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Zur Gehaltsbestimmung: Wie funktioniert eine Titration?

Ausgangsstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln werden in der Regel mit einem validen Prüfzertifikat geliefert, sodass in der Apotheke nur noch die Identität einwandfrei festgestellt werden muss. Eine Bestimmung von Reinheit und Gehalt ist dann nicht nötig.
Stellt eine Apotheke jedoch Defekturarzneimittel her, kann eine Bestimmung des Gehalts durchaus eine Rolle spielen. Denn diese Zubereitungen müssen nach ihrer Herstellung geprüft und freigegeben werden. Als einfache quantitative Methode zur Gehaltsbestimmung ist dabei eine Titration des enthaltenen Arzneistoffs geeignet.
Was versteht man unter einer Titration?
Bei einer Titration findet zwischen den Teilchen der Probelösung und der Maßlösung eine chemische Reaktion statt. Am Äquivalenzpunkt, also am Endpunkt der Titration, haben alle Teilchen der Probelösung mit der Maßlösung reagiert. Dieser Punkt kann durch den Farbumschlag eines zugegebenen Indikators erkannt werden.
Das Volumen an verbrauchter Maßlösung kann abgelesen und damit der Gehalt der Substanz oder Zubereitung berechnet werden.
Praktisches Beispiel:
Wird eine Trichloressigsäure-Lösung (NRF 11.133.) in der Apotheke auf Vorrat hergestellt, kann der Gehalt mittels einer Titration bestimmt werden. Dazu wird eine vorgeschriebene Einwaage der Zubereitung genau abgewogen und in einem Erlenmeyerkolben mit Wasser R verdünnt. Nach Zugabe einer Bromthymolblau-Lösung als Indikator kann mit Natriumhydroxid-Lösung 0,1 mol/L titriert werden.
Gut zu wissen: Wasser im chemischen Labor
Zur Herstellung von Reagenzien und für analytische Verfahren schreibt das Europäische Arzneibuch die Verwendung von Wasser R vor. Darunter versteht man demineralisiertes Wasser, also Wasser, das mithilfe von Ionenaustauschern von Mineralien befreit wurde.
Ein fünfminütiges Abkochen, wie es zur Arzneimittelherstellung vorgeschrieben ist, wird bei diesem Wasser nicht nötig.
Was sind Maßlösungen?
Unter einer Maßlösung versteht man eine Lösung mit genau bekanntem Gehalt, d. h. die Stoffmengenkonzentration in einem bestimmten Volumen ist exakt bekannt. Die Stoffmengenkonzentration wird dabei in der international gültigen Einheit mol/L angegeben.
Bekannte Maßlösungen aus dem Arzneibuch sind die bereits erwähnte Natriumhydroxid-Lösung 0,1 mol/L und Salzsäure 0,1 mol/L. Beide Lösungen werden zu Gehaltsbestimmungen im Rahmen einer Säure-Base-Titration eingesetzt.
Maßlösungen werden überwiegend fertig gekauft, sodass eine Eigenherstellung praktisch keine Rolle mehr spielt. Das Arzneibuch schreibt aber vor, dass die Stoffmengenkonzentration von Maßlösungen regelmäßig überprüft werden muss.
Titration: Zugabe der Maßlösung mithilfe von Büretten
Zur Probenlösung wird die Maßlösung mithilfe einer Bürette dazugegeben. Dabei handelt es sich um ein Volumenmessgerät aus Glas.
Bei der Titration kann das zugegebene Volumen genau abgelesen werden. Dazu haben die kalibrierten Glasrohre vorne eine Skala aufgedruckt. Am unteren Ende der Glasrohre befindet sich ein drehbarer Hahn, mit dessen Hilfe die Maßlösung tropfenweise abgegeben werden kann.
Büretten sind dabei grundsätzlich auf „Ex“ geeicht, das bedeutet, die abgegebene Flüssigkeitsmenge entspricht der aufgedruckten Volumenangabe. In der Apotheke kommen zur Titration Büretten zum Einsatz, die 10 ml oder 25 ml Maßlösung abgeben können. Bei der kleineren Bürette beträgt die Ablesegenauigkeit ± 0,05 ml, bei der größeren Bürette ist ein Ablesen in 0,1-ml-Schritten möglich.
Zur Titration selbst muss eine passende Bürette ausgewählt werden. Auf der einen Seite soll die Ablesegenauigkeit hoch sein, auf der anderen Seite muss das benötigte Volumen an Maßlösung in die Bürette passen. Ein Nachfüllen während der Titration ist nicht erlaubt, da dies mit zu großen Ungenauigkeiten verbunden wäre.
Gut zu wissen: Wie kann der ungefähre Verbrauch an Maßlösung berechnet werden?
Um den Gehalt einer hergestellten Trichloressigsäure-Lösung 10 % (NRF 11.133.) zu bestimmen, sollen 0,84 g Zubereitung in einem Erlenmeyerkolben abgewogen werden. In diesen 0,84 g Zubereitung sind nun 0,084 g (84 mg) Trichloressigsäure enthalten. Laut Prüfvorschrift entspricht 1 ml an verbrauchter Maßlösung 16,34 mg Trichloressigsäure.
Um den theoretischen Verbrauch an Maßlösung berechnen zu können, wird die eingewogene Menge an Trichloressigsäure durch diese Äquivalenzmasse geteilt.
Vml = (84 mg)/(16,34 mg/ml) = 5,14 ml
Der zu erwartende Verbrauch an Maßlösung liegt also bei rund 5 ml. Zur Titration kann daher eine 10-ml-Bürette ausgewählt werden.
Vor der Titration: Bürette mit Maßlösung spülen

Die ausgewählte Bürette wird nun mithilfe von Klammern und Muffen an einem Stativ befestigt.
Der Hahn am unteren Ende muss leicht drehbar sein, nur so ist eine tropfenweise Zugabe von Flüssigkeit möglich. Lässt sich der Hahn nur schwer bewegen, ist möglicherweise die Sicherung zu fest zugedreht.
Vor der Verwendung wird die Bürette dreimal mit Maßlösung gespült und im letzten Schritt wird dann die Nullmarke eingestellt. Dazu wird etwas mehr Maßlösung eingefüllt und der Überschuss tropfenweise bis zum Erreichen der Nullmarke abgelassen.
Werden mehrere Titrationen durchgeführt, muss dazwischen selbstverständlich nicht gespült werden.
Vorbereitung der Probe und Beginn der Titration
Zur Titration wird die geforderte Einwaage an Substanz oder Zubereitung mithilfe einer Wägehilfe auf der Analysenwaage genau abgewogen und anschließend in einen Erlenmeyerkolben überführt.
Die Probenlösung wird laut Vorschrift hergestellt, dazu muss eine bestimmte Menge an Flüssigkeit dazugegeben werden. Nun kann mit der eigentlichen Titration begonnen werden.
Für ein ausreichend genaues Ergebnis sollten drei Titrationen durchgeführt werden. Von den erhaltenen Ergebnissen ist dann der Mittelwert zu bilden.
Nach der Titration: So wird der Gehalt der Probenlösung berechnet
Um nach der Titration den Gehalt der Probenlösung ausrechnen zu können, sind keine aufwändigen Rechnungen nötig. In den Vorschriften zur Gehaltsbestimmung ist immer die sogenannte Äquivalenzmasse angegeben, diese gibt an, welche Masse an Substanz oder Zubereitung einem Milliliter an verbrauchter Maßlösung entspricht.
Durch Multiplikation der Äquivalenzmasse mit dem verbrauchten Volumen erhält man direkt die Masse an Substanz im Erlenmeyerkolben. Das Ergebnis muss dann noch in Prozent umgerechnet werden. Dazu wird die berechnete Masse durch die Einwaage geteilt und mit 100 multipliziert.
Praktisches Beispiel:
Zur Gehaltsbestimmung von Citronensäure Ph. Eur. werden 550 mg Substanz in einen Erlenmeyerkolben eingewogen und mit Wasser R verdünnt. Nach Zugabe von Phenolphtalein-Lösung kann mit Natriumhydroxid-Lösung 1 mol/L titriert werden. Dabei wurden 8,55 ml Maßlösung verbraucht. 1 ml Natriumhydroxid-Lösung 1 mol/L entspricht 64,03 mg Citronensäure.
Masse Citronensäure = 8,55 ml x 64,03 mg/ml = 547,46 mg
Gehalt an Citronensäure = (547,46 mg)/(550 mg) x 100 % = 99,5 %
Quellen:
- Werz A.: Chemisch-pharmazeutische Übungen für PTA, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2024.
- https://www.ptaheute.de/praxiswissen/rezeptur/gehaltsbestimmung-bei-ibuprofen-saeften-so-geht-s
- https://www.xylemanalytics.com/de/unternehmen/blog/xylem-analytics-blog/2022/09/erklaerung-der-titration-in-theorie-und-praxis-titrations-fibel-mit-applikationsinformationen-und-laborerfahrungen