Digitalgesetze in Kraft getreten
Vergangenen Dienstag, am 26. März, traten das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digitalgesetz) und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) in Kraft.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte bereits im vergangenen Jahr, dass mit den beiden Gesetzen nicht nur die Versorgung, sondern auch die Forschungslandschaft verbessert werde – „und zwar in einer Art und Weise, dass man hier von einem dramatischen Durchbruch sprechen kann“. Man starte nun eine Aufholjagd und baue eine der modernsten medizinischen Digital-Infrastrukturen in Europa auf.
Medikationsplan wird Teil der ePA
Kernelement des Digitalgesetzes ist die elektronische Patientenakte (ePA). Ab dem 15. Januar 2025 sind die Krankenkassen verpflichtet, jedem Versicherten, der nach vorheriger Information nicht innerhalb von sechs Wochen widersprochen hat, die ePA zur Verfügung zu stellen (Opt-out).
Wenn es so weit ist, sind Ärzte verpflichtet einen elektronischen Medikationsplan zu erstellen, der sodann von Ärzten wie auch Apotheken zu aktualisieren ist (sofern der Patient dem nicht widersprochen hat).
Für privat Versicherte können die PKV-Unternehmen ebenfalls eine widerspruchsbasierte ePA anbieten.
Assistierte Telemedizin: noch nicht abschließend geklärt
Ganz Neues kommt auf Apotheken in Form der assistierten Telemedizin zu: Freiwillig können sie beispielsweise eine Beratung zu telemedizinischen Leistungen anbieten – oder auch die Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben, um eine ärztliche telemedizinische Untersuchung zu unterstützen.
Ebenso können sie ihren Kunden anbieten, ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Betroffenenrechte rund um die ePA beiseite zu stehen. Dazu erhalten sie entsprechende Zugriffsmöglichkeiten auf ePA-Daten und können dann zum Beispiel auf Versicherten-Wunsch bestimmte Daten löschen.
Geregelt sind diese neuen Aufgaben in ihren Grundzügen in einem neuen Absatz 5h des § 129 Sozialgesetzbuch (SGB) V, der mittlerweile einen beachtlichen Umfang hat.
Bevor es mit dieser Assistenz losgehen kann, ist allerdings noch einiges zu tun. So müssen Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Privaten Krankenversicherung die konkreten Inhalte der Maßnahmen festlegen, insbesondere zu den räumlichen und technischen Voraussetzungen der Apotheken. Auch Vergütung und Abrechnung der Maßnahmen ist zu klären.
Der Gemeinsame Bundesausschuss ist ebenfalls einzubeziehen, um sicherzustellen, dass diese auch evidenzbasiert ausgestaltet sind. Und am Ende ist die Vereinbarung noch dem Bundesgesundheitsministerium vorzulegen.
Die Verhandlungspartner müssen sich bis Ende März 2025 einig sein – gelingt dies nicht, entscheidet die Schiedsstelle. Anders sieht es hingegen aus, wenn es um die Hilfe rund um die ePA geht – die muss bereits mit Start der ePA, also Mitte Januar 2025, angeboten werden.
Neuerungen beim E-Rezept
Noch viel mehr als der für Apotheken zentrale § 129 SGB V wurde § 360 SGB V ausgeweitet – die Norm, die die „elektronische Übermittlung und Verarbeitung vertragsärztlicher elektronischer Verordnungen“ regelt.
Hier gibt es nicht nur diverse neue Startdaten für verschiedene E-Rezept-Typen. Es wird auch klargestellt: Das E-Rezept und der E-Rezept-Token dürfen nicht außerhalb der TI bereitgestellt und übermittelt werden – Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel.
Diese gelten etwa, wenn es um einen Austausch im Filialverbund geht, aber auch unter gewissen Bedingungen für Drittanbieter-Apps, die E-Rezepte direkt an Apotheken übermitteln. Bei Letzterem sind vor allem Datenschutzerfordernisse einzuhalten – und es dürfen keine Apotheken(gruppen) bevorzugt werden. Die genaue Auslegung dieser neuen gesetzlichen Anforderungen wird sicherlich noch das eine oder andere Gericht beschäftigen.
Besagter Paragraf wird überdies ergänzt um eine Sanktion für E-Rezept-unwillige Ärzte und Ärztinnen: Wer seiner Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung nicht bis zum 1. Mai nachweist, in der Lage zu sein, E-Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel auszustellen und zu übermitteln, dem wird die Vergütung pauschal um 1 Prozent gekürzt, bis dieser Nachweis erbracht ist. Krankenhäuser sind bis 1. Januar 2025 von dieser Regelung ausgenommen.
Arzneimitteltherapiesicherheit bald Aufgabe der Kassen?
Mit dem GDNG sollen darüber hinaus Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden. Dazu wird unter anderem eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten aufgebaut.
In der Kritik der Apothekerschaft stand im Gesetzgebungsverfahren vor allem eine Bestimmung im Gesetz: So ist es Krankenkassen künftig erlaubt, datengestützte Auswertungen vorzunehmen und ihre Versicherten auf die Ergebnisse dieser Auswertung hinzuweisen, wenn dies z. B. „der Erkennung von schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen [dient], die durch die Arzneimitteltherapie entstehen können“.