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Der besondere Rückblick: Ignaz Semmelweis: Retter der Mütter

Bild: Misha / Adobe Stock

Verzweifelte Situation

Dass Wöchnerinnen am Kindbettfieber starben, war um 1840 nichts Ungewöhnliches. Doch in der Geburtshilflichen Klinik am Allgemeinen Krankenhaus Wien war die Situation besonders dramatisch: Innerhalb eines Monats wurden auf 208 entbundene Frauen 36 Todesfälle registriert. Den jungen Arzt Ignaz Semmelweis, der dort seinen Dienst tat, schockierte dieser Zustand. Auch die vielen verlassenen Säuglinge und hilflosen Väter erregten sein Mitgefühl. Doch was konnte man gegen das Kindbettfieber tun? Wodurch wurde es überhaupt ausgelöst? Das wusste damals niemand. Ratlos schrieb der junge Mediziner: „Alles war unerklärt, alles war zweifelhaft, nur die große Anzahl der Toten war eine unzweifelhafte Wirklichkeit.“

„Leichenteilchen“ aus dem Seziersaal

Semmelweis suchte verzweifelt nach den Ursachen des Kindbettfiebers. Zwar fielen dieser Krankheit seit jeher Frauen zum Opfer. Doch in so großer Zahl starben sie erst, als die Entbindungen im Krankenhaus stattfanden. Am Wiener Allgemeinen Krankenhaus kam nun noch eine Besonderheit hinzu: Es gab zwei geburtshilfliche Abteilungen. In der einen, in der Semmelweis arbeitete, wurden Mediziner ausgebildet. Hier war die Müttersterblichkeit deutlich höher als in der anderen Abteilung, in der angehende Hebammen geschult wurden. Semmelweis erkannte den maßgeblichen Unterschied zwischen diesen beiden Abteilungen: Die Medizinstudenten hatten auch mit Leichen Berührung, die Hebammenschülerinnen dagegen nicht. Semmelweis vermutete nun, dass „Leichenteilchen“ ins Blutgefäßsystem der Gebärenden gelangten und die Krankheit auslösten. Bakterien waren zu dieser Zeit noch nicht bekannt.

Händedesinfektion nach der Leichenschau

Semmelweis verfolgte seine Überlegung weiter und fand sie immer mehr bestätigt. So stellte er fest, dass insbesondere solche Frauen am Kindbettfieber starben, die von Ärzten und Studenten unmittelbar nach Sektionen untersucht wurden. Es musste sich also um ein Problem mangelnder Hygiene handeln. Semmelweis zog eine logische Konsequenz: Er ordnete an, dass Mediziner, die von einer Obduktion kamen, erst ihre Hände desinfizierten, bevor sie die Wöchnerinnen oder Schwangeren berührten. Dazu führte er Waschungen mit Chlorkalklösung ein. Tatsächlich sank die Sterblichkeit der Frauen daraufhin dramatisch. Heute wissen wir, dass durch diese antiseptische Maßnahme pathogene Erreger abgetötet wurden, die zuvor die Geburtswunden infiziert und Blutvergiftungen ausgelöst hatten.

Von den Zeitgenossen verkannt

Trotz dieser Erfolge blieb Semmelweis‘ Idee bei seinen Zeitgenossen umstritten. Er wurde wegen der lästigen Hygienemaßnahme sogar massiv angefeindet. Die heftigen Auseinandersetzungen über seine neue These setzten ihm sehr zu. Schließlich musste er in eine Irrenanstalt eingeliefert werden. Dort starb er am 13. August 1865 im Alter von erst 47 Jahren. Ironie der Geschichte: Die Todesursache war ausgerechnet eine Wundinfektion. Posthum erhielt Semmelweis aber doch noch die gebührende Anerkennung als „Retter der Mütter“. Quellen: Universität Wien; Deutsche Sepsis-Gesellschaft e.V.; Eckart: Geschichte der Medizin, Springer 2005; Heller: Nach der Geburt – Wochenbett und Rückbildung, Thieme 2002; www.aerzteblatt.de