Erste WHO-Empfehlungen zum Novavax-Impfstoff
Seit dem 20. Dezember gibt es den fünften Corona-Impfstoff für die EU, der erste Protein-basierte. Es geht um Nuvaxovid von Novavax. Die für Impfungen zuständige Strategische Expertengruppe (SAGE) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nun bereits vorläufige Empfehlungen zur Anwendung veröffentlicht.
Eignet sich Nuvaxovid für Schwangere und Stillende? Kann mit dem Novavax-Impfstoff geboostert werden und wer könnte von drei Dosen im Rahmen der Grundimmunisierung profitieren?
Wie wird geimpft?
Eine Grundimmunisierung mit Nuvaxovid umfasst zwei Impfdosen, die im Abstand von drei bis vier Wochen in den Muskel des Oberarms (Deltamuskel) gespritzt werden. Zwischen der ersten und zweiten Impfung sollten nicht weniger als drei Wochen liegen.
Nach Ansicht der WHO können bestimmte Personen – mit mäßiger oder starker Immunschwäche, sei es aufgrund von Arzneimitteln oder Erkrankungen – von einer dritten Dosis profitieren, da ihr Immunsystem auf zwei Impfdosen „wahrscheinlich unzureichend“ reagiere, erklärt die WHO.
Nuvaxovid während des Stillens?
Laut WHO können stillende Frauen in gleichem Maß wie nicht stillende Frauen mit Nuvaxovid vor COVID-19-geschützt werden. Die Weltgesundheitsorganisation hält es für „unwahrscheinlich“, dass der Protein-basierte Impfstoff ein Risiko für das gestillte Kind darstellt, da es sich bei Nuvaxovid nicht um einen Lebendimpfstoff (wie Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) handelt. Deswegen sollten auch Frauen, die während ihrer Stillzeit Nuvaxovid erhalten, das Stillen nicht pausieren.
Die WHO räumt jedoch ein, dass die Datenlange zur Impfung stillender Frauen mit Nuvaxovid dürftig ist und es derzeit keine spezifischen Daten zum möglichen Nutzen und den potenziellen Risiken gebe.
Schwangerschaft: Nutzen muss Risiken überwiegen
Wie sieht es in der Schwangerschaft aus? Schwangere Frauen mit COVID-19 haben ein höheres Risiko, schwer zu erkranken, auf der Intensivstation behandelt und invasiv beatmet werden zu müssen als nicht schwangere Frauen. Besonders gefährdet sind Frauen ab 35 Jahren, auch Übergewicht und Vorerkrankungen wie Diabetes und Bluthochdruck zählen zu den Risikofaktoren.
Eine Corona-Erkrankung während der Schwangerschaft geht zudem mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburten einher und dass das Baby nach der Geburt intensivmedizinisch betreut werden muss. Deswegen sollen sich Schwangere (und Stillende) gegen COVID-19 impfen lassen, das rät die Ständige Impfkommission (STIKO) für Deutschland. Für die Impfung von Schwangeren empfiehlt die STIKO derzeit ausschließlich Comirnaty®, also den mRNA-COVID-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer.
Was sagt die WHO nun zu Nuvaxovid? Sie orientiert sich am „Nutzen-Risiko-Profil“. Nach Ansicht der WHO kann der Novavax-Impfstoff in der Schwangerschaft angewendet werden, wenn der Nutzen der Impfung für die Schwangere die möglichen Risiken überwiegt. Sie hält es jedoch weder für erforderlich, vor einer Impfung auf eine Schwangerschaft zu testen, noch nach einer unwissentlichen Impfung in der Schwangerschaft, diese abzubrechen.
Entwicklungs- und reproduktionstoxikologische Studien an trächtigen Tieren hätten bislang keine schädlichen Auswirkungen bei den Muttertieren und deren Nachkommen gezeigt. Zurückhaltend beim Einsatz von Nuvaxovid in der Schwangerschaft ist die WHO vielleicht auch deswegen, da das bei Nuvaxovid enthaltene Adjuvans (Impfverstärker) bislang noch in keinem zugelassenen Impfstoff zum Einsatz kam.
Boostern mit Nuvaxovid?
Eine Auffrischungsdosis mit Nuvaxovid sechs Monate nach Abschluss der Grundimmunisierung führte zu robusten Antikörpererhöhungen bei den Geimpften – sowohl gegen die ursprüngliche Wuhan-Variante als auch gegen die Virusvarianten Alpha, Beta und Delta.
Zu Omikron, der SARS-CoV-2-Variante, die uns wohl in den nächsten Monaten hauptsächlich beschäftigen wird, liegen der WHO wohl noch keine Daten vor. Auch fehlen Daten zur Dauer des Schutzes.
Gemischte Impfserien mit Nuvaxovid?
Können sich nun bereits mit einem mRNA-Impfstoff oder Vektorimpfstoff Geimpfte mit Nuvaxovid boostern lassen? Die WHO unterstützt generell einen „flexiblen“ Einsatz – also auch gemischte (heterologe) Impfserien – mit jedem von der WHO empfohlenen COVID-19-Impfstoff. Sie erkennt damit auch heterologe Impfserien als vollständige Impfserie an. Nun gibt es bereits einige Daten, die Aufschluss über Sicherheit und Wirksamkeit von gemischten Impfserien – als Grundimmunisierung und Booster – geben.
Die Studie, die Nuvaxovid im Rahmen der Grundimmunisierung untersucht, wurde im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht. Erhielten die Studienteilnehmer Nuvaxovid als zweite Dosis nach einer AstraZeneca-Impfung, so war dieses Impfschema einer doppelten AstraZeneca-Impfung nicht unterlegen. Verglich man eine doppelte Biontech/Pfizer-Impfung mit einer heterologen aus Biontech/Pfizer und Nuvaxovid, so schnitt die doppelte Biontech-Impfung allerdings besser ab. Trotz einer Unterlegenheit erhöhte Nuvaxovid dennoch die Antikörpertiter robust um das 18-fache (gemessen nach 28 Tagen).
Wie sieht es beim Boostern mit Nuvaxovid aus? Auch hier verbesserte der Protein-basierte Impfstoff sowohl die Antikörperantwort wie auch die zelluläre Immunantwort, wenn Nuvaxovid eine doppelte AstraZeneca-Impfung boosterte (statt einer dritten Dosis AstraZeneca). Verglich man hingegen wieder eine dreifache Biontech-Impfung mit einer doppelten und Nuvaxovid-geboosterten, dann schnitt die Nuvaxovid-Impfserie schlechter ab. Auch diese Arbeit wurde im „The Lancet“ veröffentlicht.
WHO rät Vorteile und Risiken abzuwägen
Der Rat der WHO: „Bei der Durchführung heterologer Impfungen sollten der aktuelle Impfstoffvorrat, die voraussichtliche Entwicklung des Impfstoffangebots und andere Zugangserwägungen sowie die potenziellen Vorteile und Risiken der verwendeten Produkte sorgfältig berücksichtigt werden.“