Schwangere mit Diabetes: Langzeitinsulin Tresiba® nun auch in der Schwangerschaft
Das Langzeitinsulin Tresiba® darf künftig auch in der Schwangerschaft angewendet werden. Die Europäische Kommission genehmigte Novo Nordisk – dem Hersteller von Tresiba® (Insulin degludec) –, die Fachinformation um die Anwendung in der Schwangerschaft zu erweitern.
Fachinformation um Anwendung in der Schwangerschaft ergänzt
Bislang hatten dafür offenbar die Daten gefehlt. Nun informiert die Fachinformation zu Tresiba®, dass „klinische Studiendaten und Daten nach Markteinführung (post-Marketing) bei schwangeren Frauen (mehr als 400 Schwangerschaftsausgänge) … nicht auf fetale Fehlbildungen oder fetale/neonatale Toxizität“ hinweisen und auch tierexperimentelle Reproduktionsstudien hinsichtlich der Embryotoxizität und Teratogenität keinen Unterschied zwischen Insulin degludec und Humaninsulin gezeigt hätten.
Und weiter: „Falls klinisch notwendig, kann eine Behandlung mit Tresiba® während der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden (Stand 2022).“ Bei der vorherigen Version der Tresiba®-Fachinformation (Stand 2018) fand sich hingegen lediglich der Hinweis zu den tierexperimentellen Daten.
Vergleichsstudie liefert Daten zu Tresiba®
Für die nun bessere Datenlage zeichnet unter anderem die EXPECT-Studie verantwortlich, in der Novo Nordisk Tresiba® gegen ein anderes Langzeitinsulin – Levemir® (Insulin detemir) – untersuchte. Beide Insuline spritzen Diabetiker zur Basalversorgung mit Insulin, Blutzuckerspitzen aufgrund von Mahlzeiten können zusätzlich mit kurzwirksamen Insulinen geglättet werden.
Tresiba® ist Levemir® nicht unterlegen
An EXPECT nahmen 225 Typ-1-Diabetikerinnen teil. Sie waren mindestens 18 Jahre alt, schwanger zwischen der achten bis 13. Woche oder planten zumindest eine Schwangerschaft in den nächsten zwölf Monaten.
Sie erhielten während der Studie entweder einmal täglich Tresiba® oder zweimal täglich Levemir®, und zwar in Kombination mit dem kurzwirksamen Mahlzeiteninsulin Insulin aspart, z. B. Novorapid® (zwei- bis viermal pro Tag).
Laut Novo Nordisk war Tresiba® hinsichtlich dem gemessenen Langzeitblutzuckerwert HbA1c beim letzten Termin vor Geburt dem Insulin Levemir® nicht unterlegen. Auch unterschieden sich die beiden Insuline nicht bei klinisch wichtigen Schwangerschaftsendpunkten – wie schwere Fehlbildungen, Tod des Babys, Hypoglykämie direkt nach der Geburt oder einem zu großen Baby bezogen auf das Schwangerschaftsalter.
Fehlgeburten und Hypoglykämien der Mutter traten ebenfalls nicht statistisch signifikant häufiger auf (d. h. mögliche Unterschiede ließen sich auch durch Zufall erklären). Nebenwirkungen waren Novo Nordisk zufolge meist leichter und nicht schwerwiegender Natur.
Unter Tresiba® öfter Kaiserschnitt und Präeklampsie
Zahlenmäßig häufiger litten Schwangere bei der Anwendung von Tresiba® jedoch unter einer Präeklampsie – einer Schwangerschaftskomplikation, die mit hohem Blutdruck und Eiweißausscheidungen im Urin einhergeht: 13,2 Prozent (12 Schwangere) unter Tresiba®, 7,4 Prozent (7 Schwangere) unter Levemir®.
Auch unterzogen sich mehr Studienteilnehmerinnen, die Tresiba® als Langzeitinsulin angewendet hatten, einem (ungeplanten) Kaiserschnitt: Unter Tresiba® war es etwa jede vierte Schwangere (25,3 Prozent, 23 Teilnehmerinnen), unter Levemir® entband etwa jede sechste Schwangere (16 Prozent, 15 Teilnehmerinnen) ungeplant per Kaiserschnitt.
Leitlinie rät bereits zu Levemir®
In der 2018 erschienenen „S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge“ gehen die Experten auf Insulin degludec in Tresiba® noch nicht ein. Die nun bekannt gewordenen Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten lagen zum Zeitpunkt der Erstellung der Leitlinie noch nicht vor.
Allerdings finden sich durchaus Empfehlungen zur Anwendung von Insulinanaloga in der Schwangerschaft, auch bei Langzeitinsulinen. So belegen randomisiert kontrollierte Studien an schwangeren Typ-1-Diabetikerinnen zu Insulin detemir – Levemir® – die Sicherheit des Insulins während der gesamten Schwangerschaft. Und Novo Nordisk konnte in EXPECT zeigen, dass Tresiba® dem in der Schwangerschaft bereits empfohlenen Insulin Levemir® nicht unterlegen zu sein scheint.
Auch Metformin dürfen Schwangere nun anwenden
Eine weitere Therapieoption steht seit kurzem für schwangere Frauen mit Diabetes zur Verfügung – und zwar erstmals in oraler Form: Metformin in Glucophage®, Glucophage XR® und Stagid®. Merck erhielt vor kurzem die Zulassungserweiterung für seine Metformin-haltigen Präparate. Sie dürfen während der gesamten Schwangerschaft angewendet werden, als Monotherapie und in Kombination mit Insulin.