Neuer Therapieansatz: Entzündungshemmung ohne Schwächung der Infektabwehr
Antivirale Warnsysteme
Interferone (IFN) gehören zu den Zytokinen. Sie sind wichtige Botenstoffe unseres Immunsystems im Kampf gegen Viren. Die verschiedenen Interferone werden in unterschiedliche Gruppen eingeteilt – unter anderem in die Typ-1-Interferone, zu denen IFN-α und -β gehören, und in die Typ-3-Interferone, zu denen IFN-λ gehört. Wenn einzelne Zellen im Körper eine Virusinfektion erkennen, produzieren sie Interferone, um umliegende Zellen zu warnen. Typ-3-Interferone schützen gezielt jene Zellen, welche eine nach außen gerichtete Infektionsbarriere darstellen (z. B. Epithelzellen). Hingegen wirken Typ-1-Interferone auf fast alle Zellen im Körper.
Wenn Typ-1-Interferone außer Kontrolle geraten
Bei einigen Erkrankungen kommt es jedoch aufgrund einer unkontrollierten Überaktivierung des Typ-1-Interferonsystems zu chronischen Entzündungsprozessen, sodass die Gabe antientzündlicher Medikamente erforderlich ist. Diese haben aber den unerwünschten Effekt, dass sie auch andere Teile des Immunsystems unterdrücken und daher das Infektionsrisiko erhöhen. Freiburger Forscher haben nun eine Entdeckung gemacht, die eine differenziertere Behandlung ermöglichen könnte.
Unterdrückung des Typ-1-Interferonsystems
Die Wissenschaftler stießen auf einen Unterschied in der Signalweiterleitung zwischen Typ-1- und Typ-3-Interferonen. So ist die Signalweiterleitung beim potenziell krankmachenden Typ-1-Interferonsystem stark von der Funktionsfähigkeit eines bestimmten Enzyms abhängig – der Tyrosinkinase 2 (TYK2). Beim Typ-3-Interferonsystem ist dies nicht so der Fall. Konsequenterweise ließ sich durch eine selektive Hemmung der Tyrosinkinase 2 die unerwünschte Typ-1-Interferon-Wirkung unterdrücken, während die erwünschte schützende Typ-3-Interferon-Wirkung erhalten blieb. Im Mausmodell konnten die Forscher auch zeigen, dass Typ-3-Interferone bei Ausschaltung der Tyrosinkinase 2 vor einer schweren Influenza-Infektion schützen.
Auch gegen COVID-19-Zytokinsturm wirksam?
Die neuen Erkenntnisse könnten Patienten zukünftig die Chance auf eine Therapie mit niedrigerem Infektionsrisiko eröffnen. Ein entsprechender Tyrosinkinase-2-Inhibitor befindet sich bereits in klinischer Prüfung bei Psoriasis. Es soll nun außerdem geprüft werden, ob eine solche selektive Hemmung der Tyrosinkinase 2 auch bei COVID-19-Erkrankungen Schäden durch überschießende Immunreaktionen reduzieren könnte. Schwere COVID-Krankheitsverläufe sind ja häufig mit dem gefürchteten Zytokinsturm – einer massiven Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen – verbunden. Quellen: Universitätsklinikum Freiburg; Bristol Myers Squibb