Der besondere Rückblick: Marzipan: Von der Apotheke in den Supermarkt
Ob als kakaobestäubtes Kartöffelchen, im Dominostein oder als Backzutat – Marzipan hat in der Weihnachtszeit Hochsaison.
Für die meisten Verbraucher ist die kalorienreiche Leckerei ein erschwinglicher Genuss. Einst war Marzipan hingegen eine sehr teure Delikatesse, die nur Königen und Adligen vergönnt war. Denn die Hauptzutaten von Marzipan – also Mandeln und Zucker – stammten von weit her aus dem Orient.
Im heutigen Iran wurde die Mandel-Zucker-Masse wahrscheinlich erfunden. Besonders beliebt soll sie einst bei den Haremsdamen gewesen sein. Im Mittelalter brachten vermutlich die aus dem Orient heimkehrenden Kreuzritter die süße Köstlichkeit nach Mitteleuropa.
Marzipan als Arznei und Potenzmittel
Ebenso wie andere Süßwaren durfte Marzipan früher nur in Apotheken hergestellt und gehandelt werden. Es galt auch als Arznei. So setzte man Marzipan gegen Verstopfung und Blähungen ein. Zudem wurde es als kräftigend, ja sogar als potenzsteigernd angepriesen.
Als dann der neue Berufsstand der Zuckerbäcker aufkam, übernahmen diese die Herstellung der süßen Delikatesse. Erschwinglich für die Bürger wurde Marzipan aber erst ab dem 19. Jahrhundert.
Denn damals gelang es, Zucker in größerem Maßstab aus heimischen Zuckerrüben zu gewinnen. Jetzt war man nicht mehr auf den teuren Zucker aus Zuckerrohr angewiesen.
Gut zu wissen: Marzipan – woher stammt der Name?
Zur Herkunft der Bezeichnung Marzipan gibt es verschiedene Deutungen. Eine Erklärung lautet, dass der Begriff auf eine in Venedig verwendete Schachtel namens marzapane zurückgeht, in der die Süßigkeit aus dem Orient verpackt war.
Schließlich übertrug man diesen Namen auf den Inhalt der Kiste. Gerne wird „Marzipan“ aber auch als „Marci panis“ –„Brot des Markus“ (Schutzheiliger von Venedig) – interpretiert.
Marzipan-Hochburg Lübeck
Das Produkt Marzipan verbinden wir hierzulande vor allem mit Lübeck. Einer Legende nach soll in der Hansestadt im Jahr 1407 das Marzipan-Brot erfunden worden sein. Damals ging das Getreide in den Kornspeichern der Stadt zur Neige. Die Bäcker wurden beauftragt, Brot aus Mandeln zu backen.
In den Ruf einer Marzipan-Stadt kam Lübeck allerdings erst im 19. Jahrhundert, als zahlreiche Konditoreien die süße Köstlichkeit herstellten und auch exportierten. „Lübecker Marzipan“ ist ein geschützter Begriff und das Produkt unterliegt bestimmten Qualitätsanforderungen.
Auch die ostpreußische Stadt Königsberg (heutiges Kaliningrad) war eine Hochburg der Marzipan-Herstellung. Wie in Lübeck kam auch im Königsberger Hafen früher der Zucker aus Übersee an. Typisch für „Königsberger Marzipan“ ist eine gebräunte Oberfläche. Sie entsteht durch eine spezielle Röstung (Flämmung).
Was die Marzipan-Qualität bestimmt
Die Marzipan-Herstellung erfolgt in der Regel zweistufig: Zunächst entsteht die sehr mandelreiche Rohmasse. Hierfür werden die gehäuteten Mandelkerne zu einem Mandelbrei verarbeitet. Dieser wird nach Zugabe von Puderzucker, Invertzucker und Sorbit (zum Feuchthalten) bei 105 Grad Celsius „abgeröstet“.
Die Rohmasse darf zu höchstens 35 Prozent aus Zucker bestehen. Für die Qualität und Geschmacksnote sorgen außerdem die verwendeten Mandeln – auch ein bestimmter Anteil an Bittermandeln – sowie Rosenwasser. Im zweiten Schritt wird dieser Rohmasse weiterer Zucker zugefügt. Für „Edelmarzipan“ dürfen es höchstens 30 Prozent sein, für einfaches Marzipan 50 Prozent.
Für Gebäck oder preisgünstiges Konfekt wird häufig eine Billigvariante von Marzipan verwendet – das Persipan. Für dieses Erzeugnis werden statt Mandeln Aprikosenkerne verwendet. Quellen: www.wir-sind-luebeck.de; www.niederegger.de; Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V.; BUND Baden-Württemberg; Wahrig Herkunftswörterbuch, Wissen Media Verlag 2009