Maßnahmen gegen Personalengpässe in der Corona-Pandemie: Künftig längere Arbeitszeiten für Apothekenpersonal?
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf für eine COVID-19-Arbeitszeitverordnung vorgelegt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat dabei von einer der neuen Rechtsgrundlagen Gebrauch gemacht, die Ende März im Schnelldurchgang vom Parlament beschlossen wurden.
Seit dem 28. März sieht § 14 Absatz 4 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) vor, dass das BMAS im Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ohne Zustimmung des Bundesrats für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen von Arbeitszeitvorschriften per Rechtsverordnung erlassen kann. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeiten, für die die Ausnahmen gelten sollen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sind.
Für befristete Zeit längere Arbeitszeiten möglich
Mit der Corona-Pandemie liege nun ein außergewöhnlicher Notfall vor – um ihn zu bewältigen, „können für eine befristete Zeit auch längere Arbeitszeiten, kürzere Ruhezeiten sowie die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen für bestimmte Tätigkeiten notwendig sein“, heißt es im Referentenentwurf, der DAZ.online vorliegt. Vorgesehen ist, dass die Sonderregelungen bis zum 31. Juli 2020 gelten – dann soll die Verordnung automatisch außer Kraft treten.
Apotheken ausdrücklich eingeschlossen
Vom Verordnungsentwurf erfasst sind nur bestimmte Tätigkeiten, die in der Verordnung abschließend aufgezählt sind. Dazu gehören unter anderem die Produktion, das Verpacken, Liefern und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln, Medizinprodukten und anderen apothekenüblichen Artikeln. Erfasst sind zudem medizinische oder pflegerische Tätigkeiten, aber auch solche in Gerichten, Behörden, der Energie- und Wasserversorgung, der Abfallentsorgung und „Verkaufsstellen“, zu denen ausweislich der Begründung auch Apotheken zählen. Ausdrücklich eingeschlossen sind auch Lieferdienste von Apotheken.
Bis zu zwölf Stunden täglich
In diesen Berufen darf die Arbeitszeit abweichend von den Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes von derzeit acht auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden – gegebenenfalls sogar darüber hinaus. „Dies gilt nur, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende, organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann“, heißt es jedoch einschränkend. Die wöchentliche Arbeitszeit darf 60 Stunden nicht überschreiten – dringende Ausnahmefälle bestätigen auch hier die Regel.
Auch sonn- und feiertags kann gearbeitet werden
Die tägliche Ruhezeit kann um bis zu zwei Stunden verkürzt werden, darf aber neun Stunden nicht unterschreiten. Voraussetzung ist, dass innerhalb von vier Wochen ein Ausgleich stattfindet, möglichst in Form freier Tage. Das Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot wird gelockert, um, wenn es nötig ist, auch dann zu arbeiten. Der Grundsatz bleibt: Zulässig ist das nur, wenn die Arbeit nicht an Werktagen erledigt werden kann. Bis zu zwölf Stunden dürfen es auch an diesen Tagen sein. Ein Ersatzruhetag muss innerhalb von acht Wochen gewährt werden.
Andere Regelungen bleiben unberührt
Da die Verordnung neben andere Vorschriften, insbesondere aktuelle Allgemeinverfügungen der Länder tritt, regelt sie auch, dass diese anderen Regelungen in Kraft bleiben, soweit sie längere Arbeitszeiten ermöglichen oder für Tätigkeiten gelten, die im Verordnungsentwurf nicht genannt sind.
Unberührt bleibt § 14 ArbZG, wonach der Arbeitgeber in außergewöhnlichen Fällen von den dort genannten Vorschriften abweichen kann, ohne dass es einer Genehmigung der Arbeitsschutzbehörde bedarf.