Antigentests – schnell und effektiv?
Eiweiße statt Erbgut
Im Unterschied zum PCR-Test weisen Antigentests nicht das Erbgut sondern einzelne Eiweißfragmente des Virus nach. Liegt das virusspezifische Eiweiß (Antigen) in der Probe vor, kann es – ähnlich einem Schwangerschaftstest – an spezifische Antikörper binden und ein visuell nachweisbares Signal auf einem Teststreifen liefern. Das Ergebnis soll dabei bereits nach 15 Minuten vorliegen.
Hochansteckend oder nicht?
Zwar erkennen Antigentests eine Infektion insbesondere in den Anfangstagen und im späteren Verlauf deutlich weniger zuverlässig als die PCR-Methode, welche selbst kleinste Mengen des Erbguts korrekt anzeigen kann. Doch die Ergebnisse der aufwendigeren und teureren PCR-Tests sind im Normalfall erst frühestens nach einem Tag verfügbar.
Laut Virologe Prof. Dr. Christian Drosten können Schnelltests das Virus in der infektiösen Phase allerdings recht sicher erkennen – daher könnten sie ein schnelles und pragmatisches Verfahren darstellen, um zu erkennen, ob eine Person hochansteckend ist.
Komplexer als ein Schwangerschaftstest
Das Prozedere für den Test dauert 20 Minuten und ist erheblich komplexer als ein Schwangerschaftstest. Nach dem Abstrich, der in der Nase erfolgen soll, muss das im Tupfer befindliche Sekret aufbereitet und mit verschiedenen Flüssigkeiten vermischt werden. Nach zwei Warteperioden von je 10 Minuten zeigt der Teststreifen entweder nur einen Strich zur Kontrolle an, dann ist der Test negativ – oder zwei Striche, wenn er positiv ausfällt.
Mehrere Antigentests auf dem Markt
Vergangenen Mittwoch teilte Roche mit, dass ihr Antigentest nun in Deutschland erhältlich ist. Allerdings werden die Tests nicht für jedermann angeboten, sondern sie sollen nur von medizinischem Personal angewandt werden. Laut einer Roche-Sprecherin ist der Grund die Probenahme: „Hierfür muss ein Abstrichtupfer tief in den Nasen-Rachenraum eingeführt werden, denn nur so kann aussagekräftiges Material gewonnen werden.” Auch Tests der Firma Nal von Minden aus Moers sind nur für die Anwendung durch medizinisches Fachpersonal vorgesehen.
Bereits im August wurde in den USA mittels Eilverfahren ein Antigentest des Konzerns Abbott zugelassen, der auch das für den Marktzugang in Europa nötige CE-Kennzeichen erhalten hat.
Antigentests nicht für Verbraucher bestimmt
„Es handelt sich nicht um einen Heimtest”, erklärt auch Abbott zu seinem Produkt. Da COVID-19 eine hoch ansteckende Krankheit ist, verbiete das Infektionsschutzgesetz es, Heimtests für Laien zu entwickeln oder zu verkaufen. Tatsächlich sieht dieses vor, dass Infektionskrankheiten wie COVID-19 nur von Ärzten festgestellt werden. Auch die Medizinprodukte-Abgabeverordnung schreibt vor, dass die Tests nur an Ärzte, Kliniken und Gesundheitsbehörden abgegeben werden dürfen, außer wenn das Robert Koch-Institut eine befristete Ausnahme genehmigt hat.
In Kliniken teilweise schon im Einsatz
An einigen deutschen Kliniken kommen die Schnelltests bereits zum Einsatz: So etwa an der Uniklinik Heidelberg, die einen Antigen-Test der Firma SD Biosensor verwendet. Die HNO-Klinik nutzt den Schnelltests laut einer Sprecherin bei Eingriffen im Nasen-Rachenraum – bei Notfall-Patienten und bei Patienten, die stationär aufgenommen werden möchten, aber kein gültiges Testergebnis vorweisen können. Auch der Helios-Konzern setzt an einzelnen Klinikstandorten die Antigen-Schnelltests ein – allerdings nur im Bereich von Notaufnahmen, sofern ein sehr schnelles Test-Ergebnis dringend benötigt wird.
Studie prüft Anwendung durch Laien
In Hessen soll eine Studie die Anwendung der Tests durch Laien erforschen. Rund 1.000 Lehrer sollen jeden zweiten Tage selbst Abstriche bei sich vornehmen und diese mittels Schnelltest untersuchen. So soll einerseits der Selbsttest erprobt, andererseits aber auch Infektionen an Schulen erkannt werden. Eingesetzt wird ein Test des Darmstädter Unternehmens R-Biopharm. Quelle: dpa/sn/ab