Capsaicin: Wie wirkt der Scharfmacher aus der Chili?
Scharfes Essen ist beliebt. Der Einsatz von Chilis, Cayenne-Pfeffer und Co. ist charakteristisch für die asiatische Küche und wird auch hierzulande gerne zelebriert. Dabei ist der Verzehr von derartigen Speisen häufig mit Schmerzen verbunden.
Bereits kleine Mengen regen die Durchblutung an, reizen die Schleimhäute in Mund und Rachen und können bei übermäßigem Konsum langwierige Nebenwirkungen verursachen.
Capsaicin – Scharfmacher in Chili-Schoten
Hauptverantwortlich für die typische Chili-Wirkung ist das enthaltene Alkaloid Capsaicin, welches vor allem im Fruchtfleisch der Schoten vorkommt. Häufig wird angenommen, die Kerne würden besonders scharf schmecken, dabei enthalten sie kein Capsaicin. Die feine hellrote Haut, an der die Kerne sitzen, die sogenannte Plazenta, enthält hingegen den größten Anteil an Capsaicin.
Das Alkaloid ist gut löslich in Ethanol und Fetten, jedoch unlöslich in Wasser. Das ist auch der Grund, weshalb man die Schärfe im Mund nach dem Verzehr von Chilis besonders gut mit fetthaltigen Milchprodukten neutralisiert und mit Wasser eher verstärkt oder verteilt.
Neben Capsaicinoiden wie Capsaicin enthalten Chili-Schoten zusätzlich Carotinoide, Flavonoide, Steroidsaponine sowie fettes Öl.
Wirkung von Capsaicin: Was passiert beim Verzehr von Chili-Schoten?
Nach dem Verzehr von scharfen Chili-Speisen werden im Mund- und Rachenbereich Schmerzrezeptoren – auch Nozizeptoren genannt – vom Typ TRPV1 aktiviert. Diese sind zusätzlich für die Hitzeempfindung verantwortlich.
Der Schmerzimpuls wird durch die Ausschüttung von Substanz P an das Gehirn weitergeleitet, welches dann Maßnahmen zur Schmerzbekämpfung in Gang bringt.
Neben Stresshormonen werden auch Glückshormone ausgeschüttet, weshalb einige Menschen nach dem Verzehr ein „Pepper High“ entwickeln. Scharfes Essen wird demnach nicht nur als unangenehm und schmerzhaft, sondern auch als besonders anregend empfunden.
Capsaicin wirkt außerdem durchblutungsfördernd und regt durch eine gesteigerte Magenmotorik die Verdauung an.
Gut zu wissen: Typische Symptome nach dem Verzehr von Chilis
- leichte akute Symptome:
- Hautreizung mit Brennen und Rötung
- Schmerzen in Mund, Nase und Rachen
- Reizungen an anderen Schleimhäuten, z. B. Brennen beim Stuhlgang
- gesteigerter Speichelfluss
- vermehrtes Schwitzen
- starke akute Symptome, individuelle „Scharf-Grenze“ überschritten:
- Magenschmerzen
- Durchfall
- Sodbrennen
- Übelkeit und Erbrechen
- Bluthochdruck, auch Blutdruckkrisen möglich
- Hitzewallungen und Schweißausbrüche
- sehr selten: Donnerschlagkopfschmerz
- chronische Erscheinungen nach regelmäßigem Verzehr:
- Gewöhnungseffekt bezüglich des individuellen Schärfe-Grades
- Desensibilisierung der feinen Nervenfasern
- verminderte Schmerzweiterleitung und Verarmung an Substanz P
Schärfste Chili der Welt – „Carolina Reaper“ löst extremen Kopfschmerz aus
Der Biss in die schärfste Chili-Schote der Welt hat einem jungen Mann heftigste Kopfschmerzen eingebracht. Der 34-Jährige, der in New York 2018 an einem Chili-Wettbewerb teilgenommen und die „Carolina Reaper“ probiert hatte, kam mit dem sogenannten Donnerschlagkopfschmerz in die Notaufnahme.
Nach einer Computertomografie diagnostizierten die Ärzte die extremen Kopfschmerzen als Folge des sogenannten Reversiblen Cerebralen Vasokonstriktionssyndroms (RCVS). Dabei verengen sich bestimmte Arterienbereiche im Gehirn.
Es ist das erste Mal, dass RCVS nach dem Genuss von Chili dokumentiert wurde. Bisher war lediglich bekannt, dass Cayenne-Pfeffer in seltenen Fällen die Herzarterien verengen oder zu einem Herzinfarkt führen kann.
Die Donnerschlagkopfschmerzen, die einen in Sekundenbruchteilen wie ein Hammerschlag heimsuchen können, verschwanden ebenso wie die heftigen Nackenschmerzen im Laufe der nächsten Tage und Wochen von selbst.
Von dem seltenen RCVS seien Frauen häufiger betroffen als Männer. Auch nach Drogenkonsum mit Kokain oder Amphetaminen trete es manchmal auf. Eine Gefahr im Genuss von herkömmlichen Chili-Schoten sehen die Experten derzeit nicht.
Verträglichkeitsspanne von Capsaicin ist individuell
Aufgrund der unterschiedlichen Schmerzwahrnehmung ist die Capsaicin-Dosis, die noch gut verträglich ist, von Mensch zu Mensch individuell. Auch die Häufigkeit des Verzehrs und regionale Unterschiede spielen dabei eine Rolle. Kinder reagieren besonders empfindlich auf den Verzehr scharfer Speisen, weshalb hier Vorsicht geboten ist.
Dies wurde auch bei der sogenannten „Hot Chip Challenge“ 2023 auf Social-Media deutlich: Bei diesem Trend verzehrten vor allem junge Menschen sehr scharfe Tortilla-Chips und filmten sich dabei. Aufgrund schwerer Nebenwirkungen schlug das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) Alarm, weshalb die Chips mittlerweile nicht mehr vermarktet werden dürfen.
Gut zu wissen: Chili vs. Cayenne-Pfeffer
- Chili:
- Oberbegriff für zahlreiche Paprika-Sorten (z. B. Jalapeño, Habanero)
- frisch, getrocknet oder pulverisiert
- Schärfegrad variiert von mild bis scharf
- Cayenne-Pfeffer:
- spezielle Chili-Sorte „Capsicum annuum“
- besonders scharf (30.000–50.000 Scoville)
- hauptsächlich pulverisiert als Gewürz verwendet
- dient als Ausgangsstoff für die Gewinnung von Capsaicin für therapeutische Zwecke
Schärfegrad anhand der Scoville-Skala bestimmen
Um einen Überblick über die verschiedenen Schärfegrade zu erhalten, kann man sich die Scoville-Skala zunutze machen. Der Wert ergibt sich anhand des Verdünnungsgrades des verzehrten Chili-Produktes. Einfach formuliert: Wie viel Wasser wird benötigt, damit das Produkt nicht mehr scharf schmeckt.
Reines Capsaicin hat einen Scoville-Grad (Scoville Heat Unit; kurz: SHU) von 15.000.000, was einer Verdünnung mit 15.000.000 ml Wasser entspricht.
Um unterschiedliche Lebensmittel miteinander zu vergleichen, kann folgende Faustformel angewendet werden: 1 mg Capsaicin/kg = 16 SHU.
Zum Vergleich: Eine herkömmliche Gemüsepaprika besitzt 0 SHU, eine Jalapeño circa 15.000 SHU und die Chili-Sorte Carolina Reaper 2.200.000 SHU.
5 mg Capsaicin pro Kilogramm Körpergewicht als oberer Richtwert
Das BfR empfiehlt für den alltäglichen Konsum eine Obergrenze von 5 mg Capsaicin pro Kilogramm Körpergewicht innerhalb einer Mahlzeit. Das ist schon relativ viel.
Bei einer Person mit 75 kg Körpergewicht entspricht das 375 mg Capsaicin (= 6.000 SHU). Diese Menge ist in knapp 1 kg grünen Jalapeño-Chilis, 1 kg Tabasco-Soße oder in circa 200 g scharfem Chili-Pulver enthalten. Quellen:
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/zu-scharf-ist-nicht-gesund-lebensmittel-mit-sehr-hohen-capsaicingehalten-koennen-der-gesundheit-schaden.pdf
- https://landeszentrum-bw.de/,Lde/Startseite/wissen/wie-gesund-ist-scharfes-essen
- https://www.ardalpha.de/wissen/gesundheit/ernaehrung/chili-scharf-capsaicin-ernaehrung-100.html
- https://www.quarks.de/gesundheit/ernaehrung/darum-stehen-wir-auf-chili-schmerz/