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Babys sterben häufiger nach Geburt: Sildenafil bei Schwangeren

Bild: megaflopp / Adobe Stock

Viagra® ist bekannt wie kaum ein anderes Arzneimittel. Die blaue rautenförmige Tablette revolutionierte die Therapie der erektilen Dysfunktion bei Männern. Weit weniger bekannt ist eine zweite Indikation des Viagra®-Wirkstoffes Sildenafil, die pulmonale Hypertonie oder einfacher formuliert: Bluthochdruck im Lungenkreislauf. Sildenafil erhöht cGMP (siehe letzter Abschnitt: Wie wirkt Sildenafil?), ein potentes körpereigenes Gefäßrelaxans und vermag so den Bluthochdruck im Lungenkreislauf zu senken. Sowohl bei erektiler Dysfunktion als auch bei pulmonaler Hypertonie erweitert Sildenafil somit die Gefäße. Der Gedanke, dass dieses Prinzip der Gefäßerweiterung auch bei der Plazenta funktionieren könnte und so über eine bessere Durchblutung derer die Versorgung des Fötus verbessert wird, ist durchaus plausibel.

Sildenafil sollte Wachstum bei Babys fördern

Das untersuchten niederländische Forscher. Die Studie hierzu startete bereits 2015 und sollte ursprünglich 354 schwangere Patientinnen bis 2020 rekrutieren. Nun wurde die Studie in der vergangenen Woche vorzeitig beendet. Was ist passiert?

Zum Zeitpunkt des Studienabbruchs nahmen 183 schwangere Frauen an der Untersuchung teil. Ihre ungeborenen Babys litten unter schweren Wachstumsstörungen. Frühere Untersuchungen hatten Hinweise geliefert, dass Sildenafil hier von Nutzen sein könnte. Die Idee dahinter: Eine bessere Durchblutung der Plazenta sollte die Versorgung und somit das Wachstum der Babys fördern. Die Untersuchung lief multizentrisch ab, das heißt, insgesamt nahmen elf niederländische Kliniken, teilweise Universitätskliniken, an der Untersuchung teil. Es gab zwei Gruppen: 93 Schwangere erhielten Sildenafil, 90 schwangere Frauen bekamen stattdessen eine Placebotablette.

Babys sterben nach Geburt

Der von den Wissenschaftlern erhoffte Effekt von Sildenafil auf die Entwicklung der Kinder bewahrheitete sich nicht, das Gegenteil trat ein: Bei den mit Sildenafil behandelten schwangeren Frauen starben 19 Babys nach der Geburt, elf an pulmonaler Hypertonie. Sechs weitere Babys litten nach Geburt ebenfalls an Lungenproblemen, aber diese Babys überlebten. In der Gruppe der Schwangeren, die Placebotabletten erhielten, verstarben neun Kinder nach der Geburt. Ungleich der Sildenafil-Gruppe, litt keiner der verstorbenen Säuglinge an pulmonaler Hypertonie. Drei Babys kamen mit Lungenproblemen auf die Welt, überlebten jedoch. Auf die Mütter wirkte sich Sildenafil nicht negativ aus. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Babys der mit Sildenafil therapierten Mütter litten nach der Geburt häufiger an Lungenerkrankungen und hatten ein größeres Risiko zu sterben.

Derzeit keine Therapie für Kinder mit Wachstumsstörungen im Mutterleib

Interessant ist, dass Sildenafil bei Kindern ab einem Jahr, die an pulmonaler Hypertonie leiden, therapeutisch eingesetzt wird und dafür eine Zulassung hat. Bei Kindern mit Wachstumsstörungen im Mutterleib scheint Sildenafil nun aber gerade diese Erkrankung auszulösen.

Kinder mit schweren Entwicklungsstörungen im Mutterleib haben eine schlechte Prognose, es gibt aktuell keine Therapiemöglichkeiten, die sich positiv auf das Wachstum der ungeborenen Kinder auswirkt. Auch Sildenafil hat nun die Hoffnung enttäuscht. Die Studie ist abgebrochen, die Wissenschaftler gehen aufgrund der vorläufigen Ergebnisse davon aus, dass Sildenafil in dieser Indikation weltweit nicht eingesetzt werden wird. Auch wenn die Untersuchung nicht weiterläuft, werden die Forscher die überlebenden Babys weiter beobachten, so wie es der Studienplan vorsah.

Wie wirkt Sildenafil?

Sildenafil hemmt ein Enzym, die Phosphodiesterase-5 (PDE5). Diese findet sich sowohl im Schwellkörper des Penis (Corpus cavernosum), als auch in den Lungengefäßen. Normalerweise baut PDE5 das körpereigene cGMP (cyclisches Guanosinmonophosphat) ab, was die Gefäße erweitert. Durch Sildenafil wird der cGMP-Abbau blockiert. Die Folge: Die Gefäße bleiben weit gestellt. In der Lunge, bei pumonaler Hypertonie, senkt sich so der Blutdruck. Bei erektiler Dysfunktion erhält die Weitstellung der Blutgefäße im Schwellkörper die Erektion.