Einbruch in die Apotheke: Was ist danach zu tun?
In der letzten Zeit liest man wieder viel über Einbrüche in Apothekenräume. So wurden im November letzten Jahres in Erfurt zwei Personen von einer Überwachungskamera gefilmt, die erfolglos versucht haben, in eine Apotheke einzudringen. Etwas spektakulärer war ein Fall, in dem ein notdiensthabender Apotheker von Einbrechern in der Apotheke überrascht wurde.
So eine direkte Konfrontation werden PTA eher seltener erleben. Wenn man aber die erste Person ist, die morgens die Apotheke betritt, könnte dies insbesondere in der dunklen Jahreszeit mit Ängsten verbunden sein.
Einbrecher wollen schnell und unbeobachtet an das Eigentum anderer gelangen. Dabei nehmen sie auch große Sachschäden, die sie häufig hinterlassen, billigend in Kauf.
In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der gemeldeten Einbrüche in Apotheken und Arztpraxen um 30 Prozent gestiegen. Aber warum bieten eigentlich ausgerechnet Apotheken Kriminellen gute Chancen für einen Einbruch?
Welche Risikofaktoren gibt es für Einbrüche in der Apotheke?
Apotheken sind oft zentral gelegen und verkehrstechnisch gut angebunden. Das macht sie für Kunden – aber eben auch für Einbrecher – gut erreichbar und bietet gute Fluchtmöglichkeiten. In Fußgängerzonen sind Apotheken oft von Bürogebäuden und anderen Ladengeschäften umgeben, sodass ein Einbruch nachts oft stattfinden kann, ohne dass Nachbarn etwas bemerken.
Die Öffnungs- und Notdienstzeiten, also die Zeiten, in denen jemand sich in der Apotheke befindet, können leicht in Erfahrung gebracht werden, sodass Einbrecher sicher sein können, keine Personen in den Apothekenräumen anzutreffen. So können die Kriminellen auch mehrere Stunden unbemerkt in einer Apotheke verbringen, um beispielsweise einen Tresor zu knacken.
Viele Apotheken haben große Schaufenster und verglaste Automatiktüren, die sich leicht einschlagen oder aufbrechen lassen. Warenschleusen befinden sich oft uneinsehbar auf der Rückseite von Gebäuden und sind so nicht einbruchsicher.
Erste Maßnahmen nach einem Einbruch in die Apotheke
Sinnvoll im Sinne einer raschen Aufklärung ist es auf jeden Fall, die Abläufe, die bei einem möglichen Einbruch einzuhalten sind, vorab festzulegen und mit allen Teammitgliedern zu besprechen. Wer morgens in die Apotheke kommt und feststellt, dass dort Einbrecher gewütet haben, dürfte so aufgeregt sein, dass einfache und klare Anweisungen hilfreich sind.
Die Rufnummer für die Polizei (110) hängt zwar meistens direkt neben der Telefonanlage, sollte aber in einem Ablaufplan trotzdem ausdrücklich als erster Schritt festgehalten werden. Auch wenn die Einbrecher nicht mehr vor Ort sind und auf den ersten Blick kein großer Schaden entstanden ist, muss die Polizei angerufen werden – schon wegen der Versicherung.
Die Kommunikation mit der Versicherung wird meist die Apothekenleitung übernehmen. Dennoch ist es gut, wenn das Team auch hier weiß, welche notwendigen Schritte eingeleitet werden müssen, falls die Leitung nicht vor Ort sein kann.
Deshalb sollte nach der Verständigung der Polizei auch als Zweites die Apothekenleitung angerufen werden. In einer Filiale sollte zudem auch die Filialleitung informiert werden.
Vor dem Eintreffen der Polizei und der Freigabe des Tatorts sollte die Apotheke nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden, damit Einbruchsspuren gesichert werden können. Kunden können über die Notdienstklappe oder außerhalb der Räume versorgt werden. Kann die Apotheke nicht geöffnet werden, muss die zuständige Behörde informiert werden.
Im Überblick: Worauf sollte man nach einem Einbruch achten?
- Polizei unter der Notrufnummer 110 anrufen.
- Sind Einbrecher noch vor Ort, sollten Sie keinesfalls versuchen, diese aufzuhalten.
- Prägen Sie sich Gesichter, Kleidung und sonstige Merkmale der Täter und des eventuellen Fluchtfahrzeuges gut ein.
- Sollten Sie einen Täter erkennen, lassen Sie sich dies am besten nicht anmerken.
- Verändern Sie nichts am Tatort, sondern warten Sie, bis die Polizei bzw. der polizeiliche Erkennungsdienst eintrifft.
- Machen Sie Fotos (z. B. mit dem Smartphone) von Einbruchsspuren, Beschädigungen etc.
- Informieren Sie eintreffende Kunden über den Vorfall und dass sie die Offizin kurzfristig nicht betreten können.
- Nehmen Sie Rezepte über die Notdienstklappe oder außerhalb der Räume entgegen. Ggf. kann eine Kasse betriebsbereit gemacht werden, um eine Notversorgung zu gewährleisten.
- Ist ein Betrieb der Apotheke vorläufig nicht möglich, müssen die zuständigen Behörden informiert werden.
- Unterstützen Sie die Apothekenleitung dabei, eine Liste mit gestohlenen Gegenständen, Arzneimitteln oder Bargeld zu erstellen.
Nach Einbruch: Psychische Belastung des Apothekenteams beachten
Auf der Notfallliste sollte auch die Telefonnummer der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) stehen. Diese ist noch am Einbruchstag selbst über den Vorfall zu informieren. Die Meldung erfolgt auch dann, wenn zunächst keine Einschränkungen bei den Mitarbeitenden zu bemerken sind. Sollte sich später herausstellen, dass tatsächlich alle unbeschadet aus dem Vorfall herausgekommen sind, wird die BG das feststellen.
Gibt es aber doch Spätfolgen, übernimmt die BG die Kosten für die Heilbehandlung. Gerade bei Gewaltereignissen bietet die BG einen besonderen Service durch psychosoziale Notfallversorgung an. Nach den Informationen der BG kann durch den Einsatz von Notfallpsychologen eine Chronifizierung vermieden werden.
Die seelischen Beeinträchtigungen stehen natürlich meist in Relation zur Schwere des Einbruchs. Gleichzeitig ist es im Interesse aller Beteiligten, eine Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden, sodass man sich hier auf die fachkundige Einschätzung durch die BG verlassen sollte.
Wie kann man mit Ängsten im Apothekenteam umgehen?
Nach dem Einbruch können mitunter Hemmungen beim morgendlichen Öffnen der Apothekenräume aufkommen und das Sicherheitsgefühl am Arbeitsplatz kann gestört sein.
Neben Gesprächen mit Notfallpsychologen kann es auch helfen, im Team über das Geschehene zu sprechen, beispielsweise bei einem gemeinsamen Abendessen nach Feierabend. Und es kann helfen, eine Zeit lang morgens nicht alleine die Apotheke zu öffnen.
Wie kann man einem Einbruch in die Apotheke vorbeugen?
Spätestens nach einem Einbruch sollte sich die Apothekenleitung darüber informieren, ob der bestehende Schutz ausreicht oder nachgebessert werden sollte. Hierzu kann die Polizei um Rat gebeten werden.
Ist die Apothekenleitung unentschlossen, die finanziellen Aufwendungen zu erbringen, sollte sich das Team dafür einsetzen, bestmöglichen Schutz zu erhalten. So sind Kameras im HV-Bereich in den meisten Apotheken bereits üblich. Liegt die Schwachstelle im hinteren Bereich der Apotheke, kann hier ebenfalls mit Kamera und Beleuchtung der Schutz verbessert werden.
Ist die Apotheke Opfer eines Raubüberfalls geworden, kann man über einen stillen Alarm nachdenken.
Gut zu wissen: Was ist bei der Kameraüberwachung erlaubt?
Die Überwachung durch Videokameras am Arbeitsplatz stellt einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar und kann dauerhaften Druck auf die Arbeitnehmenden ausüben.
Die Interessen der Apothekenleitung und die der Mitarbeitenden müssen daher gegeneinander abgewogen werden. Außerdem muss geprüft werden, ob es mildere Mittel gibt und ob der Einsatz verhältnismäßig ist. Kurz zusammengefasst gelten folgende Regeln:
- Überwachung muss offengelegt werden.
- Heimliche Überwachung ist nur in ganz eingeschränkten Fällen zulässig.
- Das Interesse der Apothekenleitung muss überwiegen: Überwachung im HV ist in der Regel zulässig, um Diebstähle zu verhindern.
- Überwachung im Backoffice oder nur auf den Arbeitsplätzen ist in der Regel unzulässig.
- Überwachung mit Ton ist unzulässig und strafbar.
- Rechtswidrige Überwachung kann Schmerzensgeldansprüche auslösen.
Apothekenteam stärken für brenzlige Situationen
Außerdem gibt es niedrigschwellige Möglichkeiten, sich im Team zu stützen. So kann ein Codewort vereinbart werden, wenn man sich gegenüber möglicherweise gewaltbereiten Kunden Unterstützung wünscht.
Apothekenmitarbeitende sollten die Apotheke möglichst nicht alleine öffnen und schließen müssen. In schwieriger örtlicher Umgebung könnte die Apothekenleitung Teamtrainings anbieten, in denen alle Teilnehmenden lernen, wie man sich deeskalierend und gefahrvermeidend verhält.
Angst ist kein guter Begleiter bei der Arbeit und Betroffene werden früher oder später die Apotheke verlassen. Das kann nicht im Interesse der Apothekenleitung sein. Auch wenn zunächst Geld in die Hand genommen werden muss, wird sich die Durchführung schützender Maßnahmen langfristig auf die Stabilität des Teams auswirken – und Kriminelle abschrecken. Quelle: PKAaktiv 4/2024 „Hilfe, Einbrecher!“ von Minou Hansen