Wie viel Melatonin in NEM ist erlaubt?
Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel (NEM)? Viele PTA dürften sich zunächst die Augen gerieben haben, als im Laufe des vergangenen Jahres zunehmend Melatonin-haltige Produkte in den Markt drängten.
So wurden doch in der Vergangenheit entsprechende Mittel von Aufsichtsbehörden regelmäßig als Funktionsarzneimittel eingestuft, was ein Inverkehrbringen als NEM unzulässig macht. Melatonin-haltige Arzneimittel sind in Deutschland aber verschreibungspflichtig.
Zur Erinnerung: Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das den Schlaf-wach-Rhythmus steuert und somit unsere innere Uhr – den zirkadianen Rhythmus. Hauptsächlich wird das Hormon in der Zirbeldrüse – einem Teil des Zwischenhirns – produziert, und zwar dann, wenn es dunkel ist. Durch den Anstieg des Schlafhormons sinkt die Körpertemperatur und wir werden müde. /vs
NEM werden von Lebensmittelüberwachungsbehörden kontrolliert
Die Krux bei Nahrungsergänzungsmitteln ist jedoch, dass es sich jeweils um Einzelfallentscheidungen handelt. Für die Marktrücknahme von NEM sind nicht Bundesbehörden wie das BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) zuständig, sondern die Lebensmittelüberwachungsbehörden der einzelnen Bundesländer.
Damit diese eingreifen können, müssen die im Markt befindlichen Präparate von der Arzneimittelüberwachungsbehörde des Bundeslandes, in dem der jeweilige Hersteller beziehungsweise Vertreiber seinen Sitz hat, als Arzneimittel eingestuft werden.
Das ist eine Entscheidung, die dann aber nur für das konkrete Produkt maßgeblich ist. Bis der jeweilige Sachverhalt geklärt ist, können die Präparate weiter vertrieben werden. Am Ende entscheidet also ein Gericht, ob eine relevante pharmakologische Wirkung und damit ein Arzneimittel vorliegt oder eben nicht und somit der Vertrieb als NEM zulässig ist.
Zwei gesundheitsbezogene Angaben für Melatonin in Lebensmitteln sind erlaubt
Unter welchen Vorzeichen kann Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht werden und wie sieht die aktuelle Rechtslage aus?
Dazu verweist die Wettbewerbszentrale auf die zugelassenen Health Claims der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Aktuell sind die beiden folgenden gesundheitsbezogenen Angaben für Melatonin in Lebensmitteln erlaubt:
- „Melatonin trägt zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bei“ und
- „Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“.
Zur Erinnerung: Was sind Health Claims?
Für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln wird häufig der englische Begriff „Health Claims“ verwendet. Health Claims weisen entweder auf Beziehungen zwischen einem Lebensmittel bzw. einem seiner Bestandteile und der Gesundheit oder auf nährwertbezogene Angaben hin wie z. B. „reich an Vitamin C“ oder „mit reduziertem Fett-Anteil“. Die Angaben werden durch die Health-Claims-Verordnung geregelt und durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft. /vs
Wie viel Melatonin sollte man einnehmen?
Neben den gesundheitsbezogenen Aussagen gibt es aber noch weitere Vorgaben. So darf erstere Angabe nur für Lebensmittel verwendet werden, die mindestens 0,5 mg Melatonin je angegebene Portion enthalten. Außerdem müssen die Verbraucher darüber unterrichtet werden, dass sich die positive Wirkung einstellt, wenn am ersten Reisetag kurz vor dem Schlafengehen sowie an den ersten Tagen nach Ankunft am Zielort mindestens 0,5 mg aufgenommen werden. Fehlt diese Information, ist die Angabe, dass Melatonin zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung beiträgt, unzulässig.
Die Aussage hinsichtlich der Verkürzung der Einschlafzeit darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die 1 mg Melatonin je angegebene Portion enthalten. Hier müssen, damit die Angabe zulässig ist, die Verbraucher zudem darüber unterrichtet werden, dass sich die positive Wirkung einstellt, wenn kurz vor dem Schlafengehen 1 mg Melatonin aufgenommen wird.
Auf Basis dieser Health Claims geht man daher bei der Wettbewerbszentrale – wie die EFSA offensichtlich auch – davon aus, dass jedenfalls in niedrigen Wirkstoffmengen grundsätzlich eine Verkehrsfähigkeit als Lebensmittel besteht. In diese Richtung wiesen auch aktuelle Urteile des OLG Frankfurt am MainUrteil vom 11.03.2021 – 6 U 2/15
Quelle: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000743 sowie des OVG MünsterUrteil vom 28.10.2021 – 13 A 1376/17
Quelle: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2021/13_A_1376_17_Urteil_20211028.html .