Verspannungen und Schmerzen mit Wärmesalben lindern: Wärme aus der Tube
Kirschkernkissen und Wärmflaschen spenden wohltuende Wärme, zwingen den Anwender allerdings zur Ruhe. Und das, obwohl Bewegung kombiniert mit Wärme in vielen Fällen die besten Effekte erzielt, da einer Schonhaltung und einer daraus resultierenden Versteifung der Körperpartie vorgebeugt wird. Um die Mobilität trotz Wärmeanwendung nicht einschränken zu müssen, haben Apotheken zahlreiche Wärmesalben und -pflaster im Repertoire.
Wärmeanwendungen bei Muskelverspannungen und chronischen Schmerzen
Die lokale Anwendung empfiehlt sich besonders bei Muskelverspannungen und chronischen Schmerzen, die beispielsweise durch rheumatische Arthritis oder Arthrose bedingt sind. Die aufgebrachte Wärme führt zu einer gesteigerten Durchblutung, dem Abtransport von Stoffwechselprodukten im Gewebe und einer vermehrten Produktion von Immunzellen. Rötung, ein leichtes Brennen sowie Juckreiz sollten – wenn in normalem Maße auftretend – dabei nicht als Unverträglichkeit, sondern als Zeichen der Wirksamkeit gedeutet werden.
Verbesserte Durchblutung und Verringerung des Schmerzempfindens
Durch die wirksamen Bestandteile der Wärmesalben wird unter anderem eine Ausschüttung des Neurotransmitters Substanz P forciert, der an den Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren) zunächst die Entzündungskaskade in Gang setzt. Dadurch steigt die Durchblutung, die Muskulatur wird gelockert und Entzündungsherde werden aktiv bekämpft. Einige der Wirkkomponenten in Wärmesalben oder -cremes besitzen zusätzlich zu den durchblutungsfördernden Eigenschaften die Fähigkeit, antinozizeptiv und desensibilisierend zu wirken. Das bedeutet, dass sie die Empfindlichkeit der Schmerzrezeptoren herabsetzen und so die Schmerzwahrnehmung verringern.
Entzündungslinderung durch Capsaicin
Auf diese Weise wirkt auch Capsaicin – ein Alkaloid aus Paprikaarten, das bei Menschen ein Wärme- und Schärfegefühl auslöst. Gelangt es an die Nervenendigungen der Haut, kommt es über einen speziellen Mechanismus zur Freisetzung von Substanz P, woraufhin die Schmerzschwelle erhöht wird. Der Anwender empfindet dies als gelinderten Schmerz. Zusätzlich wird das Entzündungsgeschehen bei regelmäßigem Auftragen gemildert.
Diesen Effekt machen sich einige bekannte Produkte zu Nutze: Finalgon® CPD (Cayennepfeffer-Dickextrakt) enthält 53 mg Capsaicinoide, berechnet als Capsaicin, pro 100 g Zubereitung und ist damit in der Konzentration weit vorn angesiedelt. Finalgon® CPD kann für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren bei Muskelverspannungen und -schmerzen im Nacken- und Rückenbereich eingesetzt werden.
Mit 75 mg Capsaicin pro 100 g Creme wird sie in Sachen Wirkstoffgehalt von der ABC® Wärme Creme getoppt. Durch diesen hohen Gehalt ist die Creme für Erwachsene ab 18 Jahren bei schmerzhaften Muskel- und Gelenkbeschwerden, Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen sowie Durchblutungsstörungen der Haut zugelassen. Thermo Bürger® Salbe und Rheumamed® enthalten etwas niedrigere Konzentrationen, setzen aber ebenfalls auf den Effekt des Capsaicins.
Nichts für Sensible: Finalgon® Wärmecreme DUO
Die schmerzstillende Wirkung des zweiten Produkts der Finalgon®-Palette – Finalgon® Wärmecreme DUO – beruht auf zwei Komponenten: Nonivamid, synthetisches Capsaicin-Analogon mit analgetischen Eigenschaften, und Nicoboxil, ein gefäßerweiterndes B-Vitamin. Die Kombination hat einen deutlich spürbaren Effekt und ist somit auf dem Markt eine der am stärksten wärmenden Zubereitungen. Die Wärmecreme DUO ist wegen der intensiven Wirkung ebenfalls erst ab 18 Jahren anzuwenden.
Durch die heftigen Reaktionen, die sie auf Schleimhäuten auslösen kann, ist Vorsicht geboten – und das gilt für alle Wärmesalben! Mittels Applikator oder behelfsweise Gummihandschuh korrekt aufgetragen, soll sie stark durchblutend und analgetisch bei Muskel- und Gelenkbeschwerden wirken.
Wer sich schon einmal mit durchblutungsfördernden Formulierungen vertraut gemacht hat oder grundsätzlich unempfindlich reagiert, kann zu solch stark wirkenden Cremes greifen. Für Kinder und Kunden mit empfindlicher Haut sowie einer sehr geringen Schmerzschwelle sind sie jedoch ungeeignet, da die Anwendung die Haut reizt und oft als brennend bzw. unangenehm empfunden wird. Auch Schwangere und Stillenden sollten von diesen Wirkstoffkonzentrationen Abstand nehmen.
Der Vollständigkeit halber sei auch das dritte Produkt aus der Finalgon®-Familie erwähnt: Finalgon® 4mg/g + 25mg/g Salbe (Nonivamid + Nicoboxil), die nur zur Förderung der Hautdurchblutung vor der kapillaren Blutentnahme (Ohrläppchen oder Fingerkuppe) zugelassen ist.
Wärme durch Pflanzenextrakte und ätherische Öle
Andere Hersteller bedienen sich der entzündungshemmenden, hyperämidisierenden (durchblutungsfördernden) und dadurch wärmenden Eigenschaften von Pflanzenextrakten oder ätherischen Ölen. Der Kytta® Wärmebalsam ist sicherlich in den meisten Apotheken zu finden und wird oft empfohlen. Früher als Arzneimittel unter „Kytta® Balsam F“ im Handel, ist die Zubereitung heute aus Zulassungsgründen als Kosmetikum auf dem Markt.
Neben ätherischen Ölen aus Eukalyptus, Fichtennadeln und Lavendel bilden Methylnicotinat und der für Kytta® bekannte Beinwellwurzel-Extrakt die Wirkkomponenten. Das enthaltene Allantoin fördert die Penetration in tiefere Hautschichten, Methylnicotinat und die enthaltenen Öle wirken durchblutungsfördernd. Der Beinwellwurzel werden zudem reizlindernde, schmerzstillende und entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben.
Die enthaltenen ätherischen Öle wirken lokalanästhetisch und entzündungshemmend. Sie modulieren somit das Schmerzgeschehen und sind in unterschiedlicher Zusammensetzung auch in Tiger Balm® Rot N, Pferdesalben und einigen anderen freiverkäuflichen Zubereitungen enthalten.
Campher, Vanillyl-Ether und Co. – weitere wärmende Wirkstoffe
Oft werden die ätherischen Öle durch Campher, ein stark durchblutungsförderndes und lokalanästhetisches Terpen, ergänzt. Racematischer Campher ist in Konzentrationen bis 10 % z. B. in Camphoderm® N verarbeitet und vermittelt einen spürbar wärmenden Effekt.
Ähnliche Effekte wie Capsaicin und Menthol zeigen auch aromatische Verbindungen wie Vanillyl-Ether (in Apothekers Original Wärme Salbe von Dr. Jacoby), Methylnicotinat oder das in RÖWO® Wärmesalbe enthaltene Methylsalicylat.
Entzündungslinderung durch Arnika-Extrakt
Im Intensiv Wärmebalsam von Kneipp® und Apothekers Original PferdeMedicSalbe findet sich zusätzlich zu ätherischen Ölen noch Arnika, deren Extrakt als Hauptkomponenten die Sesquiterpenlactone Helenalin und Dihydrohelenalin inklusive Derivaten enthält. Diese greifen in die Entzündungskaskade ein und hemmen dadurch die Synthese inflammatorischer (entzündungsvermittelnder) Zytokine.
Nicht für jeden geeignet
Nun sind in den meisten apothekenüblichen Wärmesalben mehrere Wirkkomponenten enthalten. Es gilt daher zu entscheiden, welche Wärmesalbe für die Beschwerden sinnvoll ist und in welchen Fällen man dem Kunden eher zu anderen Produktgruppen raten sollte.
Wird das Leiden als akute Muskelschmerzen oder -verspannung bzw. als chronische Rücken- oder Nackenschmerzen beschrieben, können durchblutungsfördernde und analgetisch wirkende Formulierungen auf pflanzlicher Basis Linderung verschaffen. Sind die Beschwerden zu stark oder die Entzündungszeichen anhaltend, bleibt der Besuch beim Arzt natürlich nicht aus. Wer einen intensiven Wärmeeffekt mag, der zugleich Gelenkbeschwerden lindert, kann auf die Finalgon®-Produkte bzw. die ABC® Wärme Creme zurückgreifen. Diese sind allerdings nicht für empfindliche Haut geeignet und sollten nur mit großer Sorgfalt genau nach Anweisung angewendet werden.
Allgemeine Hinweise:
- Bei Gelenkbeschwerden sollte zunächst ausprobiert werden, ob nicht Kälte als wirksamer empfunden wird. Besonders bei geschwollenen Körperteilen, Überwärmung oder Sportverletzungen (außer Muskelkater) sollte lieber gekühlt und/oder ein Arzt kontaktiert werden.
- Wärmesalben dürfen nicht auf Schleimhäute gelangen und nicht auf verletzte oder entzündete Haut aufgebracht werden.
- Wärmesalben stehen im Verdacht ein allergisierendes Potenzial zu besitzen, d. h. sie können dafür sorgen, dass allergische Hautreaktionen hervorgerufen werden.
- Saunen, heiße Bäder oder aufgelegte Wärme können den Wärmeeffekt unangenehm verstärken und sollten daher nach Anwendung der Salben vermieden werden.
- Selbiges gilt auch für Okklusionsverbände.
- Als positiv erwiesen hat sich dagegen das gründliche Einmassieren der Zubereitung auf die betroffene Stelle. Dadurch wird der lindernde Effekt verstärkt.
- Für leichte Beschwerden im Bewegungsapparat können Wärmesalben mit oralen NSAR kombiniert werden.
Produktübersicht
Produkt | Wirkkomponenten, ggf. Konzentration pro 1 g Zubereitung |
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Finalgon® Wärmecreme DUO | 1,7 mg Nonivamid 10,8 mg Nicoboxil |
Finalgon® CPD Wärmecreme | Cayennepfeffer-Dickextrakt (4–7:1); ethanolischer Auszug entspricht: 0,53 mg Capsaicin |
ABC® Lokale Schmerz-Therapie Wärme-Creme Hansaplast med | 0,75 mg Capsaicin |
Thermo Bürger® Salbe | 0,40 mg Capsaicin |
Rheumamed® Schmerzsalbe Capsicum | 0,50 mg Capsaicin |
RÖWO® Wärmesalbe | Cayennepfeffer Methylsalicylat |
Kytta® Wärmebalsam (Kosmetikum) | 350 mg Beinwellextrakt aus frischen Wurzeln, Droge-Extrakt-Verhältnis 1:2, Auszugsmittel: Ethanol 52 % (m/m) 12 mg Methylnicotinat ätherische Öle |
Camphoderm® N | 0,1 g Campher rac. |
Kneipp® Intensiv Wärme Balsam mit Arnika | Arnika äth. Öle Campher Vanillyl-Ether |
Apothekers Original PferdeMedicSalbe (Medizinprodukt) | Arnika Campher Menthol Gaultheria-Öl Rosmarin |
Tiger Balm® Rot N | Campher rac. Levomenthol Kajeputöl Kassienöl Pfefferminzöl Gewürznelkenöl |