Leseprobe PTAheute 09/2022: Blasenentzündung – nicht schon wieder
Mittel gegen Blasenentzündungen gehören zu den häufigsten in der Apotheke verkauften Produkten. Vor allem Frauen sind häufig von einer Blasenentzündung betroffen. Jede zweite kennt die damit einhergehenden Beschwerden – ständiger Harndrang, Brennen beim häufigen, oft nur tröpfchenweisen Wasserlassen und krampfartige Schmerzen.
Hauptsächlich Frauensache – warum eigentlich?
Dass Frauen wesentlich häufiger an Blasenentzündungen leiden als Männer, liegt in der weiblichen Anatomie begründet. Durch die kurze Entfernung zwischen Intimbereich und After besteht die Gefahr, dass bei falscher Toilettenhygiene Escherichia-coli-Bakterien, die für circa 80% aller Blasenentzündungen verantwortlich sind, aus dem Darm über Stuhlreste in Harnröhre und Blase gelangen.
Diese Art der Schmierinfektion ist die häufigste Ursache für Blasenentzündungen und lässt sich vermeiden, indem Frauen darauf achten, sich nach dem Toilettengang grundsätzlich von vorne nach hinten zu säubern. Auch beim Geschlechtsverkehr können (Darm-)Bakterien in die Harnröhre gelangen und eine sogenannte Honeymoon-Cystitis („Flitterwochen-Blasenentzündung“) verursachen. Durch zeitnahes anschließendes Wasserlassen werden die Keime ausgespült und die Infektionsgefahr verringert.
Erhöhtes Risiko in Schwangerschaft und Wechseljahren
Ein besonderes Risiko für Blasenentzündungen besteht für Frauen während der Schwangerschaft und in oder nach den Wechseljahren. Bei Schwangeren erweitern sich hormonell bedingt die Harnwege, wodurch Bakterien leichter eindringen können. Zum anderen kann die wachsende Gebärmutter durch Druck auf die Blase deren Entleerung behindern, sodass sich im Restharn Bakterien besonders gut vermehren können. Da eine nicht therapierte Blasenentzündung den Embryo gefährden und sogar das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt erhöhen kann, sind schwangere Patientinnen mit entsprechenden Symptomen an ihren Gynäkologen zu verweisen.
In den Wechseljahren hat die abnehmende Östrogenproduktion häufig zur Folge, dass die Schleimhäute von Scheide und Harnwegen weniger Schleim produzieren und geringer durchblutet werden. Eindringende Erreger können dann schlechter abgewehrt werden. Außerdem verringert sich nach der Menopause die Anzahl an Laktobazillen (Milchsäurebakterien). Im dadurch weniger sauren Milieu können sich schädliche Keime leichter vermehren.
Das Wichtigste in Kürze
- Blasenentzündungen, die mindestens zweimal im Halbjahr bzw. mindestens dreimal im Jahr auftreten, sollten zum Ausschluss organischer Ursachen stets ärztlich abgeklärt werden.
- Um einer Blasenentzündung entgegenzuwirken, steht eine Auswahl an OTC-Arzneimitteln zur Verfügung.
- Bei unzureichendem Ansprechen auf nicht medikamentöse Maßnahmen können eine Impfung mit Uro-Vaxom (oral) oder Strovac (intramuskulär), eine Langzeitantibiose oder gegebenenfalls eine lokale Östrogentherapie zur Prophylaxe eingesetzt werden.
Ein-, zwei-, dreimal jährlich?
Viele Frauen erkranken im Lauf des Lebens mehrmals an einer Blasenentzündung. Wenn die Infektion mindestens zweimal innerhalb von sechs Monaten oder mindestens dreimal während eines Zeitraums von zwölf Monaten auftritt, spricht man von einer chronischen oder rezidivierenden, also wiederkehrenden Blasenentzündung. Die Symptome sind mit denen der akuten Infektion identisch.
Etwa fünf Prozent aller Frauen leiden an einer chronischen Blasenentzündung, bei vielen treten die Beschwerden über einen Zeitraum von mehreren Jahren immer wieder auf. Während eine akute Blasenentzündung bei erwachsenen Frauen oft in Eigenregie behandelt werden kann, sollte bei der chronischen Form stets ein Arzt zurate gezogen werden, um die Ursachen genauer zu untersuchen und gezielt zu therapieren.
Natürlich behandeln
Liegen der chronischen Blasenentzündung keine organischen Ursachen zugrunde und führen Verhaltensänderungen – wie reichliches Trinken (mindestens zwei Liter pro Tag), Vermeidung von Unterkühlung und richtige Toilettenhygiene – nicht zur gewünschten Reduktion der Erkrankungshäufigkeit, können verschiedene Produkte empfohlen werden. Da Blasenentzündungen durch Bakterien verursacht werden, besteht ein Ansatz zur Prophylaxe darin, deren Anzahl in der Blase zu verringern.
Die Einnahme von Vitamin C führt zu einer Ansäuerung des Urins, was die Vermehrung von schädlichen Bakterien hemmen kann. Des Weiteren finden sich mehrere Produkte mit D-Mannose auf dem Markt (z. B. in Femannose, Gepan Mannose to go, Femalac Bakterien-Blocker), die präventiv gegen Blasenentzündung eingesetzt werden können. D-Mannose ist auch in einem täglich anzuwendenden Gel für den äußeren Intimbereich erhältlich (Gepan Mannose-Gel).
Zur Behandlung einer Blasenentzündung können Präparate mit Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel (z. B. Angocin Anti-Infekt N) empfohlen werden. Produkte mit Rosmarinblättern, Tausendgüldenkraut und Liebstöckelwurzel (z. B. Canephron), Präparate mit Echtem Goldrutenkraut (z. B. Cystinol long, Solidago Steiner oder in Kombination mit Hauhechelwurzel und Orthosiphonblättern in Aqualibra) oder Bärentraubenblätterextrakt (z. B. Uroinfekt, Arctuvan Bärentraubenblätter Filmtabletten) können bei Blasenentzündung unterstützend eingesetzt werden.
Auch Cranberrysaft, Präparate mit Cranberryextrakt oder Probiotika mit Milchsäurebakterien werden häufig zur Prävention von Blasenentzündung empfohlen. Ein Nachweis über die Wirkung konnte jedoch bisher nicht eindeutig erbracht werden.
Antibiotische Prophylaxe
Wenn die Infektionsrate nicht gesenkt werden kann und der Leidensdruck sehr hoch ist, kann der Arzt eine antibiotische Prophylaxe einleiten. Allgemein können gegen bakteriell bedingte rezidivierende Infektionen Antibiotika in niedriger Dosierung eingesetzt werden. Dies erfolgt teils als Dauertherapie für drei bis sechs Monate, teils als Kurzzeittherapie, die die Patientin bei den ersten Anzeichen der bekannten Symptome in Eigeninitiative startet.
Die am häufigsten verwendeten Wirkstoffe sind Fosfomycin (z. B. Monuril, Fosfuro, Fosfomycin Aristo), Nitrofurantoin (z. B. Uro-Tablinen, Furadantin, Nifurantin) und Trimethoprim. Letzteres wird als Monopräparat (z. B. Infectotrimet) oder in Kombination mit Sulfamethoxazol als Cotrimoxazol (z. B. Cotrim-ratiopharm, Cotrimoxazol AL) eingesetzt.
Bei chronischen Blasenentzündungen in oder nach den Wechseljahren, die mit Östrogenmangel einhergehen, kann eine lokale Hormontherapie mit Cremes oder Zäpfchen die Infektanfälligkeit senken.
Wie erkläre ich es meinem Kunden?
- „Dieses Antibiotikum ist ein Pulver zum Einrühren in Wasser, das Sie nur einmalig anwenden müssen. Nehmen Sie es am besten heute Abend direkt vor dem Schlafengehen mit mindestens zwei Stunden Abstand zur letzten Mahlzeit.“
- „Ihr Arzt hat diese Kapseln auf einem Privatrezept verordnet, weil die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen.“
Impfung gegen Blasenentzündung
Eine weitere Möglichkeit zur Reduktion der Infekthäufigkeit besteht in der oralen oder parenteralen Immunstimulation. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie empfiehlt in ihrer Leitlinie Uro-Vaxom oder Strovac vor Beginn einer Langzeitantibiose. Die Impfung wird allerdings von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen, die Verordnung kann nur auf Privatrezept erfolgen.
Uro-Vaxom-Kapseln enthalten Zellwandbestandteile verschiedener E.-coli-Stämme, die hauptverantwortlich für rezidivierende Blasenentzündungen sind. Gemäß Packungsbeilage wird zur Grundimmunisierung drei Monate lang täglich eine Kapsel eingenommen. Nach einem dreimonatigen therapiefreien Intervall wird eine Auffrischung empfohlen, für die dreimal zehn Tage im Abstand von je 20 Tagen eine Kapsel Uro-Vaxom täglich eingenommen wird.
Strovac enthält neben abgetöteten E. coli sechs verschiedener Stämme zusätzlich inaktivierte Erreger vier weiterer Bakterienspezies, die potenzielle Auslöser für chronische Harnwegsinfekte sind. Die Grundimmunisierung erfolgt durch drei intramuskuläre Injektionen im Abstand von ein bis zwei Wochen, nach circa einem Jahr kann eine Auffrischimpfung durchgeführt werden.
Bei Uro-Vaxom und Strovac handelt es sich um Totimpfstoffe zur aktiven Immunisierung. Beide Impfstoffe können die Häufigkeit chronischer Harnwegsinfekte senken, die Reduktion der Rezidivrate gegenüber Placebo variiert in den durchgeführten Studien jedoch stark.