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ganz natürlich: Bakuchiol: 1001 Wirkungen

Bakuchiol ist ein pflanzlicher Wirkstoff, der vorwiegend aus den Samen oder Blättern der indischen Babchi-Pflanze (Psoralea corylifolia) gewonnen wird. Das einjährige Kraut kann bis 180 cm hoch werden. Die Blüten sind lilafarben und ähneln den Blüten von Rotklee. Mehrere Teile der Pflanze können sowohl äußerlich als auch innerlich verwendet werden, darunter die Wurzeln, Blätter, Samen und das Samenöl.

Was ist noch enthalten?

Die Babchi-Pflanze enthält ein breites Spektrum an Inhaltsstoffen. Zu den derzeit isolierten Bestandteilen gehören hauptsächlich Cumarine, Flavonoide, Benzofurane, Lipide, Fettsäuren, Glykoside, ätherische Öle, aber auch Monoterpenphenole wie das erstmals 1966 entdeckte Bakuchiol. Seine vielen positiven Effekte wurden seitdem in zahlreichen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen und hängen von den chemischen Eigenschaften der Substanz ab. Denn Bakuchiol vereint strukturell eine Phenoleinheit mit einem Terpenanteil. Der Pflanzenstoff ist fettlöslich und löst sich auch in Alkohol oder Dimethylsulfoxid. Darüber hinaus ist bekannt: Bakuchiol ist fotochemisch stabil und mischbar mit verschiedenen hydrophoben Emollienzien. Das ist vorteilhaft für den Einsatz in der Hautpflege.

Ayurveda und TCM

Die Pflanze Psoralea corylifolia ist von zentraler Bedeutung, sowohl in der ayurvedischen als auch in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) – und das bei den verschiedensten Erkrankungen. Es wurden verschiedene Darreichungsformen entwickelt, darunter Pillen, Abkochungen, Granulate, Tinkturen und Injektionen. Der bräunlich schwarze, länglich abgeflachte Samen der Babchi-Pflanze wirkt auf die Milz- und Nierenmeridiane, dadurch erwärmt er die Milz, stärkt die Nieren und reduziert das Wasserlassen bei Enuresis (Einnässen bei Kindern) und Prostataerkrankungen. 

Die Frucht der Pflanze heißt im Chinesischen Buguzhi, was für Stärkung und Kräftigung steht, daher auch der Einsatz als Tonikum, um die Vitalität zu verbessern und gleichzeitig den Qi- und Blutkreislauf zu stimulieren. Aus ayurvedischer Sicht hat die Pflanze Einfluss auf die drei Doshas, die Lebensenergien. Altbewährte Einsatzgebiete sind verschiedene Hautkrankheiten wie Schuppenflechte, Lepra und Leukodermie mit depigmentierten Hautstellen, hierzu zählt auch Vitiligo, die Weißfleckenkrankheit. Anwendung findet die Babchi-Pflanze darüber hinaus als Wurm- oder Magenmittel. Zudem soll sie die Wundheilung fördern, schweißtreibend wirken, die Libido steigern sowie Erkältungsbeschwerden, Asthma und Durchfall lindern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bakuchiol, ein Monoterpenphenol, wird vorwiegend aus den Samen oder Blättern der indischen Babchi-Pflanze gewonnen.
  • Der pflanzliche Wirkstoff ist ein langbewährtes Heilmittel in der ayurvedischen und traditionellen chinesischen Medizin.
  • Bakuchiol wirkt vor allem entzündungs- und krebshemmend, antioxidativ, antibakteriell sowie antiviral.
  • Im Bereich der Hautpflege deckt es drei große Einsatzgebiete ab: die Anti-Aging-Pflege sowie die Behandlung von Akne und Hyperpigmentierung.

Anwendungsgebiete von A – Z

Der traditionelle Gebrauch zeigt: Der Babchi-Pflanze werden zahlreiche Eigenschaften nachgesagt. Die Liste der Einsatzgebiete ist extrem lang und die Wirkung variiert je nach Pflanzenart und Pflanzenteil sowie den jeweils enthaltenen Inhaltsstoffen. Moderne Untersuchungen weisen auf verschiedenste pharmakologische Effekte hin: Beispielsweise wirken die einzelnen Substanzen entzündungshemmend, antibakteriell, antiviral, antimykotisch oder antioxidativ. Darüber hinaus sind sie krebshemmend, schützen vor Osteoporose und regulieren die Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems, des Nervensystems sowie des Immunsystems. 

Auch Bakuchiol ist ein Multi-Target-Wirkstoff mit verschiedenen Wirkmechanismen und Effekten an unterschiedlichen Organen sowie bei vielfältigen Krankheiten. Neuere Studien ergaben beispielsweise, dass Bakuchiol eine Rolle bei der Vasodilatation, also der Gefäßerweiterung, spielt und damit den Blutdruck senken kann. Außerdem schützt es aufgrund estrogenartiger Effekte vor Knochenschwund. Weiterhin hat es in präklinischen Modellen antikanzerogene Wirkung gezeigt, etwa indem es antiandrogen in Prostatakrebszellen wirkt oder bei Lungenkrebs die Zellproliferation hemmt. Antiinflammatorische Eigenschaften wurden in zahlreichen Studien an Ratten und in vitro beobachtet. 

Hier hemmt Bakuchiol die Degranulation von Neutrophilen und senkt die Zellmigration und Produktion von Prostaglandin E2, einem entzündungsfördernden Botenstoff. Ebenso wird weniger Leukotrien B4 gebildet. Das alles macht Bakuchiol zu einem vielversprechenden Wirkstoff bei entzündlichen Erkrankungen. Positive Effekte waren bereits für allergische Rhinitis zu verzeichnen – bisher allerdings nur im Tierversuch. Weiterhin deuten Studiendaten auf den potenziellen Nutzen bei der Mundgesundheitspflege hin. Hier hat Bakuchiol einen starken antimikrobiellen Effekt gegenüber Streptococcus-, Enterococcus- und Lactobacillus-Stämmen, die zu Munderkrankungen beitragen. Bakuchiol wirkt, indem es die Zellmembran von Bakterienstämmen zerstört, die DNA-Polymerase hemmt und die Biofilmproduktion von bestimmten Erregern reduziert.

Bakuchiol in der Hautpflege

Als wahrer Renner entpuppt sich Bakuchiol derzeit in der Kosmetikbranche, und zwar als sanftere, verträglichere Alternative zu Retinol. So führte eine Creme mit 1 % Bakuchiol bei 60 Testpersonen jeweils mit empfindlicher Haut – Neurodermitis, Rosazea und Intoleranz gegenüber kosmetischen Produkten – zu keinerlei Auffälligkeiten. Als zugelassenes Mittel in der Hautpflege ist Bakuchiol (Handelsname: Sytenol A) meist in Konzentrationen von 0,5 bis 1 % auf dem Markt und findet sich in zahlreichen Pflegeprodukten. 

Dazu zählen Masken, Lotionen, Seren und Cremes oder Gesichtsöle (z. B. in Avène Dermabsolu verjüngende Augenpflege, Dermasence Hyalusome Retinol Serum plus regenerierendes Serum mit Retinol und Bakuchiol, Lavera Straffende Tagespflege, Nivea Cellular Expert Lift Pflegeserie, Santaverde Bakuchiol Drops). Im Bereich der Haut deckt Bakuchiol drei große Einsatzgebiete ab: die Anti-Aging-Pflege sowie die Behandlung von Akne und Hyperpigmentierung.

Anti-Aging-Effekte

Verschiedene Studien bestätigen die positiven Auswirkungen von Bakuchiol auf die Hautalterung. Es wirkt hier antioxidativ, indem es die Lipidperoxidation in den Mitochondrien verhindert und somit die Produktion freier Sauerstoffradikale und oxidativen Stress. Zudem erhöht Bakuchiol die Zellaktivität, reduziert feine Linien und Fältchen und regt die Elastin- und Kollagenbildung an. Laut einer im International Journal of Cosmetic Science veröffentlichten Studie lässt Bakuchiol die Haut wieder straffer erscheinen – nach zweimal täglicher Anwendung über zwölf Wochen. Nach drei Monaten wurde auch eine verbesserte Hautpigmentierung sichtbar. 

Zu beachten gilt allerdings: Die Studie lief nicht placebokontrolliert und nur mit einer kleinen Teilnehmerzahl von lediglich 17 Probanden. Eine weitere Studie zeigt, dass Bakuchiol die lichtbedingte Hautalterung beeinflussen und Hautschäden rückgängig machen kann. Diese randomisierte Doppelblindstudie verglich topisch angewendetes Bakuchiol und Retinol hinsichtlich Lichtalterung im Gesicht bei 44 Patienten über zwölf Wochen. Beide Wirkstoffe verringerten signifikant die Faltenoberfläche und Hyperpigmentierung. Allerdings berichteten die Retinolanwender häufiger über Nebenwirkungen wie Schuppen und Brennen der Haut.

Weniger Akne, weniger Hyperpigmentierung

Bakuchiol punktet nicht nur im Anti-Aging-Bereich, sondern auch durch seine Effekte bei unreiner Haut. Eine Studie mit Patienten mit milder bis moderater Akne ergab nach zwölf Wochen folgende Wirkung: Bakuchiol reguliert die überschüssige Talgproduktion, reduziert die Zahl entzündlicher Läsionen und verbessert bestehende postinflammatorische Hyperpigmentierung, also sogenannte Pickelmale, bei Patienten mit dunklem Hauttyp. Die nachlassende Hyperpigmentierung lässt sich folgendermaßen erklären: Bakuchiol greift in die Melaninsynthese ein, blockiert die Aktivität des α-Melanozyten-stimulierenden Hormons und hemmt die Tyrosinase. Damit unterbindet es die cutane Melaninproduktion.

Bakuchiol – die sanftere Alternative zu Retinol?

Bakuchiol und Retinol sind strukturell verschieden, ähneln sich aber in ihren Eigenschaften. So induzieren beide Verbindungen ähnliche Genexpression in der Haut und zeigen vergleichbare Effekte hinsichtlich Akne und Anti-Aging. Allerdings gibt es auch gewisse Unterschiede. Diese betreffen:

  • die Verträglichkeit: Topische Retinoide verursachen häufig Nebenwirkungen an der Haut wie Rötungen, Irritationen, Abschilferung, Überempfindlichkeit gegen UV-Strahlen sowie trockene Augen und Lippen. Dagegen ist Bakuchiol besser verträglich und somit auch für empfindlichere Haut geeignet.
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Retinoide sind streng kontraindiziert. Nach derzeitigem Wissensstand zeigt Bakuchiol keine negativen Auswirkungen auf die Schwangerschaft. Es sind aber nur wenige Daten dazu verfügbar.
  • Lichtempfindlichkeit: Retinol macht die Haut anfälliger für UV-Schäden, daher sollten entsprechende Produkte nur abends angewendet werden. Im Gegensatz zu Retinol wird die Haut durch Bakuchiol nicht lichtempfindlicher, sodass der Wirkstoff auch morgens oder tagsüber aufgetragen werden kann.

Bakuchiol: völlig unproblematisch?

Gereinigte Isolate von Bakuchiol sind gut hautverträglich. Selten tritt eine leichte Rötung beim ersten Gebrauch auf, nur in Einzelfällen wird über eine Kontaktdermatitis berichtet. Doch wie kommt es zu unerwünschten Hautreaktionen? Verantwortlich dafür sind ungereinigte Extrakte aus Psoralea corylifolia, die neben Bakuchiol auch Psoralene und Furocumarine enthalten. Diese können die Empfindlichkeit der Haut gegenüber ultravioletter Strahlung erhöhen und fototoxische Nebenwirkungen verursachen. Ansonsten steht fest: Laut Daten aus In-vitro-Studien und In-vivo-Modellen sind Wurzel, Blätter und Samen-Extrakte von Psoralea corylifolia nachweislich unbedenklich – solange sie in der empfohlenen Dosis angewendet werden. 

Bei übermäßigem Gebrauch und zu langer Anwendung können jedoch Nebenwirkungen auftreten. Jüngste klinische Berichte deuten darauf hin, dass die Behandlung mit der Frucht der Babchi-Pflanze, einer wesentlichen Quelle für Bakuchiol, mit einem erhöhten Risiko von Leberschäden verbunden ist. Denn Bakuchiol (50 mg / kg) konnte die Expression des Gallensäuretransporters in der Leber von Mäusen signifikant fördern, was zu einem abnormen Anstieg der Gallensäurekonzentration führte. Zudem kann Bakuchiol auch nephrotoxisch wirken, vor allem in Kombination mit anderen natürlichen Inhaltsstoffen, die an der metabolischen Entgiftung von Bakuchiol beteiligt sind. Für die Anwendung in der Schwangerschaft gilt: Die Sicherheit wurde nicht untersucht, deshalb sollte der Wirkstoff hier nur mit Vorsicht angewendet werden.

Wie erkläre ich es meinen Kunden?

  • „Bakuchiol verhindert die Hautalterung, lässt Ihre Haut straffer erscheinen und mildert Pigmentflecken.“
  • „Dieser pflanzliche Wirkstoff ist sanfter und verträglicher als Retinol, bei gleichem Effekt.“
  • „Bakuchiol macht Ihre Haut nicht lichtempfindlicher. Sie können die Creme also auch tagsüber auftragen.“

Und in Zukunft?

Bakuchiol und weitere Inhaltsstoffe von Psoralea corylifolia könnten die Entwicklung potenzieller neuer Heilmittel ermöglichen. Allerdings sind weitere umfangreiche Forschungsarbeiten erforderlich. Diese sollten sich vor allem mit der Sicherheit der Substanzen und einer geeigneten Qualitätskontrolle beschäftigen. Bisher basieren die meisten pharmakologischen Studien auf reinen Tier- und Zellexperimenten oder lediglich kleinen Probandenzahlen. Zukünftig sind zusätzlich randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudien wünschenswert sowie Studien zur Dosisoptimierung von Extrakten, Langzeitstudien zur Toxizität und Daten zu Interaktionen mit anderen Wirkstoffen. •

Dr. Ines Winterhagen

Fachapothekerin für Offizinpharmazie

Neustadt/Weinstraße

autor@ptaheute.de