Generische Ringe brechen 3,5-Mal häufiger: Nuvaring stabiler als Ginoring
Die ersten Rückrufe von Verhütungsringen haben im Juli 2019 gestartet. Den Auftakt machte Ginoring® und musste chargenweise zurück zum Hersteller Exeltis. Bei diesem einen Rückruf blieb es jedoch nicht. Mittlerweile hat Exeltis zum dritten Mal Rückrufe aufgrund von Ringbrüchen bei Ginoring® veranlasst. Aristo Pharma und Mylan mussten ebenfalls Qualitätsmängel – sprich: Ringbrüche – bei ihren Vaginalringsystemen Veri®-Aristo und Setlona® einräumen. Auch hier waren Rückrufe die Folge.
Cyclelle bleibt bislang ganz
Der einzige generische Vaginalring, der bislang nicht zurück zum Hersteller musste, ist Hexals Cyclelle®. Das überrascht insofern, als dass alle generischen Ringe in ein und demselben Werk in Spanien produziert werden und untereinander nach Auskunft des Lizenzgebers Exeltis identisch sind.
Rückrufe nur bei Ginoring & Co.
Die Rückrufe betreffen ausschließlich die generischen Verhütungsringe – Nuvaring® und das hauseigene Generikum Circlet® hingegen scheinen stabiler. Diesen Sachverhalt hat sich nun auch die AMK (Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker) angeschaut. Sie analysierte die Meldungen zu Risiken bei den Vaginalringen über mehrere Jahre. Dabei kam sie zu dem Ergebnis, dass seit der Erstzulassung von MSDs Nuvaring® im Jahr 2002 bis Mitte 2019 insgesamt 332 Meldungen zu Risiken bei den Vaginalringen eingegangen sind. Davon steht etwa die Hälfte dieser Meldungen, 169 Fälle, im Zusammenhang mit einem Bruch des Rings, und 140 dieser 169 Ringbrüche wurden bei Generika gemeldet. Das bedeutet: 83 Prozent (83 von 100) der Ringbrüche betrafen Ginoring® & Co.
Ringbruchrate unerwartet hoch bei ungekühlten Vaginalringen
Auffällig hierbei ist vor allem, dass die generischen Ringe erst seit 2017 – also seit zwei Jahren – auf dem Markt sind und sich in dieser kurzen Zeit schon deutlich mehr Ringbrüche zeigten, als MSD bei Nuvaring® in 17 Jahren melden musste.
Die Ringbruchrate der generischen Verhütungsringe erscheine somit unerwartet hoch, so die AMK. Bei den Originator-Ringen (Nuvaring®, Circlet®) entfielen 21 Prozent aller Meldungen auf Ringbrüche, bei Generika betrage dieser Anteil aller Meldungen 73 Prozent. Daher scheinen generische Vaginalringe ein 3,5-fach höheres Risiko für Ringbrüche aufzuweisen, lautet das Ergebnis der AMK-Analyse.
Marktanteil der generischen Ringe
Nun könnte es natürlich sein, dass einfach mehr Frauen die günstigeren generischen Vaginalringe anwenden und es deswegen auch häufiger zu Meldungen über Ringbrüche bei Ginoring® und den restlichen generischen Ringen (außer Cyclelle®) kommt. Das ist nach Ansicht der AMK jedoch nicht der Fall und kann die vermehrte Ringbruchrate unter den generischen Ringen folglich nicht erklären, denn die AMK hat auch diesen Aspekt beleuchtet: Auch wenn die generischen Verhütungsringe Nuvaring® Konkurrenz machen, entfällt auf die generischen Ringe nur ein Marktanteil von 30 Prozent (Zahlen aus 2018).
Wann brechen die Ringe – beim Einsetzen?
Offenbar brechen die meisten Ringe nicht beim Einsetzen oder Entfernen, was man vielleicht zunächst vermuten könnte, da beim Einführen und Herausnehmen der Kunststoffring vielleicht besonders beansprucht wird. So erklärt beispielsweise MSD für Nuvaring® den zweiten Schritt des Einsetzens: „Drücken Sie den Ring zusammen“. Allerdings beobachtete der Großteil der Anwenderinnen (in 80 von 100 Fällen), dass der Ring in den ersten zwei Wochen des Menstruationszyklus brach.
Wie merkt man einen Ringbruch?
Nicht immer muss ein gebrochener Ring mit Nebenwirkungen einhergehen. Die AMK erreichten 36 Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen – dabei fünf bei den Originalen, 31 bei Generika – als Folge von Ringbrüchen. Meist schilderten die Anwenderinnen laut AMK ein Drücken bis hin zu starken Schmerzen, teilweise mit Blutungen, die vermutlich durch Schleimhautverletzungen in der Scheide auftraten.
Sind die Trägermaterialien schuld?
Was also führt zu den Ringbrüchen? Eine endgültige Antwort gibt es auf diese Frage bislang nicht. Die AMK vermutet jedoch, dass es an den unterschiedlichen Kunststoffringen, in die die Hormone eingearbeitet sind, liegen könnte. Denn MSD nutzt für Nuvaring® und Circlet® ein anderes Ringpolymer als Exeltis für Ginoring®, Cyclelle®, Setlona® und Veri®-Aristo. Die AMK erklärt: „Mögliche Ursachen für das genannte Risiko bestehen offensichtlich in der Art der Hormon-Trägermaterialien sowie im Herstellungsprozess.“
Trägermaterialien der Verhütungsringe
- Nuvaring®und Circlet®: Poly(ethylen-co-vinylacetat) (72 : 28), Poly(ethylen-co-vinylacetat) (91 : 9), Magnesiumstearat (Ph.Eur.)
- Ginoring®, Cyclelle®, Veri-Aristo® und Setlona®: Poly(ethylen-co-vinylacetat) (72 : 28), 28 % Vinylacetat; Polyurethan
Vorsicht bei Kombination mit intravaginalen Präparaten?
Als weiterer Auslöser für Ringbrüche stehen auch antimykotische Cremes im Verdacht. Zumindest weisen die Fachinformationen mancher Verhütungsringe auf diese Wechselwirkung hin. Exeltis erklärt zu Ginoring®: „Während der gleichzeitigen medikamentösen Behandlung mit antimykotisch wirkenden Ovula könnte die Wahrscheinlichkeit, dass der Ring beschädigt wird, leicht erhöht sein.“ MSD und Mylan informieren zu Nuvaring® und Setlona®, dass Ringbrüche im Zusammenhang mit intravaginalen Präparaten wie Antibiotika, Antimykotika oder Gleitmitteln beobachtet wurden.
Allerdings wurde diese Wechselwirkung wohl bislang nicht speziell untersucht. Auf Nachfrage der Redaktion erklärt MSD, man habe zwar die empfängnisverhütende Wirksamkeit von Nuvaring® während der gleichzeitigen Anwendung von vaginal angewandten Antimykotika und Spermiziden (spermienabtötendes Mittel zur Empfängnisverhütung) untersucht – der Verhütungsschutz war wohl nicht beeinträchtigt –, allerdings: „Systematische Untersuchungen zur Auswirkung dieser Stoffe auf die Geschmeidigkeit/Brüchigkeit von Nuvaring® liegen nicht vor.“