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Liste der Uniklinik Heidelberg: Antigentests: Welche Tests sind zuverlässig?

Positiver Coronatest neben zwei negativen
Wann funktioniert ein Antigentest gut und bestätigt zuverlässig eine vorliegende Infektion? | Bild: Dan Race / AdobeStock

Liefert der Antigentest auf SARS-CoV-2 auch sichere Ergebnisse, bestätigt er zuverlässig eine vorliegende Infektion oder schließt sie bei Gesundheit aus? Seit der Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests auf das neuartige Coronavirus bringen immer mehr Anbieter ihre Testkits auf den Markt. Mittlerweile soll es rund 200 geben – was die Frage aufwirft: Sind denn tatsächlich alle gleich gut und woher weiß man, mit welchem man am besten „fährt“?

Antigentest muss Mindestkriterien erfüllen

Wissenschaftler des Zentrums für Infektiologie am Uniklinikum Heidelberg haben aus diesem Grund in einer systemischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse die klinische Genauigkeit der im Handel befindlichen Antigentests bewertet. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal „PLOS Medicine“. Damit ein Antigentest überhaupt hierzulande vermarktet werden darf, muss er bestimmte Mindestkriterien erfüllen. Das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert Koch-Institut legten fest, dass der Test eine Sensitivität von mindestens 80 Prozent und eine Spezifität von mindestens 97 Prozent aufweisen muss. Nur Tests, die diese Kriterien erfüllen, listet das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) als „Selbsttests“ zur Eigenanwendung bzw. als „Schnelltests“, welche von geschultem Personal – „professionell“ – angewendet werden, auf.

Zur Erinnerung: Sensitivität und Spezifität

Die Sensitivität gibt den Anteil von Personen mit positivem Testergebnis unter den Infizierten an – sie gibt also an, wie häufig der Test bei Vorliegen einer Infektion auch positiv ist. 

Die Spezifität nennt den Anteil der Personen mit negativem Testergebnis unter den Nicht-Infizierten – sie gibt an, wie häufig der Test bei Gesunden auch wirklich negativ ist.

Die Wissenschaftler durchsuchten systematisch mehrere Datenbanken nach Veröffentlichungen zur Genauigkeit von Antigentests, dabei schlossen sie Arbeiten ein, die bis zum 30. April 2021 verfügbar waren – 133 analytische und klinische Studien mit 112.323 Proben. Sie kamen auf eine gepoolte Sensitivität von 71,2 Prozent und einer Spezifität von 98,9 Prozent, das heißt: Sieben von zehn infizierten Personen werden als solche erkannt (Sensitivität). Die Sensitivität ließ sich allerdings steigern (76,3 Prozent), wenn nur Studien berücksichtigt wurden, in denen der Test nach Herstellerangaben durchgeführt wurde – was nicht überrascht. Die beste Sensitivität zeigte laut den Wissenschaftlern der Test LumiraDX mit 88,2 Prozent.

Niedriger Ct-Wert: Sensitivität steigt

Die Wissenschaftler machten auch die Beobachtung, dass Proben mit niedrigem Ct-Wert – unter 20 – „deutlich“ besser abschnitten (Sensitivität 96,5 Prozent) als mit höherem Ct-Wert. Lag der Ct-Wert bei mindestens 25, sank die Sensitivität auf 50,7 Prozent. Bei Ct-Werten ab 30 verringerte sich die Sensitivität der Tests auf 20,9 Prozent. Das heißt: Nur jeder fünfte Infizierte wurde mit dem Test auch positiv getestet.

Zur Erinnerung: Was ist der Ct-Wert?

Ct steht für „cycle threshold“. Der Wert gibt an, wie häufig der Vermehrungszyklus bei einem PCR-Nachweis erfolgen muss, um das Virus nachzuweisen. Dabei gilt: Ist wenig Virus in der Probe, müssen mehr Vermehrungszyklen erfolgen, als wenn viel Virus in der Probe ist. Ein niedriger Ct-Wert steht somit für eine hohe Viruslast beim Getesteten, ein hoher Ct-Wert für eine geringe Virusbelastung (Werte über 30).

Mehr zum Ct-Wert erfahren Sie hier.

Erste Symptomwoche: Sensitivität steigt

Auch spielt es den Ergebnissen der Wissenschaftler zufolge eine Rolle, wann der Test durchgeführt wird. So führt ein Test in der ersten Woche nach Auftreten der Symptome zu zuverlässigeren Ergebnissen als bei späterem Testzeitpunkt: Sensitivität 83,8 Prozent vs. 61,5 Prozent oder anders ausgedrückt – in der ersten Symptomwoche werden acht von zehn Infizierten entdeckt, danach sind es sechs von zehn.

Privatdozentin Dr. Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, arbeitete mit an der Studie und fasst die Ergebnisse anschaulich zusammen: „Wir konnten zeigen, dass viele gute Schnelltests 7 von 10 mit dem SARS-CoV-2 infizierte Personen auch als solche erkennen. Werden die Tests nur bei Personen in der ersten Woche nach Symptombeginn verwendet, steigt diese Quote auf 8 von 10, und bei Personen mit hoher Viruslast werden im Schnitt sogar 9,5 von 10 identifiziert. Das heißt, dass die Tests sich eignen Personen zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten für weitere Übertragungen verantwortlich sind.“ Die Tests könnten daher in der Frühphase der Krankheit einen hohen diagnostischen Nutzen haben, was sie zu einem wertvollen Instrument zur Bekämpfung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 macht, liest man im Fazit in „PLOS Medicine“.

Ct-Wert und Symptome: wichtig für Genauigkeit der Tests

Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit einer Untersuchung des Katharinenhospitals in Stuttgart Anfang des Jahres. Auch hier fanden die Wissenschaftler heraus, dass vor allem die Viruslast und das Vorhandensein von Symptomen Faktoren für zuverlässige Testergebnisse sind: Die Antigentests „erkennen mit ausreichender Sicherheit SARS-CoV-2-Infektionen bei symptomatischen Patienten“ und in Proben mit hoher Viruslast (niedriger Ct-Wert in der PCR).

Liste mit Antigentests und unabhängiger Bewertung 

Allerdings fanden die Heidelberger Wissenschaftler mit ihrer Studie nun auch heraus, „dass es eine hohe Variabilität zwischen den Tests gibt, die sich nicht in den Angaben der Hersteller widerspiegelt, sondern nur in unabhängigen Studien“, erklärt Denkinger. Nicht alle Tests sind also vergleichsweise zuverlässig, was sich allerdings nicht unweigerlich aus den Herstellerangaben ergibt. Aus diesem Grund habe man die durchgeführte Evidenzanalyse nun mit einer Webseite verknüpft, „auf der wir die für jeden Schnelltest verfügbaren Ergebnisse unabhängiger Evaluierungen zusammenfassen und wöchentlich aktualisieren“, erklärt Denkinger. Und weiter: „Dadurch hoffen wir, Entscheidungsträgern im Gesundheitssystem, aber auch privaten Personen bei der Auswahl der bestmöglichen Tests zu helfen.“

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