Von Streuselkuchen und Drohungen – So lief der Start der Maskenausgabe
Die Nachfrage nach den von Apotheken kostenfrei verteilten FFP2-Masken für über 60-Jährige und Risikopatienten ist groß. Zum Start der Aktion am Dienstag standen die Kunden vor vielen Apotheken Schlange. Manch Inhaber:in berichtete, dass mehrere Tausend Masken, die am Vortag eingetroffen waren, schon am Vormittag vergriffen waren. „Insgesamt haben wir 20.000 Masken bei drei Lieferanten bestellt, jetzt warten wir auf die nächste Lieferung“, sagte beispielsweise Apothekeninhaber Axel Pudimat aus Rostock. Nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vergangene Woche die kostenlose Ausgabe von FFP2-Masken an über 60-Jährige und chronisch Kranke angekündigt hatte, gaben ihm zufolge Apotheken bundesweit Bestellungen auf. Pudimat schätzt, dass aufgrund der Kürze der Zeit und der großen Zahl an Bestellungen am Dienstag nicht alle Apotheken die kostenlosen Masken ausgeben konnten.
Zu Problemen kam es am Dienstag vor allem, weil nur wenig Zeit für die Umsetzung geblieben war, kritisierte auch Kai-Peter Siemsen, Apotheker und Kammerpräsident in Hamburg. Letzten Mittwoch erst habe er aus der Zeitung von den Plänen des Gesundheitsministers erfahren. „Mit einer besseren Vorbereitung hätten Risikopatienten nicht in langen Schlangen stehen müssen“, betonte er.
Eine PTA äußerte sich in den sozialen Netzwerken sehr deutlich, was sie von der Maskenaktion so kurz vor dem Lockdown hält: „Der harte Lockdown ab Mittwoch wurde geplant, weil die Zahlen explodieren. So weit, so überfällig. Und gleichzeitig schicken Jens Spahn und Co. einen Tag vorher die komplette Gruppe der Risikopatienten auf die Jagd nach kostenlosen Masken in die Apotheken. Wie würde Torsten Sträter sagen? ‚Merkste selber, oder?‘“
Zur Erinnerung: So viele FFP2-Masken gibt es pro Person
Jeder Berechtigte soll insgesamt 15 FFP2-Masken bekommen: Im ersten Anlauf (bis 6. Januar) sind es drei. Für weitere sechs Masken sollen die Betroffenen Anfang 2021 von ihrer Krankenkasse einen Bezugsschein erhalten, ebenso für noch einmal sechs Masken etwas später. FFP2-Masken gelten richtig getragen als wirksam zur Verhütung einer Corona-Infektion, sie bieten aber keinen 100-prozentigen Schutz.
„Die Menschen stehen Schlange“
„Hier ist die Hölle los“, sagte der Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein Kai Christiansen. Alleine in seinen beiden Apotheken in Gelting und Steinbergkirche (beide Kreis Schleswig-Flensburg) hätten knapp 600 Kunden am Vormittag bereits rund 1.800 FFP2-Masken erhalten. „Wir haben normal 200 Kunden am Tag“, sagte Christiansen. Andere Apotheker:innen berichteten ebenfalls von enormem Andrang. „Die Menschen stehen Schlange.“ Gegen Ende der Woche werde sich die Lage voraussichtlich beruhigen. Den allermeisten Apotheken sei es gelungen, innerhalb kürzester Zeit die „logistische Meisterleistung zu stemmen“ und ausreichend Masken für die erste Nachfrage bereitzustellen, sagte Nina Grunsky, Sprecherin des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe. Nur vereinzelt würden Apotheken auf Nachschub warten. „Die Kollegen tun alles, um die Patienten zu versorgen“, versicherte sie. Weitere Lieferungen würden kontinuierlich erwartet, berichteten beide Verbände. „Es besteht überhaupt kein Grund, die Apotheken zu stürmen“, sagte Thomas Preis. „Wir rechnen damit, dass nach und nach alle berechtigten Patienten bis Weihnachten ihre drei kostenlosen FFP2-Masken erhalten haben“, sagte er weiter. Er riet, die Abholung der Masken mit einem ohnehin geplanten Apotheken-Besuch zu verbinden, um doppelte Wartezeiten zu vermeiden. „Viele haben auch durchaus einen hohen Beratungsbedarf, wie die Maske zu tragen ist und was es zu beachten gilt“, sagte er weiter.
Zur Erinnerung: Was ist beim Aufsetzen der Maske wichtig?
Damit die Maske ihre Schutzwirkung über acht Stunden behält, müssen beim Aufsetzen, Absetzen und Trocknen der Maske bestimmte Hygieneregeln beachtet werden.
- Vor dem Anlegen einer Mund-Nasen-Bedeckung sollten Sie sich nach Möglichkeit gründlich die Hände waschen (mindestens 20 Sekunden mit Seife).
- Achten Sie beim Aufsetzen darauf, dass die Alltagsmaske Mund und Nase vollständig bedeckt und an den Rändern möglichst eng anliegt.
- Während des Tragens sollten Sie die Mund-Nasen-Bedeckung nicht berühren und nicht verschieben.
- Eine durchfeuchtete Mund-Nasen-Bedeckung sollte gewechselt werden.
- Zum Abnehmen fassen Sie die Mund-Nasen-Bedeckung am besten an den seitlichen Bändern an.
- Nach dem Absetzen der Mund-Nasen-Bedeckung die Hände waschen, sobald Sie die Möglichkeit dazu haben.
- Entsorgen Sie Einwegmasken nach dem Tragen in einem Mülleimer.
- Bewahren Sie wiederverwendbare Mund-Nasen-Bedeckungen vorübergehend in einem separaten Beutel auf. Zu Hause können Sie die Mund-Nasen-Bedeckung auch zum Trocknen aufhängen. Quelle: infektionsschutz.de
Streuselkuchen, Blumensträuße und Dankbarkeit
Neben sehr vielen Beschimpfungen, Drohungen wie „na dann passen Sie mal schön auf, wenn Sie nach Hause gehen, wenn Sie meinen, Sie könnten mir meine Masken vorenthalten“ und Kunden, die offen zugaben, dass sie in mehreren Apotheken so viele Masken wie möglich besorgen wollen, gab es auch Positives zu vermelden. So schrieb beispielsweise eine PTA bei Facebook: „Highlight des Tages: Kundin quetscht sich an der gefühlt hundert Meter langen Schlange an wartenden Maskenjägern vorbei, läuft gezielt auf die mittlere Kasse zu und legt ein Blech leckersten Streuselkuchen ab mit den Worten: ‚Ihr seht aus, als ob ihr das jetzt braucht.‘“ Eine andere PTA postete ein Bild von einem Blumenstrauß und auch ein Softdrinkanbieter versorgte wohl einige Apotheken mit kostenlosen Energy-Drinks.
Und was ist mit DocMorris & Co.?
Pharmaziestudent Benedikt Bühler, der durch seine Petition für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bekannt wurde, fragt sich: „Wieso haben eigentlich die Versender, seien es die deutschen oder auch die ausländischen, nicht einfach den Versand der ersten drei Masken mit übernommen? Es wäre doch ganz einfach gewesen. Ein Risikopatient füllt eine Art Bestellformular aus, gibt an, wieso er berechtigt ist, und die Versender schicken die Masken nach Hause. So hätten sich Senioren und Risikopatienten nicht in der Hochrisikozeit in die teils langen Schlangen einreihen müssen und die Apotheken vor Ort hätten auch Zeit gehabt, sich zu angemessenen Preisen ausreichend zu bevorraten, ehe dann der Ansturm im Januar und Februar auf die zweimal sechs Masken startet“, so Bühler. In dem Verordnungsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium steht dazu Folgendes: Damit die Ausgabe in der ersten Phase, also bis einschließlich 6. Januar 2021, zügig umgesetzt werden kann, „sollen die Schutzmasken durch inländische Apotheken im Rahmen eines unkomplizierten und bürokratiearmen Verfahrens, das auf ortsnahe Apotheken ausgerichtet ist, abgegeben werden“. Die Versender sollen jedoch in der zweiten Phase der Maskenausgabe ins Spiel kommen. Hier werden ausdrücklich Versandapotheken aus anderen EU-Mitgliedstaaten als mögliche Masken-Ausgeber genannt. „So haben DocMorris und Co genau die Zeit, die den Vor-Ort-Apotheken gefehlt hat“, kritisiert Bühler. Bühler sagt aber auch, dass Aufgaben wie diese Maskenausgabe in der Pandemie „eine der wichtigsten Aufgaben der Apotheke vor Ort und eine super schnelle logistische und menschliche Leistung“ sei und dem Image der Apotheken vor Ort sicher gut tue. Der Zukunftspakt Apotheke bietet beispielsweise nun auf seiner Plattform ia.de einen zusätzlichen Service für Risikogruppen an: Anspruchsberechtigte können online ihre kostenlosen Schutzmasken vorbestellen und in der Vor-Ort-Apotheke abholen.
Krankenkassen brauchen Zeit für die Coupons
Bei der ersten Welle der Maskenausgabe spielen die Krankenkassen noch keine Rolle. Die anspruchsberechtigten Personen haben aber im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum Ablauf des 28. Februar 2021 erneut einen Anspruch auf sechs Schutzmasken, ebenso nochmal im Zeitraum vom 16. Februar 2021 bis zum Ablauf des 15. April 2021. „Der Anspruch auf die Schutzmasken entsteht dem Grunde nach mit dem Beginn des jeweils genannten Zeitraums und darf bis zum Ende des jeweils genannten Zeitraums erfüllt werden“, heißt es. Hintergrund ist, dass die Zeit für die Kassen und privaten Versicherer beziehungsweise die Bundesdruckerei, die die fälschungssicheren Bescheinigungen bereitstellen soll, zuvor offenbar zu knapp bemessen war.