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Schon wieder eine Blasenentzündung - Teil 1: Vorbeugende Maßnahmen

Bild: Carlo107 - iStockphoto.com

Die Füße warm halten

Wer bislang noch verzweifelt nach einer Ausrede gesucht hat, warum Ugg-Boots unbedingt den winterlichen Schuhschrank bereichern sollten, der kann sich nun entspannt zurücklehnen. Oder direkt  auf Shopping-Tour für die Fellstiefelchen gehen. Was  Mütter jahrelang ungehört predigten, schreiben jetzt auch die Experten der Leitlinie zu wiederkehrenden Harnwegsinfektionen: Warme Füße sind wichtig, nicht nur angeblich, sondern offenbar: „Durchschnittlich 55 Stunden nach gezielter Abkühlung der Füße traten in einer offenen kontrollierten Studie bei 6 von 29 Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen zystitische Symptome auf. Während der Kontrollperiode ohne Abkühlung der Füße traten keine Harnwegsinfektionsrezidive auf.“ Somit haben Sie nun nicht nur den Freifahrschein für neue Stiefel, sondern gleichzeitig auch den ersten Apothekenrat für Patientinnen, die leidend vor Ihnen stehen und „schon wieder eine Blasenentzündung“ haben.  

Wie können PTA junge Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen weiter beraten? Dass Beratung wichtig ist, das fanden die Blasenentzündungsexperten übrigens auch. Denn: Eine Studie an chinesischen Arbeiterinnen zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit für Blasenentzündungen durch eine Beratung von 9,8 Prozent auf 1,6 Prozent gesunken ist. Doch wie sieht eine gute Beratung zu Blasenentzündungen aus? Was kann eine PTA an pflanzlichen Harnwegstherapeutika empfehlen, was zur Trinkmenge raten? Welche Tipps helfen, außer warmen Füßen …

Sport, Gemüse und Obst: Keine Studien, helfen aber trotzdem

Klinische Studien machen Sinn. Zeigen sie doch, ob ein bestimmtes Arzneimittel wirkt und gleichzeitig gut verträglich ist oder ob eine Therapie besser oder schlechter als eine andere ist. Der Vorteil für den Arzt oder Apotheker liegt auf der Hand: Sie können davon klare Empfehlungen ableiten. Was wiederum ja auch dem Patienten zu Gute kommt, denn er erhält die für sein Krankheitsbild nach aktuellem Stand der Wissenschaft beste Behandlung. Nicht immer gibt es zu bestimmten „Verhaltensempfehlungen“ jedoch klinische Studien. Das bedeutet aber auch nicht automatisch, dass diese Verhaltensweisen alle und ausnahmslos zu verteufeln oder völlig nutzlos sind. So auch bei wiederkehrenden Harnwegsinfektionen. Die Experten sind sich einig, dass eine Beratung und Verhaltensempfehlungen hin zur allgemeinen Immunstimulation durch eine pflanzenbetonte Kost und regelmäßige sportliche Aktivität auch ohne Vorliegen konkreter Studienergebnisse sinnvoll sind. Obst und Gemüse könnten auch auf eine zweite Weise wirkungsvoll sein, wenn diese Ernährung Übergewicht vorbeugt. Denn: Adipositas mit einem BMI > 30 erhöht das Risiko für Harnwegsinfektionen um den Faktor 2,5 bis 5.

Das Immunsystem wappnen gegen wiederkehrende Blasenentzündungen

Ist das Immunsystem stark, haben Bakterien wenig Chancen, sich allzu häuslich in den Harnwegen einzunisten. Ein Arzneimittel, das Sie hier auf dem Schirm haben sollten, ist das rezeptpflichtige Uro-Vaxom. Doch auch Esberitox schnitt in einer kleinen Studie nicht ganz schlecht ab. Esberitox ist ein pflanzliches Arzneimittel, das zur unspezifischen Immunstimulation eingesetzt wird. Die Inhaltsstoffe sind  Indigowurzel, Lebensbaum und Sonnenhut. Esberitox wurde nur an einer kleinen Patientenzahl mit 15 Patienten auf seinen vorbeugenden Schutz bei Harnwegsinfektionen getestet. Zudem war die Studie unverblindet, das heißt: Die Patienten und die Behandler wussten, welcher Patient Esberitox, welcher das Antibiotikum Nitrofurantoin erhielt. Zugegeben: Keine optimalen Voraussetzungen für ein Studiendesign, folglich ist die Aussagekraft solcher Untersuchungen begrenzt. Dennoch war das Ergebnis für Esberitox nicht gänzlich vernichtend. Denn die Prävention mit Esberitox war der mit dem Antibiotikum Nitrofurantoin ebenbürtig. Allerdings gebaren sich die Experten in solchen Fällen zurückhaltend mit den Empfehlungen: „Bei geringer Fallzahl und unverblindetem Studiendesign kann keine Empfehlung ausgesprochen werden.“

Uro Vaxom geistert auch immer wieder durch die Beratungspraxis in Apotheken und urologischen Arztpraxen. Was ist dran an den bakteriellen Zellwandbestandteilen in Uro Vaxom? Viel! Denn doppelblinde, placebokontrollierte Untersuchungen haben die Wirksamkeit in der Vorbeugung bestätigt. Im Durchschnitt erlitten die Patienten fast 40 Prozent weniger Rezidive an Harnwegsinfektionen innerhalb eines Zeitraumes von sechs bis zwölf Monaten. Außerdem profitierten die Patienten auch nach Beendigung der Studie durch nachhaltige Effekte einer erfolgten Uro Vaxom-Einnahme: Deutlich weniger Harnwegsinfektionen auch nach Absetzen von Uro Vaxom, und kam es doch mal zu einer Durchbruchinfektion, war die Behandlungszeit kürzer. Uro Vaxom war gut verträglich. Schwindel und Hautreaktionen zählten zu den meisten Nebenwirkungen und wurden nur wenig häufiger als bei Placebo beschrieben.

Hemmung der bakteriellen Adhäsion

Es den Bakterien so ungemütlich wir nur möglich machen: Bestimmte Präparate zielen darauf ab, die sogenannte bakterielle Adhäsion, also das Anheften der Bakterien an der Blasenwand oder den Harnwegen, zu verhindern. Cranberries und Mannitol verfolgen beide dieses Wirkprinzip. Cranberrysaft wird schon seit Langem in der Volksmedizin bei Harnwegsinfektionen eingesetzt. Der Arzneimittel- oder Nahrungsergänzungsmittelmarkt in Deutschland bietet hier meist annehmlichere Darreichungsformen als den puren, extrem sauren Saft. Die Datenlage ist widersprüchlich, was bedeutet: Die Experten empfehlen Cranberry-Präparate nicht aktiv zur Prävention von Harnwegsinfektionen. Ähnlich wie Esberitox. Widersprüchlich, heißt: In manchen Studien halfen Cranberryextrakte den Frauen bei Blasenentzündungen, in anderen jedoch nicht. So halbierte ein Cranberrysaft die Rate an Bakteriurien gegenüber Placebosaft. Einen Versuch ist es vielleicht also wert. Der Vorteil einer Cranberry-Langzeitprävention im Vergleich zu beispielsweise einer antibiotischen Prävention liegt auf der Hand: Weniger Resistenzen. Die Krux bei Cranberry ist wohl tatsächlich die erforderliche Menge, die Frauen an Cranberrysaft konsumieren müssten, um einen positiven Effekt der amerikanischen Preiselbeere zu spüren. Diese therapeutisch benötigte Cranberrysaft-Dosis gilt allerdings als unrealistisch, da der saure Saft hohe Abbrecherquoten mit sich bringt. Von welcher Dosis erwarten die Experten eine ausreichende Wirksamkeit? Liegt die aktuelle Empfehlung bei 36 mg Proanthocyanidingehalt pro Tag, könnten Frauen wohl mit 100 mg pro Tag positivere Effekte erwarten, heißt es in der Leitlinie. Allerdings: Diesbezügliche Studien fehlen bisher.

Mannose – endlich einmal wieder etwas, was PTA empfehlen können. Denn die Einnahme von zwei Gramm Mannose pro Tag war so effektiv wie eine Therapie mit dem Antibiotikum Nitrofurantoin – bei weniger Nebenwirkungen. Wären die Apothekenempfehlungen bislang: Obst, Gemüse, Sport, Uro-Vaxom und Mannitol.