Weniger Antibiotika in der Tiermedizin in Europa
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat am 23. November ihren elften Jahresbericht über die europäische Überwachung des Verbrauchs von antimikrobiellen Mitteln in der Tiermedizin (ESVAC: European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption) veröffentlicht.
Die Botschaft mutet durchaus positiv an: Nach Daten von 25 europäischen Ländern – darunter auch Deutschland – setzte 2020 die Tiermedizin 43 Prozent weniger antimikrobielle Mittel ein als noch 2011.
Ein kleiner Wermutstropfen bleibt – noch besser waren die Zahlen 2019: Denn von 2019 auf 2020 stieg der Gesamtumsatz an antimikrobiellen Mitteln in der Tiermedizin wieder um 6 Prozent. Um diese Aufwärtsbewegung jedoch zu verstehen, müsse man weitere Daten der kommenden Jahre dazu abwarten, erklärt die EMA.
Gut zu wissen: Was ist ESVAC?
ESVAC gibt es seit September 2009: Das Projekt hat die EMA auf Wunsch der Europäischen Kommission gestartet. Seither koordiniert und unterstützt die Arzneimittelbehörde die europäischen Länder dabei, über ihren jeweiligen antimikrobiellen Umsatz jährlich zu berichten.
Da seit 2006 in der EU die Verwendung von antimikrobiellen Mitteln zur Wachstumsförderung bei Tieren verboten ist, spiegeln die ESVAC-Daten ausschließlich die Verkäufe von antimikrobiellen Mitteln in der Tiermedizin wider, wenn sie als Veterinärarzneimittel angewendet werden.
Da gemäß der Richtlinie 2001/82/EG vom 6. November 2001 alle Tierarzneimittel – auch antimikrobielle – ausschließlich durch von der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes zugelassene Händler verkauft werden dürfen, können die Verkaufsdaten von Tierarzneimitteln tatsächlich zu 100 Prozent erfasst werden.
Mit der Verordnung (EU) 2019/6 wird die Meldung von Daten über den Verkauf und die Verwendung von antimikrobiellen Mitteln bei Tieren zu einer rechtlichen Verpflichtung für die EU-Mitgliedstaaten und die Agentur. Diese neuen Anforderungen gelten für Daten ab dem Jahr 2023.
Politische Bemühungen der EU wirken
Die EMA sieht in dem positiven Zehn-Jahres-Trend einen Beleg, dass die politischen Bemühungen der EU gefruchtet haben. Der Leiter der Abteilung Tierarzneimittel bei der EMA, Ivo Claassen, erklärte: „Der Rückgang der Verkäufe von antimikrobiellen Mitteln zur Verwendung bei Tieren über zehn Jahre zeigt, dass die politischen Initiativen der EU in Verbindung mit Leitlinien und nationalen Kampagnen zur Förderung des umsichtigen Einsatzes antimikrobieller Mittel bei Tieren eine positive Wirkung haben.“
Ein Drittel weniger Cephalosporine
Am stärksten macht sich der Rückgang zwischen 2011 und 2020 bei folgenden teilweise auch in der Humanmedizin besonders wichtigen Antibiotika bemerkbar: 85 Prozent weniger Chinolone, 76 Prozent weniger Polymyxine, 33 Prozent weniger Cephalosporine (dritte und vierte Generation) und 13 Prozent weniger Fluorchinolone.
Diese Antibiotikaklassen finden auch Anwendung in der Behandlung von Infektionskrankheiten beim Menschen, wenn Resistenzen gegen andere Antibiotika vorliegen. Deswegen sollten diese Wirkstoffe in der Tiermedizin sparsam eingesetzt werden, um ihre Wirksamkeit zu erhalten.