Zum Welt-Polio-Tag am 24. Oktober: Polio: Gefahr in Krisengebieten steigt
Die gefährliche Kinderlähmung (Poliomyelitis) ist fast ausgerottet. Seit dem Jahr 2000 wurden mehr als 2,5 Milliarden Kinder geimpft und die Zahl der Polio-Fälle ist um 99 Prozent zurückgegangen. Aufgrund einer hohen Grundimmunisierung und Auffrischungsimpfungen gelten viele Länder als poliofrei.
Zwei der drei wilden Polio-Virus-Stämme konnten erfolgreich ausgerottet werden: Typ 2 wurde 2015 als ausgerottet zertifiziert und im Oktober 2019 wurde die Ausrottung des wilden Polio-Typs 3 bestätigt. Typ 1 der wilden Polio-Variante ist nur noch in zwei Ländern endemisch: in Afghanistan und Pakistan.
Aber auch in afrikanischen und asiatischen Ländern erkranken Kinder weiterhin an Polio. Die Mehrheit dieser Kinder lebt in den ärmsten und abgelegensten Gemeinden, mit begrenztem Zugang zu lebensrettenden Impfungen und Gesundheitsdiensten.
Deutschland gilt seit den 1990er-Jahren als poliofrei. 1992 wurden die letzten beiden importierten Fälle registriert. Da die Krankheit bis zur Einführung der Polio-Impfung in den 1960er-Jahren aber weit verbreitet war, gibt es auch heute noch Polio-infizierte Menschen in Deutschland, die unter den Spätfolgen der Virus-Erkrankung leiden.
Zur Erinnerung: Was ist Poliomyelitis?
Poliomyelitis (Kinderlähmung) ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die durch Polio-Viren verursacht wird und hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren befällt. Die Viren werden vor allem fäkal-oral durch Schmierinfektion übertragen. Die Erkrankung breitet sich vor allem dort aus, wo schlechte hygienische Bedingungen vorherrschen.
Häufig verläuft Poliomyelitis so harmlos wie ein grippaler Infekt. Kritisch wird die Erkrankung, wenn das Zentralnervensystem befallen wird. Dann kann es zu den bleibenden Lähmungen kommen, die der Erkrankung den Namen „Kinderlähmung“ gegeben haben.
Eine häufige Spätfolge der Kinderlähmung ist das Post-Polio-Syndrom: Jahrzehnte nach der akuten Erkrankung kommt es zu Muskelschwund, Lähmungen, Atemproblemen etc.
Die Krankheit kann nicht geheilt werden, man kann jedoch eine Infektion mit einer Polio-Impfung verhindern.
Anlässlich des heutigen Welt-Polio-Tages mahnt der Bundesverband Poliomyelitis e. V. jedoch vor einer erneuten weltweiten Ausbreitung des Virus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt das Risiko der internationalen Weiterverbreitung des Polio-Virus als hoch ein. Der Grund dafür: Polio-Wildviren (Typ 1) wurden im Abwasser in Israel, dem Westjordanland und Gaza nachgewiesen.
WHO: Polio-Impfkampagne im Gazastreifen
Erst im August dieses Jahres wurde bei einem zehn Monate alten Baby im Gazastreifen Poliomyelitis (Kinderlähmung) festgestellt – und das, obwohl der Gazastreifen seit 25 Jahren als poliofrei galt. Doch seit Beginn des Krieges ist die Impfquote drastisch gesunken.
Trotz der stark zerstörten Gesundheits-, Wasser- und Sanitärsysteme und der anhaltenden Fluchtbewegungen wurde im September eine erste Impfkampagne unter Leitung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestartet. UNICEF brachte über 1,6 Millionen Impfdosen in den Gazastreifen und impfte rund 560.000 Kinder unter zehn Jahren gegen Polio.
Um die Ausbreitung des Polio-Virus zu verhindern und das Risiko eines erneuten Auftretens zu verringern, ist eine Impfrate von mindestens 95 % erforderlich. Um möglichst viele Kinder mit der Impfung zu erreichen, ist laut WHO, UNICEF, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) und weiteren Hilfsorganisationen ein humanitärer Waffenstillstand nötig – wie er in der ersten Phase der Impfkampagne eingehalten wurde.
Polio-Impfung: Auch vor Spätfolgen der Erkrankung schützen
Unbekannt ist vor allem die Tatsache, dass viele Betroffene von Polio mit den Spätfolgen der Erkrankung leben müssen. Denn: Etwa 20 bis 50 Jahre nach der Erkrankung kann es häufig zum Post-Polio-Syndrom (PPS) kommen. Betroffene leiden unter Schmerzen in den Muskeln und Gelenken, extremer Müdigkeit, zusätzlicher Muskelschwäche, Schlafstörungen, Problemen beim Atmen und Schlucken.
Anlässlich des heutigen Aktionstages macht der Bundesverband Poliomyelitis e. V. vor allem auf die Notwendigkeit des Impfens gegen die Kinderlähmung aufmerksam. Quellen:
- Bundesverband Poliomyelitis e. V.
- UNICEF
Gut zu wissen: Initiative zur Polio-Ausrottung
Im Jahr 1988 wurde die globale Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung (Global Polio Eradication Initiative, kurz: GPEI) gegründet. Ziel ist es, jedes Kind in jedem Land mit dem Polio-Impfstoff zu schützen. Seitdem es die GPEI gibt, wurden mehr als 2,5 Milliarden Kinder gegen Polio geimpft, die Zahl der an Polio erkrankten Menschen ist um 99,9 Prozent zurückgegangen und zwei der drei Typen des wilden Polio-Virus wurden ausgerottet.
Unterstützt wird die Initiative von UNICEF, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Rotary International, den U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC), der Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF) und der Impfallianz GAVI. Die GPEI ist die weltweit größte Initiative im Bereich der öffentlichen Gesundheit.