Allergie
Gräser, Pollen und vieles mehr machen Allergikern das Leben in den ersten Monaten des Jahres schwer. Verstopfte Nase, Niesen, tränende Augen sorgen bei vielen für einen hohen Leidensdruck. Da die meisten Präparate rezeptfrei erhältlich sind, ist Allergie eines der Top-Beratungsthemen im Frühling und Sommer.
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Allergie: Was hilft bei tränenden Augen?

Blonde Frau reibt sich tränende Augen
Viele Menschen leiden unter juckenden und tränenden Augen aufgrund von Allergie. | Bild: Adam Gregor / AdobeStock

Gerötete und tränende Augen können sowohl allergische als auch andere Ursachen haben, wie zum Beispiel ein trockenes Auge von zu viel Bildschirmarbeit oder ein Fremdkörper im Auge. 

Es sollte also darauf geachtet werden, ob die Symptome nur in bestimmten Situationen oder in bestimmten Jahreszeiten erscheinen oder ob diese dauerhaft auftreten. Auch ein Besuch beim Allergologen kann sich für den Patienten lohnen, vor allem, wenn die Beschwerden besonders belastend sind.

Handelt es sich zweifelsfrei um eine Allergie, gibt es unterschiedliche Wirkstoffe in der Apotheke in Form von Augentropfen, welche Abhilfe verschaffen. 

Mastzellstabilisatoren zur Vorbeugung allergischer Reaktionen

Zum einen gibt es sogenannte Mastzellstabilisatoren, wie die Cromoglycinsäure (z. B. in CromoHexal® oder Pollicrom®). Diese Wirkstoffgruppe hemmt in aktivierten Mastzellen die Chlorid-Kanäle und damit die Freisetzung von Entzündungsmediatoren, zu denen auch Histamin zählt. 

Die Mastzellstabilisatoren müssen für ihre Wirkung regelmäßig angewendet werden, da nur dann gewährleistet werden kann, dass die Mastzellen effektiv kein Histamin ausschütten. Dieses Wirkprinzip dient daher vor allem der Vorbeugung allergischer Reaktionen, wenn also bereits bekannt ist, dass ein Patient in der Vergangenheit häufig oder über längere Zeiträume mit Allergien zu tun hatte. 

Die Cromoglycinsäure-haltigen Augentropfen werden zweimal täglich je 1 Tropfen angewendet und können bei stärkeren Beschwerden auf bis zu viermal täglich erhöht werden. 

H1-Antihistaminika bei allergischem Auge

Eine weitere Wirkstoffgruppe, die zur Verfügung steht, sind die H1-Antihistaminika. Sie sind vor allem bekannt als antiallergische Mittel zur oralen Einnahme, wie beispielsweise Cetirizin. 

Manche Wirkstoffe dieser Gruppe finden aber auch Anwendung im topischen Gebrauch, wie Azelastin, Ketotifen, Levocabastin und Olopatadin. Sie unterdrücken als selektive Antagonisten zu Histamin an den H1-Rezeptoren die Histamin-vermittelten Symptome der allergischen Rhinitis wie Juckreiz und Rötung. 

Für Azelastin, Ketotifen und Olopatadin wurde auch ein mastzellmembranstabilisierender und antiphlogistischer Effekt nachgewiesen. Im Gegensatz zu oral eingenommenen Antihistaminika haben die topisch angewendeten Substanzen kaum systemische Nebenwirkungen, vor allem die typische Müdigkeit tritt in der Regel nicht auf.

Betrachtet man den Zulassungsstatus und die Anwendung der Präparate, gibt es zahlreiche Unterschiede, die in der Beratung bei der Auswahl berücksichtigt werden können. Einen „Sieger“ gibt es dabei nicht: Je nach Patient und Kundenwunsch kann die Empfehlung variieren.

Allergie: Welche Unterschiede gibt es bei den Wirkstoffen?

Zwei Unterschiede, die bei den H1-Antihistaminika sofort ins Auge fallen: Das Alter, ab dem die Augentropfen zugelassen sind, variiert von einem Jahr (Levocabastin) über drei bzw. vier Jahre (Ketotifen bzw. Azelastin) bis zu 18 Jahren, also erst im Erwachsenenalter (Olopatadin). 

Nachdem sich für die meisten Patienten mit Heuschnupfen die Leidenszeit über mehrere Wochen erstreckt, ist auch die maximale Anwendungsdauer ein relevanter Faktor. Hier punkten Levocabastin und Ketotifen mit unbegrenzter Anwendung, Olopatadin darf über vier Monate angewendet werden, während Azelastin nur für einen Behandlungszeitraum von sechs Wochen zugelassen ist. 

Weitere Unterschiede bestehen hinsichtlich einer Kontraindikation für Schwangere und Stillende. In der Schwangerschaft können Azelastin und Ketotifen zumindest mit Vorsicht angewendet werden, während der Stillzeit ist Ketotifen unbedenklich, auch Levocabastin kann mit Vorsicht eingesetzt werden.

 

Non-Rx-H1-Antihistaminika zur Anwendung am Auge im Vergleich

 AzelastinKetotifenLevocabastinOlopatadin
Dosierungzwei- bis viermal täglich 1 Tropfen pro Augezweimal täglich 1 Tropfen pro Augezwei- bis viermal täglich 1 Tropfen pro Augezweimal täglich 1 Tropfen pro Auge
Wirkeintritt15 bis 30 Minuten3 Minuten10 bis 15 Minuten3 Minuten
Wirkdauer„lang anhaltend“bis zu 12 Stundenbis zu 12 Stundenbis zu 12 Stunden
maximale Anwendungsdauer6 Wochenkeine Beschränkungkeine Beschränkung4 Monate
zugelassen ab einem Alter von4 Jahren (gegen saisonale allergische Konjunktivitis), 12 Jahren (gegen nichtsaisonale allergische Konjunktivitis)3 Jahren1 Jahr18 Jahren
Anwendung in der Schwangerschaftmit Vorsichtmit Vorsichtneinnein
Anwendung in der Stillzeitneinjamit Vorsichtnein
häufige Nebenwirkungen
  • leichte, vorübergehende Augenirritation
  • (gelegentlich: bitterer Geschmack)
  • Irritationen der Augen
  • Augenschmerzen
  • punktuelle Erosion des Hornhautepithels
  • Augenschmerzen, verschwommenes Sehen, Reizung der Augen
  • Kopfschmerzen
  • Augenschmerzen, trockenes Auge, anomale Sinnesempfindung des Auges
  • Kopfschmerz
  • Geschmacksstörung
  • trockene Nasenschleimhaut
  • Ermüdung
Galenikwässrige Lösung, erhöhte Viskosität durch Zusatz von Hypromellosewässrige Lösung, Glycerol-Zusatzwässrige Suspension, (vor Anwendung schwenken/schütteln), erhöhte Viskosität durch Zusatz von Hypromellosewässrige Lösung
Wirkmechanismus
  • H1-Antagonist
  • zusätzlich anti­phlogistischer Effekt
  • H1-Antagonist
  • laut In-vitro- und Tierversuchsdaten: zusätzlich Stabilisierung von Mastzellen, Inhibition von Eosinophilen
  • H1-Antagonist
  • H1-Antagonist
  • laut In-vitro-Daten Mastzellstabilisation, Hemmung entzündungsfördernder Mediatoren

Wichtige Hinweise für die Anwendung der H1-Antihistaminika

Die Nebenwirkungen aller vier Wirkstoffe konzentrieren sich auf den Applikationsort: Reizungen und andere Störungen am Auge treten häufig auf. Weitere häufige unerwünschte Wirkungen sind Kopfschmerzen unter Levocabastin und Olopatadin sowie Geschmacksstörung, trockene Nasenschleimhaut und Ermüdung unter Olopatadin. 

Vielen PTA kommt hier sicher auch der bittere Geschmack von Azelastin in den Sinn, der als störend empfunden wird, wenn die Augentropfen über den Tränenkanal in den Rachen abfließen. Diese Nebenwirkung tritt jedoch nur gelegentlich, also bei 0,1 bis 1 % der Anwender auf.

Hinsichtlich der Galenik fallen zwei Unterschiede auf: Während Azelastin, Ketotifen und Olopatadin als Lösungen vorliegen, sind Levocabastin-Zubereitungen Suspensionen, die vor der Anwendung resuspendiert werden müssen. 

Dieser Vorgang ist durchaus kritisch: Der zugesetzte Gelbildner erschwert das Resuspendieren, ein unzureichendes Schütteln führt daher nicht zu einer homogenen Wirkstoffverteilung. Andererseits kommt es durch das enthaltene Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid bei zu kräftigem Schütteln zur Schaumbildung, sodass der entnommene Tropfen zum Teil aus Schaum bestehen und dadurch unterdosiert sein kann.

Allergie-Augentropfen als Tropfflasche oder EDO?

Für einige Wirkstoffe kann der Patient in der Apotheke wählen zwischen der klassischen Augentropfenflasche oder einem Ein-Dosis-Ophtiole(EDO)-System. 

In herkömmlichen Tropffläschchen besteht durch Lufteintrag über die Tropföffnung die Gefahr der mikrobiellen Kontamination. Die Zubereitungen müssen daher konserviert sein und dürfen nach Anbruch nur vier Wochen lang verwendet werden (manche Hersteller geben hier auch einen Monat oder 6 Wochen an). 

Alle dieser Präparate sind mit Benzalkoniumchlorid konserviert, meist in Kombination mit Natriumedetat. Benzalkoniumchlorid ist für seine lokal reizende Wirkung am Auge und eine gewisse allergene Potenz bekannt. Von einer langfristigen Anwendung am Auge wird abgeraten. 

Als unkonservierte Alternativen können Einzeldosispipetten mit Azelastin oder Ketotifen empfohlen werden – verträglicher für die Augen, bei regelmäßiger Anwendung über einen längeren Zeitraum wird jedoch eine nicht zu unterschätzende Müllmenge produziert.

 

Beispiele für antiallergische Augentropfen mit Antihistaminika für die Selbstmedikation

 Azelastin (als Hydrochlorid, 0,5 mg/ml)Ketotifen (als Fumarat, 0,25 mg/ml)Levocabastin (als Hydrochlorid, 0,5 mg/ml)Olopatadin (als Hydrochlorid, 1 mg/ml)
herkömmliche Mehrdosenbehältnisse, konserviert mit Benzalkonium­chlorid
  • Allergo-Azelind
  • Allergodil® akut
  • Allergodil®
  • Azedil®
  • Azelastin Micro Labs
  • Vividrin Azelastin
 Zaditen® ophtha
  • Levocamed® 
  • Livocab® direkt
Alltrevo®
Mehrdosenbehältnisse, konservierungsmittelfrei
  • Azela-Vision® MD sine 
  • Pollival® (Aufbrauchfrist jeweils 12 Wochen
  • Ketazed® (Aufbrauchfrist 3 Monate)
  • Ketotifen Stulln® (Aufbrauchfrist 2 Monate)
  
Einzeldosisbehältnisse
  • Azela-Vision® sine
  • Vividrin Azelastin EDO
  • Allergo-Vision® sine
  • Ketotifen Penta Arzneimittel
  • Ketotifen Stulln® UD
  • Zaditen® ophtha sine
  

Mehrdosenbehältnisse bei antiallergischen Augentropfen

Zunehmend bringen Hersteller antiallergische Augentropfen in speziellen Mehrdosenbehältnissen auf den Markt, die ohne Konservierung auskommen. 

Die Kontaminationsgefahr durch Mikroorganismen aus der Umgebungsluft wird in diesen Systemen unterbunden, indem die Luft, die eingesaugt werden muss, um den Unterdruck durch das abgegebene Tropfvolumen auszugleichen, entweder durch einen Filter mit kleiner Porenweite filtriert wird oder nicht mit der Zubereitung in Kontakt kommt. 

Unter den Azelastin-haltigen Präparaten sind dies Azela-Vision® MD sine und Pollival®. Ketotifen-haltige Zubereitungen ohne Konservierungsmittel sind Ketazed® und Ketotifen Stulln®.

Diese Präparate vereinen also die Vorteile einer besseren Verträglichkeit durch Konservierungsmittelfreiheit und einer längeren Aufbrauchfrist im Vergleich zu herkömmlichen Tropfflaschen sowie einer geringeren Müllproduktion im Vergleich zu Einzeldosisbehältnissen. Argumente, die am HV-Tisch wichtig sind, um den in den meisten Fällen höheren Preis zu rechtfertigen.

Augentropfen bei Allergie: Welche Rolle spielen Kontaktlinsen?

Das Tragen von weichen oder harten Kontaktlinsen kann in der Beratung auch eine Rolle spielen. Ist das Auge durch die Allergie entzündet (allergische Konjunktivitis), sollte zunächst auf das Tragen von Kontaktlinsen verzichtet werden. Wenn die Augentropfen aber regelmäßig angewendet werden und dieses Krankheitsbild dadurch nicht (mehr) in Erscheinung tritt, kann man die Kontaktlinsen wieder tragen. 

Konservierungsmittel können sich in weiche Kontaktlinsen einlagern und diese verfärben. Daher sollten vor der Anwendung der Augentropfen die Kontaktlinsen entnommen und erst nach einer Wartezeit von mindestens 15 Minuten wieder eingesetzt werden. Literatur:
Fachinformationen der Hersteller
telefonische Auskunft diverser Hersteller
Geisslinger G et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie. 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2020
Rezepturhinweis „Benzalkoniumchlorid“ des DAC/NRF, Stand 14. November 2022
 

Tipps zur Anwendung von Augentropfen

Für die Anwendung der Augentropfen können am HV noch ein paar Tipps mit auf den Weg geben werden:

  • Der Kopf sollte zum Eintropfen nach hinten gebeugt und das untere Augenlid leicht nach unten gezogen werden. Dann wird ein Tropfen möglichst mittig auf das geöffnete untere Augenlid getropft, ohne das Auge oder das Augenlid dabei zu berühren. Anschließend wird das Augenlid losgelassen und das Auge geschlossen. 
  • Mit einem Finger sollte dann am inneren Augenwinkel gegen die Nase gepresst werden. Das verschließt den Tränenkanal für kurze Zeit und verhindert die systemische Aufnahme des Wirkstoffs und damit verbundene systemische Nebenwirkungen. Gleichzeitig kann mehrmals geblinzelt werden, damit der Tropfen sich gleichmäßig über das Auge verteilen kann. 
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