Benignes Prostatasyndrom: Was bewirken Brennnesselwurzel und Sabalfrüchte?
Häufiger Harndrang, schwacher Harnstrahl, unangenehmes Restharngefühl – das sind typische Symptome eines benignen Prostatasyndroms (BPS). Es ist die Folge einer gutartigen Vergrößerung der Prostata, traditionell als „benigne Prostatahyperplasie“ (BPH) oder „Prostataadenom“ bezeichnet. Schon bei ungefähr jedem zweiten 50-Jährigen ist die Prostata vergrößert, bei den über 80-Jährigen ist fast jeder betroffen.
Wie das Wachstum entsteht
Die Prostata hat ursprünglich die Größe einer Kastanie und umgibt den blasennahen Teil der männlichen Harnröhre. Warum sich das Geschlechtsorgan mit dem Älterwerden vergrößert, ist immer noch nicht restlos geklärt. Verschiedene Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen, vor allem ein altersbedingtes Ungleichgewicht an Sexualhormonen. Als wesentlich gelten dabei erhöhte Spiegel von Dihydrotestosteron in der Prostata. Verantwortlich für die Bildung von Dihydrotestosteron aus Testosteron ist das Enzym 5α-Reduktase. Dessen Aktivität nimmt im Alter zu. Das Hormon hat eine wachstumsfördernde Wirkung und stimuliert die Sekretion weiterer Wachstumsfaktoren in der Prostata. Hinzukommt, dass beim alternden Mann die Östrogen-Blutspiegel steigen. Auch das weibliche Sexualhormon wirkt sich wachstumssteigernd aus.
Zu langsam und unvollständig – typische Miktionsbeschwerden
Eine sich vergrößernde Prostata engt die Harnröhre zunehmend ein. Dadurch kommt es zu den charakteristischen Miktionsbeschwerden: Die Blasenentleerung setzt verzögert ein, dauert länger und es tröpfelt nach. Oft kann die Blase nicht vollständig entleert werden, was ein Restharngefühl bewirkt. Man spricht insgesamt von unteren Harnwegssymptomen (Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS)). Die Stärke der Beschwerden korreliert jedoch nicht unbedingt mit dem Ausmaß der Prostatavergrößerung. Dennoch nehmen die Beschwerden im Laufe der Zeit meist zu.
Drei Schweregrade
Je nach Schweregrad wird das BPS in drei Stadien eingeteilt:
- Typisch für das Stadium I (Reizstadium) sind häufiger Harndrang, verzögerter Miktionsbeginn und abgeschwächter Harnstrahl.
- Im Stadium II (Restharnstadium) nehmen die Beschwerden zu und die Blase kann nicht vollständig entleert werden.
- Das Stadium III (Dekompensationsstadium) ist charakterisiert durch Harnverhalt, Überlaufinkontinenz und Rückstauschäden an den Nieren.
Domäne der Phytotherapie
Gerade in den Stadien I und II eines BPS spielen Phytotherapeutika eine große Rolle. Viele Kunden kennen pflanzliche Präparate aus der Publikumswerbung und fragen sie im Rahmen der Selbstmedikation nach. Jeder Betroffene sollte allerdings auftretende Beschwerden vorab ärztlich untersuchen lassen. So kann sich etwa ein Prostatakarzinom im Frühstadium ähnlich wie ein BPS äußern.
Geduld erforderlich
Pflanzliche BPS-Arzneimittel sind gut verträglich und eignen sich zur Langzeittherapie. Sie sollten über mehrere Wochen regelmäßig und ausreichend hoch dosiert eingenommen werden. Erst dann kann man eine Beschwerdelinderung erwarten. Ob jedoch auch die Größe der Prostata durch Phytopharmaka abnimmt, gilt als fraglich. Neben Kürbissamen gehören Brennnesselwurzel und Sägepalmenfrüchte zu den relevanten und bekanntesten Arzneidrogen, die beim BPS eingesetzt werden.
Brennnesselwurzel
Die Brennnesselwurzel (Urticae radix) wird meist von Urtica dioica (Große Brennnessel), gelegentlich auch von Urtica urens (Kleine Brennnessel) gewonnen. Zu den wirksamkeitsrelevanten Inhaltsstoffen zählen vor allem spezifische Lektine (UDA = Urtica-dioica-Agglutinine) und Sitosterol. Sie scheinen die Bindungsfähigkeit von Dihydrotestosteron in der Prostata zu vermindern. Dadurch wird das Hormon in seiner wachstumsfördernden Wirkung gebremst. Auch wird offenbar weniger Dihydrotestosteron aus Testosteron gebildet, denn man hat eine hemmende Wirkung auf das Enzym 5α-Reduktase festgestellt. Zu den weiteren pharmakologischen Wirkungen der Brennnesselwurzel zählt eine Entzündungshemmung. Man nimmt an, dass die Wurzeldroge aufgrund dieser pharmakologischen Eigenschaften eine entstauende Wirkung ausübt und auf diese Weise die Miktionsbeschwerden lindert.
Für die therapeutische Anwendung sind Extrakt-Zubereitungen von Bedeutung (Monopräparate z. B. Natuprosta®, Prostamed® Urtica, utk uno®). Die wissenschaftlichen Wirksamkeitsbelege für Brennnesselwurzel-Extrakte sind begrenzt, da nur relativ wenige klinische Studien damit durchgeführt wurden.
Sägepalmenfrüchte
Die küstennahen Südstaaten der USA sind die Heimat der Sägepalme (Serenoa repens = Sabal serrulata). Ihre Früchte (Sabal fructus) enthalten als wirksamkeitsrelevante Substanzen vor allem Phytosterole wie β-Sitosterol, außerdem freie Fettsäuren und Polysaccharide. Sie üben offenbar ebenso wie die Inhaltsstoffe der Brennnesselwurzel eine antiandrogene Wirkung aus, indem sie die Aktivität der 5α-Reduktase sowie die Bindung des Dihydrotestosterons an seine Rezeptoren hemmen. Außerdem zeigten sich antientzündliche Effekte. Extrakte aus Sägepalmenfrüchten erwiesen sich in verschiedenen klinischen Studien als symptomatisch wirksam. Beispiele für Sägepalmenfrucht-Dickextraktpräparate sind eviprostat®-S uno, Prostagutt® uno und Strogen® uno.
Extraktkombination
Was die wissenschaftliche Datenlage betrifft, schneidet im Vergleich zu den Einzelextrakten eine Extraktkombination besser ab: ethanolischer Sabal-Dickextrakt plus ethanolischer Brennnesselwurzel-Trockenextrakt (in Prostagutt® duo, früher: Prostagutt® forte). Diese Extraktkombination wurde in klinischen Studien auch gegen chemisch-synthetische Prostata-Arzneimittel (Finasterid, Tamsulosin) getestet. Im Vergleich zu diesen Wirkstoffen war das Phytopharmakon nicht unterlegen.
Neuer Name: Aus Prostagutt® forte wurde Prostagutt® duo
Seit 1. Februar 2021 steht statt Prostagutt® forte nun Prostagutt® duo zur Verfügung. Zusammensetzung, Dosierung, Wirkung und Preis bleiben gleich. Auch Prostagutt® duo besteht aus der klinisch geprüften Wirkstoffkombination (PRO 160/120) aus Sägepalmenfrüchte (Sabal)- und Brennnesselwurzel (Urtica)-Spezialextrakten zur Behandlung des benignen Prostatasyndroms.
Die neuen Pharmazentralnummern lauten:
Prostagutt® duo 160 mg | 120 mg Weichkapseln 60 Stück (N1): PZN 16151735
Prostagutt® duo 160 mg | 120 mg Weichkapseln 120 Stück (N2): PZN 16151764
Prostagutt® duo 160 mg | 120 mg Weichkapseln 200 Stück (N3): PZN 16151770
Prostagutt® forte Kapseln bleiben verkehrsfähig und sollen abverkauft werden. Eine Rücknahme ist nicht vorgesehen.Quelle: Dr. Willmar Schwabe
Quellen: DAZ Nr. 32/2020, S. 42ff; DAZ Nr. 23/2019, S. 65; DAZ online 03.11.2017; I. Milek: Das große PTAheute Handbuch, DAV 2016; W. Blaschek: Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka, WVG 2016; H. Schilcher, S. Kammerer, T. Wegener: Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer 2010