Kommunikation mit Alltagsmasken: Tipps für ein besseres Verständnis
So laut wie während der Coronavirus-Pandemie war es wohl selten in deutschen Apotheken: Durch Plexiglasscheibe und Maske hindurch versteht man die Kunden ohnehin schon schlecht, und wenn der Kollege am HV-Tisch nebenan deswegen lauter spricht als üblich, muss man auch dagegen noch anreden. Das schafft Probleme, auch hinsichtlich der gebotenen Diskretion bei der Beratung.
Verständigung durch Maske erschwert
Luna Mittig arbeitet mit ihrer Stimme. Eine Maske zu tragen, ist für sie deshalb eine besondere Herausforderung. „Man wird akustisch schlechter verstanden, vor allem, wenn man nicht extrem deutlich oder laut spricht.“ Mittig ist ausgebildete Stimm- und Sprechtrainerin und gibt Führungen im Museum für Kommunikation in Nürnberg – was mit Maske deutlich anstrengender ist, wie sie findet. Für sie selbst, aber auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer.
Langsam sprechen und betonen
„Das ist wie bei einer Fremdsprache“, erläutert Mittig. „Weil die Stimme gedämpft ist und die Mimik fehlt, fällt ein Teil der Informationen weg, die wir unbewusst wahrnehmen.“ Deshalb hat sie ihre Kolleginnen und Kollegen im Museum darin geschult, wie sie trotz Maske und größerem Abstand besser verstanden werden.
Denn einfach nur lauter reden, bringt es oft nicht – das lässt sich täglich auch in der Apotheke beobachten. „Man muss sich selbst disziplinieren, langsamer zu sprechen, kürzere Sätze zu verwenden und mehr Wert auf die Betonungen zu legen“, erklärt Mittig. Und mehr gestikulieren: „Das, was man im Gesicht wegen der Maske nicht sieht, muss man mit Händen und Füßen machen.“
Die Mimik macht den Unterschied
„Das Gesicht ist deutlich beredter als der Rest des Körpers“, erklärt Mimikforscher Stefan Lautenbacher von der Universität Bamberg das Hauptproblem. „Die Mimik besteht grob gesagt aus zwei Bereichen: Das Feld um den Mund herum, das viel signalisiert, und das Feld um die Augen herum, das bis in die Stirn hinein geht: Wir können die Augenbrauen hochziehen, die Stirn runzeln, die Augen eng stellen oder öffnen.“
Bei Erwachsenen sei der Gesichtsausdruck nicht ganz so wichtig, weil sich viel aus dem Kontext erschließe und Erwachsene sich zudem sprachlich sehr gut ausdrücken könnten. „Wir müssen nicht traurig gucken, weil wir sagen können, dass wir traurig sind.“ Kinder hingegen bräuchten dieses zweite Signalsystem stärker, auch wenn die Maske die Mimik nicht komplett verdecke, sondern nur reduziere.
Wiedererkennung erschwert
Ein weiteres Problem: „Sie erkennen einen Menschen nicht einfach an den Augen oder dem Mund, sondern an der Konfiguration, also den Abständen, der räumlichen Zuordnung der einzelnen Teile eines Gesichtes“, erläutert Lautenbachers Kollege Claus-Christian Carbon. „Wir nehmen ein Gesicht grundsätzlich holistisch auf, also ganzheitlich.“ Allerdings erst ab einem Alter von etwa zehn, zwölf Jahren – so lange dauert der Lernprozess. „Wenn uns jetzt aber ein Teil einfach weggeschnitten wird durch die Maske, funktioniert diese holistische Verarbeitung nicht richtig, weil uns entscheidende Informationen fehlen“, erläutert Carbon. Andere Menschen ließen sich dadurch schwerer wiedererkennen.
Verborgene Emotionen
Und es gibt noch ein Problem: „Es gibt einige Emotionen, die wir ganz charakteristisch jeweils mit dem Mund oder den Augen machen: Ekel, Trauer, Wut drücken wir stark mit dem Mund aus, Freude etwa über die Augen.“ Wenn jetzt gut die Hälfte des Gesichtes durch eine Maske verdeckt werde, geht zwischenmenschlich leicht was schief, berichtet Carbon. „Ganz viele charakteristische Emotionen werden nicht erkannt und als eher neutral interpretiert oder fälschlicherweise als eine andere Emotion erkannt.“ Beispielsweise werde Ekel häufig als Wut missverstanden.
Das Problem lässt sich mit dem einen oder andere zusätzlichen Wort leicht lösen. „Wir Menschen nördlich der Alpen neigen dazu, eher ein bisschen zu wenig zu reden“, findet Carbon. „Aber es schadet uns ja nicht, dass wir manche Sachen etwas explizit machen, auch wenn es etwas mehr Kraftaufwand bedeutet.“ Quelle: dpa