenden für sinnvoll. Aus den Kommentaren bei DAZ.online und PTAheute gehen aber noch ganz andere Einwände gegen eine Neuregelung hervor. So sei die primäre Entscheidungsgrundlage für einen etwa 16-jährigen Schulabgänger nun einmal auch die finanzielle Perspektive – und zwar für die Zeit der Ausbildung und für die Zeit nach der Ausbildung, meint ein Kommentator. Die PTA-Ausbildung konkurriere mit anderen Ausbildungsberufen, in denen die Auszubildenden eine nicht unerhebliche Ausbildungsvergütung erhalten. Dass hier PTA-Schulen, in denen die PTA-Schüler teilweise noch Gebühren bezahlen müssen, ins Hintertreffen geraten, sei leicht verständlich. Er sieht die Lösung des finanziellen Problems als vordringlicher an als die Diskussion um die Ausbildungszeit.
Wie lange darf die Ausbildung also dauern?
Was unbestritten benötigt wird, sind mehr PTA für die öffentliche Apotheke. Wie man das erreichen kann, darüber gibt es verschiedene Meinungen. Ein strittiger Punkt ist die Ausbildungsdauer. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass es grundsätzlich bei der zweieinhalbjährigen Berufsausbildung in ihrer bisherigen Struktur (zwei Jahre Schule, danach sechs Monate Praktikum in der Apotheke) bleiben soll – allerdings mit überarbeiteten Inhalten. Ohne eine Verlängerung der Ausbildungszeit auf mindestens drei Jahre könnten die Inhalte nicht ausreichend vermittelt werden, sagen der Berufsverband PTA und die Apothekengewerkschaft Adexa. Neues Wissen in alten Strukturen zu vermitteln ist aus ihrer Sicht kontraproduktiv.
Ein grundsätzliches Problem der PTA-Ausbildung bliebe außerdem unberührt: Sehr gute Schulabsolventinnen und -absolventen, die vor Jahren noch für den PTA-Beruf gewonnen werden konnten, würden heute eher Abitur machen und ein Studium aufgreifen. Die Schülerinnen und Schüler, die noch Interesse am PTA-Beruf haben, bringen inzwischen deutlich weniger Vorkenntnisse gerade in den Naturwissenschaften mit, heißt es aus Schulkreisen. Wenn – wie vom BMG vorgesehen – zwar die Inhalte zur Abgabe und Beratung – bei gleicher Ausbildungsdauer – ausgebaut werden, fehlt die Zeit, pharmazeutisch-technische Kernkompetenzen wie das Prüfen und Herstellen von Arzneimitteln ausreichend zu vermitteln und das Verständnis von Zusammenhängen zu wecken, sagte beispielsweise auch Paul Kuhn, Apotheker und PTA-Lehrer aus Ellwangen, gegenüber der Deutschen Apotheker Zeitung im September 2019.
Befürworter der längeren Ausbildung glauben auch nicht, dass eine um ein halbes Jahr längere Schulausbildung ein unlösbares Organisationsproblem für die Schulen darstellt. Auch der Bundesrat will eine „mindestens“ dreijährige Ausbildung. Und in der SPD-Bundestagsfraktion macht man sich ebenfalls für eine Verlängerung stark. Wird Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) diesem Druck nachgeben? Klar ist: Eine Einigung ist sowohl mit dem Koalitionspartner als auch mit den Ländern nötig, soll die Reform wirklich kommen.
Aktualisierung der Inhalte ja – Verlängerung nein, sagt die ABDA
Die ABDA hingegen will es bei der bisherigen Struktur belassen – zwei Jahre Berufsfachschule und ein halbes Jahr Praktikum – und liegt damit auf gleicher Linie mit dem Bundesgesundheitsministerium und der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft „Theoretische und praktische Ausbildung“ (DPhG-AG TuPA). Sie sind überzeugt, dass an den bestehenden Grundsätzen nichts verändert werden sollte, eine Aktualisierung der Inhalte wünscht man sich aber schon. Das soll mitunter dadurch erreicht werden, dass die vorhandenen Unterrichtsstunden umverteilt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) verfolgt mit der Reform unter anderem das Ziel, Änderungen im Apothekenalltag Rechnung zu tragen. So beziehen sich z. B. die Prüfungen von Ausgangssubstanzen dank mitgelieferten Prüfzertifikaten in der Regel nur noch auf die Identitätsprüfung, weshalb das Gesundheitsministerium die Auffassung vertritt, einige Chemie-Stunden einsparen zu können.
Mehr Fachkräftemangel durch Ausbildungsverlängerung?
Burkhard Pölzing, Schatzmeister der DPhG-AG TuPA und Schulleiter der Völker-Schule in Osnabrück, befürchtet eine ernste Bedrohung für die PTA-Ausbildung und Fachkräfteversorgung in Deutschland. Mit einer Berechnung, bei der er PTA-Schulen mit Kinobesuchern vergleicht, möchte er dies verdeutlichen: Der Fachkräftemangel, so Pölzing, würde um 20 Prozent ansteigen, da jeder Schulplatz sechs Monate länger besetzt wäre und somit im Vergleichszeitraum 20 Prozent weniger Berufsabschlüsse erzielt würden. Ausnahmen wären Schulneugründungen oder Kapazitätserweiterungen um 20 Prozent und 20 Prozent zusätzliche geeignete Belegungen der Schulplätze.
Adexa: Anpassung der Ausbildungskapazitäten ohnehin notwendig
Andreas May, Erster Vorsitzender der Apothekengewerkschaft Adexa, kontert: „Wenn wir mehr PTA wollen und dafür die Attraktivität des Berufes und der Ausbildung erhöhen, müssen wir die Ausbildungskapazitäten ohnehin anpassen. Bis das PTA-Reformgesetz voraussichtlich im Jahr 2023 in Kraft tritt (anstatt 2021; diesem Änderungswunsch des Bundesrates will das BMG nachkommen), bleibt genug Zeit, um diese Anpassungsleistung vorzubereiten und – eventuell schrittweise – umzusetzen. Das heißt: Es wird keinen dauerhaften Einbruch um 20 Prozent beim PTA-Berufsnachwuchs geben! Mit dem avisierten Wegfall des Schulgeldes, der Aussicht auf eine zeitgemäße Ausbildung sowie mehr Kompetenzen im Beruf werden vielmehr die Zahlen an Schülerinnen und Schülern insgesamt steigen – und damit auch die Zahl der Absolventinnen und Absolventen.“
Ausbildungsverlängerung würde Kosten an Privatschulen erhöhen
„Die Attraktivität der PTA-Ausbildung steigt nicht mit einer Verlängerung der Ausbildungszeit von zweieinhalb auf drei Jahre“, teilt hingegen Dietmar Schlömp vom Verband der Deutschen Privatschulverbände mit. Vielmehr sieht der Bundesgeschäftsführer in der Diskussion um die ausgedehnte PTA-Ausbildung ein weiteres Wegbrechen der Plätze an den Schulen in freier Trägerschaft. Ein Grund hierfür ist die Kostensteigerung sowohl für die Schulträger als auch für die Auszubildenden. Auf Basis der bisherigen Finanzierungsregelung würde eine Verlängerung der Ausbildung mindestens 20 Prozent an Mehrkosten mit sich bringen.
Um den Beruf des PTA attraktiver zu gestalten und den Fachkräftemangel in diesem Bereich zu beheben, muss das Finanzierungssystem der Ausbildung neu gestaltet werden. Zwei Drittel aller PTA-Schulen in Deutschland sind Schulen in freier Trägerschaft. Sie werden nur unzureichend durch die öffentliche Hand bedacht und müssen Schulgeld nehmen. „Die Finanzierung der PTA-Ausbildung gleicht einem Flickenteppich, der nur durch eine bundeseinheitliche Schulgeldfreiheit behoben werden kann“, erklärt Dietmar Schlömp. Die durch den Wegfall des Schulgeldes entfallenden Finanzmittel müssten in entsprechender Höhe durch die Länder kompensiert werden.