Der besondere Rückblick: Ein Genie und seine Krankheiten
Vielgehörter Gehörloser
Als Ludwig van Beethoven (1770–1827) seine 9. Sinfonie mit der berühmten „Ode an die Freude“ schuf, war er praktisch taub. Bereits mit 26 Jahren bemerkte Beethoven, dass sein Gehör nachließ. Schon früh konnte er deshalb nicht mehr als Pianist und Dirigent auftreten. Aber er komponierte. Zunächst ermöglichten ihm Hörrohre, dass er zumindest einen Eindruck von seinen eigenen Kompositionen erhielt und Unterhaltungen führen konnte. Doch ab circa 1818 konnte er sich nur noch schriftlich und per Lippensprache mit seiner Umgebung verständigen.
Wohl keine Syphilis
Über die Ursache von Beethovens Gehörverlust gab es die verschiedensten Theorien. So wurde lange Zeit angenommen, es sei die Folge von Syphilis. Auch Tuberkulose, chronische Otitis und Alkoholmissbrauch zog man in Erwägung. Inzwischen favorisieren die Experten eher zwei andere Möglichkeiten. So könnte Beethoven an einer Otosklerose – einer fortschreitenden Verknöcherung der Gehörknöchelchen – gelitten haben. Als noch wahrscheinlicher gilt eine zunehmende Innenohrschwerhörigkeit, bei der kontinuierlich Sinneszellen in der Hörschnecke absterben. Eines ist heute jedenfalls sicher: Die therapeutischen Maßnahmen, die Beethovens Ärzte damals empfahlen, waren wenig effektiv: Mandelöl-Ohrentropfen, Meerrettich-Baumwolle und lauwarme Donaubäder.
Unterleibsbeschwerden durch Colitis ulcerosa?
Die lauwarmen Donaubäder halfen aber wohl zumindest ein wenig gegen ein anderes chronisches Leiden des Komponisten: seine Unterleibsbeschwerden mit häufigen Durchfällen und Koliken. Aus heutiger Sicht könnte dahinter eine chronisch entzündliche Darmerkrankung gesteckt haben, am ehesten eine Colitis ulcerosa. Außerdem könnte eine chronische, autoimmune Lebererkrankung vorgelegen haben: die primär sklerosierende Cholangitis. Hierbei verengen sich aufgrund entzündlicher Umbauprozesse die Gallengänge, wodurch Gallenflüssigkeit gestaut wird.
War das Blei schuld?
Zu Beethovens Tod im Alter von 56 Jahren führten eine Leberzirrhose mit Bauchwassersucht sowie eine Lungenentzündung. Da Beethoven Weintrinker war, ist es naheliegend, dass die Leberzirrhose alkoholbedingt war. Allerdings deutet auch viel auf eine chronische Bleivergiftung hin. Billiger Wein, von dem der Komponist viel konsumiert haben soll, wurde früher mit Bleiacetat gesüßt.
Exakter Geburtstag unbekannt
Ludwig van Beethoven starb in Wien, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte. Geboren wurde er jedoch in Bonn. Das war im Dezember 1770. Das genaue Geburtsdatum kennt man nicht. Deshalb gilt als Ehrentag der Tauftermin, der 17. Dezember. Da aufgrund der Corona-Pandemie im diesjährigen Beethoven-Jubiläumsjahr viele Veranstaltungen ausfallen mussten, soll der berühmte Komponist auch in 2021 noch geehrt werden.