Leseprobe PTAheute 12/2022: Gallenbeschwerden: Nicht gleich gallig werden
Auch wenn die Gallenblase umgangssprachlich oft als Galle bezeichnet wird, ist das nicht ganz korrekt. Die Gallenblase ist das Speicherorgan und die Galle ist die in der Gallenblase eingedickte und gespeicherte Gallenflüssigkeit. Die Galle selbst wird in der Leber gebildet und über den Gallenblasengang (Ductus cysticus) in die Gallenblase geleitet.
Welche Rolle spielt die Galle im Köper?
Bei der Gallenflüssigkeit handelt es sich um ein zähflüssiges Sekret. Es besteht zu etwa 80 Prozent aus Wasser, zu zwölf Prozent aus Gallensäuren sowie Elektrolyten und zu geringeren Anteilen aus dem Enzym alkalische Phosphatase, aber auch Cholesterin, Phospholipiden wie Lecithin und dem Gallenfarbstoff und Leberabbauprodukt Bilirubin. Bilirubin gibt der Galle ihre Farbe, die je nach Menge des Bilirubins gelblich bis grünlich braun sein kann.
Eine wichtige Rolle spielt die Galle bei der Fettverdauung. Dabei sind vor allem die Gallensäuren von Bedeutung. Diese werden ebenfalls in der Leber gebildet – und zwar aus Cholesterin – und werden während einer Mahlzeit als Bestandteil der Gallenflüssigkeit in das Duodenum abgegeben.
Dort angelangt, emulgieren die Gallensäuren die in der Nahrung enthaltenen Fette, das heißt, sie trennen Lipide in kleine Tröpfchen auf. Diese werden dann von fettspaltenden Enzymen zu Fettsäuren und Glycerin aufgespalten.
Erkrankungen der Gallenblase
Besonders wichtig ist die Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit. Ändert sich diese zum Beispiel, wenn mehr Cholesterin und weniger Gallensäure enthalten sind, kann es zur Bildung von Gallensteinen kommen. Dies ist eine relativ häufig auftretende Erkrankung. Man geht davon aus, dass etwa 15 bis 20 Prozent der Deutschen Gallensteine haben, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer.
Allerdings bemerken die meisten die Gallensteine gar nicht. Dies ist besonders dann der Fall, wenn sich die Gallensteine in der Gallenblase befinden. Problematisch wird es meist erst, wenn Gallensteine zum Beispiel in den Gallenblasengang gelangen. Dann kann es zu einer Entzündung der Gallenblase kommen, die akut oder chronisch verlaufen kann.
Eine akute Entzündung äußert sich meist als Gallenkolik mit starken, krampfartigen Schmerzen im Oberbauch mit Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen und eventuell Fieber und sollte dringend ärztlich abgeklärt werden.
Das Wichtigste in Kürze
Die Gallenblase ist das Speicherorgan, während die Galle die in der Gallenblase eingedickte und gespeicherte Gallenflüssigkeit ist.
- Bei akuten und stark schmerzhaften Erkrankungen der Gallenblase oder Erkrankungen unklarer Diagnose sollte von einer Selbstmedikation Abstand genommen werden.
- Leichtere Beschwerden der Gallenblase mit Druckgefühl oder Schmerzen im rechten Oberbauch, Völlegefühl, Übelkeit, Blähungen und Fettstühlen können naturheilkundlich behandelt werden.
- Homöopathische, anthroposophische und pflanzliche Mittel zur Anregung der Gallenblasentätigkeit und Entkrampfung haben sich in der Praxis bewährt.
Gallenblasenentzündung: Wann eine Selbstmedikation möglich ist
Liegt hingegen eine leichte chronisch rezidivierende Gallenblasenentzündung vor, die ärztlich diagnostiziert wurde, kann diese naturheilkundlich behandelt werden. Solche immer wiederkehrenden Funktionsstörungen der Gallenblase treten recht häufig auf, vor allem dann, wenn die Leber zu wenig Galle produziert oder der Abfluss der Galle in das Duodenum nicht einwandfrei funktioniert.
Symptomatisch kommt es zu einem Druckgefühl oder Schmerzen im rechten Oberbauch, Völlegefühl, Übelkeit und Blähungen sowie aufgrund der mangelnden Fettverdauung zu den sogenannten Fettstühlen. Auslöser der Beschwerden sind vor allem fettreiche Nahrungsmittel und Genussgifte wie Alkohol und Nicotin.
Neben den naturheilkundlichen Therapien sollten Betroffene die Ursachen weitgehend reduzieren oder möglichst ganz meiden. Bitterstoffhaltige Gewürze zur Anregung der Gallenproduktion, eine fettreduzierte und ballaststoffreiche Kost und der weitgehende Verzicht auf schleimhautreizende Genussmittel können die Beschwerden lindern.
Naturheilmittel für die Gallenblase
Leichtere Funktionsstörungen der Gallenblase können mit homöopathischen, anthroposophischen und pflanzlichen Mitteln behandelt werden. Dies gilt auch für ärztlich diagnostizierte Erkrankungen in Absprache mit dem behandelnden Therapeuten – beispielsweise bei Beschwerden, die gut auf Melissenblätter oder Schöllkraut ansprechen. Dann können Produkte wie Gastrovegetalin Kapseln mit Melissenblätter-Trockenextrakt oder Choleodoron mit Schöllkraut empfohlen werden.
Choleretika regen den Gallenfluss an
Choleodoron enthält neben Schöllkraut auch Gelbwurz (Curcuma), das die Bildung der Gallenflüssigkeit anregt, also choleretisch wirkt. Ebenfalls bewährte Choleretika sind Artischockenblätter, zum Beispiel als Trockenextrakt in den Hepar-SL Filmtabletten oder Cynara Al Kapseln. Auch Löwenzahn und Schafgarbe (z. B. in Gallexier Kräuterbitter Elixier Salus) sowie Wermutkraut (z. B. in Wala Bitter Elixier oder Leber-Galle-Kräutertropfen N Salus) und Angelikawurzel (z. B. in Iberogast Classic) wirken choleretisch.
Bei den vier letztgenannten Präparaten handelt es sich um Produkte, die gleichzeitig auch pflanzliche Wirkstoffe für Leber, Magen und Darm enthalten, um den Verdauungstrakt in seiner Gesamtheit zu unterstützen.
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
„Sie leiden häufig unter diesen starken Oberbauchschmerzen? Bitte lassen Sie die Beschwerden von Ihrem Arzt abklären.“
- „Der Arzt hat bei Ihnen eine chronische Gallenblasenentzündung festgestellt. Verzichten Sie künftig möglichst auf Alkohol und reichhaltige Mahlzeiten, da diese bei Menschen mit Gallenblasenproblemen oft Beschwerden verursachen.“
- „Gegen Ihre Verdauungsbeschwerden und zur Anregung der Galleproduktion können Sie dieses homöopathische Mittel einnehmen.“
Homöopathische Mittel bei Problemen mit der Gallenblase
Des Weiteren kann man dem Kunden bei Problemen mit der Gallenblase das homöopathische Komplexmittel Hepar Hevert Tabletten empfehlen, das neben Schöllkraut und Löwenzahn auch Mariendistel und Natrium sulfuricum in homöopatischer Potenzierung enthält und die Leber zusätzlich in ihrer Entgiftungstätigkeit unterstützen soll. Auch Galloselect-Tropfen können empfohlen werden, sie enthalten ebenfalls die genannten Inhaltsstoffe und zudem Chamomilla und das Lebermittel Lycopodium.
Als homöopathisches Einzelmittel kann bei Beschwerden der Gallenblase Colocynthis eingesetzt werden. Colocynthis wird in der Regel als Akutmittel gegen schmerzhafte Krämpfe und Koliken, verstärkt durch emotionale Belastungen, eingesetzt. Es kann aber auch als chronisches Mittel angewendet werden. Es kann eingesetzt werden, wenn die Schmerzen anfallsartig oder periodisch, heftig, einschießend, schneidend, kolikartig und spastisch sind. Patienten beschreiben ein „Gefühl des Zusammenschnürens wie mit eisernen Klammern“.
Bei akuten Schmerzen kann eine Stoßtherapie – alle 15 Minuten eine Dosis Colocynthis D6 bis zur Besserung der Beschwerden – erfolgen. Alternativ hat sich Magnesium phosphoricum D6 bei starken Schmerzen im Oberbauch bewährt.
Berberis vulgaris D6 ist ein bewährtes Mittel zur Funktionsanregung des Leber-Galle-Systems und wird bei Neigung zu Gallensteinen mit Bauchschmerzen und Übelkeit angewendet.
Das bereits erwähnte Lycopodium hat neben seinem bekannten Arzneimittelbild – chronische Leberschwäche und Verdauungsinsuffizienz mit Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung, Blähungen und „krankem Aussehen“ – auch Gallenkoliken und Neigung zu Gallensteinen im Arzneimittelbild. Im Gegensatz zu den meist organotrop eingesetzten Mitteln wie Colocynthis und Berberis vulgaris sollte Lycopodium möglichst konstitutionell eingesetzt werden.