Erdbeeraroma bei Erdbeerallergie meiden?
Das Kind ist krank. Das ist per se bereits anstrengend für das Kind und die Eltern. Doch damit nicht genug: Kompliziert wird es zusätzlich, wenn der kleine Patient Arzneimittel nehmen muss, sich aber weigert – vielleicht weil das Arzneimittel nicht schmeckt oder sonderbar riecht.
Kinderarzneimittel häufig aromatisiert
In der Tat zählen bestimmte Arzneistoffe, wie Ibuprofen oder Clarithromycin, nicht gerade zu den wohlschmeckenden Wirkstoffen. Vor allem bei flüssigen Darreichungsformen bedient sich die Pharmaindustrie eines Tricks und setzt den Präparaten, zur besseren Patiententoleranz, Aromastoffe zu.
„Kinder akzeptieren die meisten Aromen gut, bis auf Banane“, erklärt Dr. Wolfgang Kircher, Fachapotheker für Allgemeinpharmazie, Geriatrische Pharmazie und für Arzneimittelinformation. Sein Buch „Arzneiformen richtig anwenden“ erscheint mittlerweile in vierter Auflage beim Deutschen Apotheker Verlag.
Es kann aber auch sein, dass das kranke Kind den fiebersenkenden Ibuprofensaft mit Erdbeergeschmack sogar lecker findet – nur berichtet die Mutter in der Apotheke, dass ihr Kind auf Erdbeeren allergisch ist. Was tun? Dürfen PTA erdbeeraromatisierte Säfte bei einer Allergie gegen Erdbeeren abgeben?
Gut zu wissen: Wie häufig ist eine Erdbeerallergie?
Die Erdbeere gehört wohl zu den beliebtesten Früchten bei Kindern und Erwachsenen – außer, man reagiert allergisch darauf.
Tatsächlich ist eine isolierte Erdbeerallergie recht selten. Meist tritt sie als Kreuzallergie zum Beispiel bei Pollenallergikern auf. Am häufigsten ist das sog. Birkenpollen-Nuss-Kernobst-Syndrom.
Birkengewächse sind botanisch mit den Rosengewächsen verwandt, zu denen Stein- und Kernobst sowie verschiedenes Beerenobst zählen. Dadurch besteht große Ähnlichkeit der enthaltenen Allergene.
Aus diesem Grund können Menschen, die gegen Birkenpollen allergisch sind, auf eine Vielzahl von Früchten kreuzreagieren. Dazu gehören Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Kirschen, Himbeeren und eben auch Erdbeeren.
Natürliches Aroma selten in Arzneimitteln
„Natürliche Aromastoffe“ werden durch physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen hergestellt. Simple, einprägsame Beispiele sind Vanillin aus Vanilleschoten oder L-Menthol aus Pfefferminzpflanzen.
„Natürliches Erdbeeraroma“ wird aus Erdbeeren hergestellt und müsse zu mindestens 95 Prozent von Erdbeeren gewonnen sein, erklärt Kircher. Allerdings: „Natürliches Erdbeeraroma steht eigentlich nie auf den Packungen von aromatisierten Arzneimitteln.“
Die Deklaration ist laut Kircher meist eine andere. In 99 Prozent der Fälle deklarierten die pharmazeutischen Unternehmer das Aroma lediglich als „natürliches Aroma mit Erdbeergeschmack“ – doch worin besteht der Unterschied?
Der Unterschied zwischen „Natürliches Erdbeeraroma“ und „natürliches Aroma mit Erdbeergeschmack“
Bei „natürliches Aroma mit Erdbeergeschmack“ ist davon auszugehen, dass das Aroma aus beliebigen, aber natürlichen Ausgangsstoffen hergestellt wurde. Kircher nennt hier einige Beispiele: Vanillin (4-Hydroxy-3-methoxybenzaldehyd) wird in diesem Fall nicht aus Vanilleschoten gewonnen, sondern mittels gentechnisch modifizierter Pseudomonas-Arten aus Ferulasäure in Reisschalen.
Hinter Kokosnuss versteckt sich als Ausgangsstoff das Jalap-Harz und gentechnisch modifizierte Saccharomyces-cerevisiae-Stämme lassen Octalacton entstehen, das nach Kokosnuss riecht.
Decalactone verfügen, gewonnen aus Rizinusöl, über einen pfirsichartigen Geschmack.
Aromastoffe werden meist chemisch-synthetisch hergestellt
Noch einmal anders definiert werden dann „naturidentische Aromastoffe“. Sie zählen, wie auch „künstliche Aromastoffe“, zu den „synthetischen Aromastoffen“. Naturidentische Aromastoffe werden chemisch-synthetisch hergestellt, finden sich jedoch – im Gegensatz zu künstlichen Aromastoffen – auch als natürlicher Aromastoff in der Natur.
Das bedeutet, sie sind mit einem natürlichen Aromastoff chemisch gleich. Erdbeeraroma ist chemisch betrachtet 4-Hydroxy-2,5-dimethyl-3-furanon. Diese Verbindung findet sich in Malz, in geröstetem Kaffee und in Popcorn.
Wenn der Saft also nach Erdbeere schmeckt, ist in den allermeisten Fällen doch keine einzige Erdbeere drin. Für die Beratung in der Apotheke bedeutet dies: PTA und „Apotheker können den erdbeeraromatisierten Saft bedenkenlos abgeben, wenn er nur das reine Aroma enthält“, erklärt Kircher.
Gut zu wissen: Kinderarzneimittel mit Erdbeeraroma
Am bekanntesten ist der Nurofen® Junior Fiebersaft 20 mg und 40 mg. Diesen gibt es sowohl mit Erdbeer- als auch Orangenaroma.