Einblick in die pharmazeutische Industrie: Wie werden Homöopathika hergestellt?
Homöopathika sind in vielen Apotheken ein fester Bestandteil des Sortiments. Jeder zweite Deutsche hat bereits ein homöopathisches Arzneimittel verwendet. Das ergab eine repräsentative Befragung des Deutschen Gesundheitsmonitors des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH). Im Jahr 2020 wurden in deutschen Apotheken (inkl. Versandhandel) rund 550 Millionen Euro mit Homöopathika umgesetzt.
Auch wenn die Homöopathie in vielen Darreichungsformen angeboten wird, sind Globuli und Dilutionen die bekanntesten. Wie werden diese homöopathischen Arzneimittel eigentlich hergestellt? Und welche Besonderheiten gibt es dabei zu beachten?
Der Herstellungsprozess
Bevor ein homöopathisches Arzneimittel hergestellt werden kann, muss der Ausgangsstoff, beispielsweise die Arnika, kultiviert, also angebaut werden. Danach folgt die Ernte und die fachgerechte Trocknung. Vor der Weiterverarbeitung werden die Ausgangstoffe, z. B. die getrockneten Pflanzenteile, in einem chemisch-physikalischen Analysenprozess geprüft. Der gesamte Herstellungsprozess erfolgt nach den Vorgaben des Homöopathischen Arzneibuches (HAB). Außerdem werden dabei zahlreiche rechtliche Anforderungen wie GMP(Good Manufacturing Practice)-Richtlinien, DIN-ISO-Normen und vieles mehr beachtet.
Die erste homöopathische Arzneiform
Ist die Lieferung der Arnikapflanzenteile in Ordnung, kann aus diesen die erste homöopathische Arzneiform hergestellt werden. Welche das ist, ist von der Löslichkeit des Ausgangsstoffes abhängig. Aus festen und/oder unlöslichen Substanzen werden zunächst mithilfe von Lactose Verreibungen (Triturationen) hergestellt. Handelt es sich um lösliche Materialien, ist die erste Arzneiform meist ein alkoholischer Auszug (Dilution).
Auch aus den Arnikapflanzen wird zunächst ein alkoholischer Auszug gewonnen. Hierfür werden die getrockneten Pflanzenteile zerkleinert und dann mit Wasser und Alkohol vermischt. Nach etwa zehn Tagen wird das Gemisch gepresst und filtriert, um die sogenannte Urtinktur zu erhalten. Aus dieser Urtinktur können dann mithilfe von Alkohol, Lactose und Rohrzucker die weiteren Arzneiformen hergestellt werden.
Die einzelnen Verarbeitungsschritte werden – ähnlich wie bei der Rezeptur- oder Defekturherstellung, nur deutlich intensiver – durch Inprozess-Kontrollen überwacht. So schreiben es die GMP-Richtlinien vor.
Potenzierung und Dynamisation
Die fertige Arnika-Urtinktur wird nun weiterverarbeitet. Bei der Herstellung von Homöopathika ist die sogenannte Potenzierung der charakteristischste Schritt. Hierfür wird die Urtinktur stufenweise mit einem Alkohol-Wasser-Gemisch verdünnt und von Hand (!) verschüttelt.
Das Verhältnis von Urtinktur und Alkohol-Wasser-Gemisch bestimmt dabei die Potenz. Beträgt das Mischungsverhältnis z. B. 1:10, spricht man von Dezimalpotenzen. Arnica D 6 beispielsweise wurde sechsmal im Verhältnis 1:10 verdünnt, d. h. es wurde sechsmal ein Teil Urtinktur bzw. potenzierte Urtinktur mit 9 Teilen Lösungsmittel (40%igem Alkohol) versetzt und anschließend verschüttelt. Spricht man von Centesimalpotenzen, wurde das Homöopathikum 1:100 verdünnt. Bei einem C 3-Homöopathikum wurde beispielsweise dreimal im Verhältnis 1:100 verdünnt und jeweils anschließend händisch verschüttelt.
Durch den Potenzierungsvorgang soll eine homöopathische Wirkungssteigerung, die sogenannte Dynamisation, erreicht werden. Je höher die Potenz, desto „stärker“ (im Sinn der Homöopathie) ist daher das Arzneimittel.
Am liebsten Globuli
Die potenzierten flüssigen Arzneimittel (Dilutionen) dienen der Herstellung weiterer Darreichungsformen. Globuli sind in Deutschland die beliebteste homöopathische Arzneiform. Auf Streukügelchen, die aus Saccharose bestehen, wird die zuvor potenzierte Dilution aufgebracht. Sie verteilt sich in großen Kesseln gleichmäßig auf den Streukügelchen. Anschließend werden die Globuli getrocknet. Der Herstellungsprozess ist nach abschließender Qualitätskontrolle als solcher beendet.
Ist die Bulkware (größere Menge eines unverpackten Arzneimittels) hergestellt, geht sie in die Konfektionierung. Hier werden die Arzneimittel abgefüllt, gekennzeichnet, verpackt und abschließend offiziell freigegeben.