mRNA-Impfstoffe: Verunreinigung mit DNA?
Zahlreiche Arztpraxen erhielten kürzlich ein Fax-Schreiben eines „Medizinischen Behandlungsverbunds“, in dem auf angebliche Haftungsrisiken bei der Anwendung von mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 hingewiesen wurde. Aufgrund angeblich vorhandener DNA-Verunreinigungen in den Impfstoffen wurde von einer weiteren Verwendung der Vakzinen gewarnt.
Für Verunsicherung sorgte, dass der Text fälschlicherweise mit dem Logo der bekannten Rote-Hand-Briefe versehen war. Das Paul-Ehrlich-Institut hatte umgehend auf das irreführende Schreiben reagiert und darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Fälschung handelt und der Inhalt nicht dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse entspricht. Das Rote-Hand-Zeichen wurde in dem Schreiben ohne Einverständnis des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie verwendet, auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) wies auf die Fälschung hin.
Um DNA-Verunreinigungen der mRNA-Impfstoffe ging es auch in einem Beitrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), der am 12. Dezember unter dem Titel „Corona-Impfstoffe in der Kritik: Was ist dran?“ ausgestrahlt wurde. Die Journalisten berichten darin, dass verschiedene Chargen der mRNA-Impfstoffe erhebliche Mengen an fremder DNA enthielten und dass diese DNA zu Zellveränderungen beim Menschen führen könne. Der Beitrag ist mittlerweile aus der Mediathek entfernt worden.
Wie kann DNA in die Impfstoffe gelangen?
Die Impfstoffe enthalten bekanntlich bestimmte Erbinformationen von SARS-CoV-2 in Form von messenger-RNA (mRNA). Diese gelangt nach der Impfung in die Körperzellen und daraufhin wird das Spike-Protein als Antigen gebildet. Zur Herstellung der mRNA wird DNA als Vorlage benötigt, diese enthält genau die Bauplaninformation des Spike-Proteins.
In der frühen Entwicklungsphase von Comirnaty® wurde diese DNA im Reagenzglas durch eine Polymerase-Kettenreaktion gewonnen. Mit Hilfe einer solchen PCR-Reaktion können geringe Mengen an Ausgangs-DNA vervielfältigt werden. Im weiteren Verlauf der Impfstoffproduktion wurde der Herstellungsprozess umgestellt und die benötigte DNA als Plasmid-DNA aus Bakterien gewonnen.
Bei Plasmiden handelt es sich um ringförmige DNA-Stücke, die in einem Bakterium zusätzlich zur normalen Erbinformation vorkommen können. Aus einem DNA-Abschnitt, der aus Plasmiden gewonnen wird, können dabei mehr als 500 mRNA-Stränge erhalten werden. Bei beiden Herstellungsmethoden können produktionsbedingte Verunreinigungen des Impfstoffs mit DNA auftreten.
Gut zu wissen: Wie geht die Herstellung weiter?
Nachdem die DNA in mRNA umgeschrieben wurde, wird diese mit kleinen Fett-Tröpfchen umhüllt. Diese Lipid-Nanopartikel stabilisieren die mRNA und sorgen dafür, dass diese von den Körperzellen aufgenommen werden kann. Anschließend wird die mRNA zusammen mit verschiedenen Salzen zur Stabilisierung des pH-Werts, Saccharose und Wasser für Injektionszwecke in Durchstechflaschen abgefüllt. Anschließend wird der Impfstoff bei –75 °C ((± 15 ° C) schockgefroren.
Reinigung der Impfstoffe: Grenzwert für mögliche Rest-DNA
Am Ende der Herstellung werden die Impfstoffe mit Hilfe eines Filtrationsverfahrens von produktionsbedingten Fremdstoffen gereinigt. Vor der Freigabe einer Charge der mRNA-Impfstoffe muss zudem der Rest-DNA-Gehalt quantifiziert werden, dabei dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden.
Das Paul-Ehrlich-Institut als zuständige Behörde hat betont, dass alle Chargen für den deutschen Markt den Qualitätsanforderungen entsprechen. Für die Überprüfung zentral zugelassener Impfstoffe, zu denen auch die mRNA-Impfstoffe gehören, ist das amtliche Arzneimittelkontrolllabor im europäischen OMCL-Netzwerk (Official Medicines Control Laboratory) zuständig. Diese Institution überprüft mittels Dokumentenprüfung, ob der Grenzwert für den Rest-DNA-Gehalt eingehalten wird.
Trotz Grenzwert erhöhte Mengen an Rest-DNA – warum?
Obwohl Grenzwerte für möglicherweise enthaltene DNA existieren, wird momentan die Diskussion um deutlich erhöhte Werte in den Impfstoffen geführt. Grundlage dafür ist unter anderem eine Arbeit des Forschers Kevin McKernan und seinen MitarbeitendenOSF Preprints: ´Sequencing of bivalent Moderna and Pfizer mRNA vaccines reveals nanogram to microgram quantities of expression vector dsDNA per dose´ . Die Daten dieser Untersuchung wurden bisher jedoch nicht in einer anerkannten wissenschaftlichen Zeitung veröffentlicht, sondern stammen von einem Preprint, welches noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hat.
Zur Erinnerung: Was ist ein Preprint?
Bei einem Preprint handelt es sich um einen wissenschaftlichen Beitrag, der noch nicht von Fachkollegen begutachtet worden ist. Erst in einem Peer-Review-Verfahren prüfen Experten aus dem jeweiligen Fachgebiet die Arbeit vor einer Veröffentlichung. Für wissenschaftliche Publikationen stellt dies eine wesentliche Qualitätskontrolle dar.
Die Autoren sind Mitarbeitende der Firma Medical Genomics. Die untersuchten Impfstoff-Fläschchen haben sie nach eigenen Angaben anonym und ohne Kühlung auf dem Postweg erhalten – immerhin waren die Durchstechflaschen ungeöffnet.
Wird ein mRNA-Impfstoff auf vorhandene DNA untersucht, kann eine vorherige unsachgemäße Lagerung das Ergebnis verfälschen. Denn: Die Konzentration an DNA wird parallel zur RNA-Konzentration in der Einheit ng DNA/mg RNA bestimmt. Ribonukleinsäure ist dabei empfindlicher als Desoxyribonukleinsäure. Bei einem Impfstoff, bei dem die geforderten Lagerungsbedingungen nicht eingehalten werden, steigt daher mit der Degradation der RNA der scheinbare Gehalt an DNA-Verunreinigung an.
Kann bereits eine geringe Menge an DNA gefährlich sein?
Auch wenn nur äußerst niedrige Mengen an DNA in den Impfstoffen enthalten sein können, fragen sich sicherlich viele Menschen, ob dies biologische Konsequenzen haben kann. Schließlich gelangt die mRNA mit Hilfe ihrer Verpackung mit Lipid-Nanopartikeln in die menschliche Zelle, das gilt dann auch für möglicherweise enthaltene DNA.
Damit diese Fremd-DNA tatsächlich in das menschliche Genom eingebaut wird, müsste diese aber noch zusätzlich in den Zellkern gelangen. Das passiert nur in sehr seltenen Fällen, denn dazu müsste die DNA eine bestimmte Größe aufweisen. Aus diesem Grund werden vorhandene Reste an DNA mit Hilfe von Enzymen abgebaut und überwiegend in kleinere Fragmente zerlegt. Diese verkleinerte DNA kann mit Hilfe von Reinigungsverfahren aus dem Impfstoff entfernt werden.
Der Anteil noch übrig gebliebener größerer DNA-Abschnitte muss für jede Impfstoff-Charge quantitativ bestimmt werden. Pro Impfstoffdosis liegt der Grenzwert dabei bei 10 ng DNA, das entspricht 0,00000001 g. Selbst wenn die DNA in den Zellkern gelangen würde, wäre der Einbau in das menschliche Genom also ein äußerst seltenes Ereignis. Quellen:
- https://factcheck.afp.com/doc.afp.com.33WW3U6
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/faktencheck-mrna-impfstoffe-mit-dna-verunreinigt-144296/
- https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/mitteilungen/231205-falschmeldung-rote-hand-brief-mrna-impfstoffe.pdf?__blob=publicationFile&v=8
- https://pro.biontech.com/de/de/home/mrna-technology-in-focus/so-funktioniert-die-herstellung-von-mrna-impfstoffen.html