Der besondere Rückblick: Das „Gallenfett“
Aus Gallensteinen isoliert
Es ist weithin ein Schreckgespenst und in der Wissenschaft sorgt es immer wieder für Kontroversen: Cholesterin. Sein Name setzt sich zusammen aus der Bezeichnung „Chol“ für Galle und „Stearin“ für Wachs. Erstmals wurde Cholesterin nämlich aus Gallensteinen isoliert. Das geschah wahrscheinlich im Jahr 1769 durch den französischen Arzt und Chemiker François Poulletier de la Salle. Das isolierte Material – eine wachsartige, kristalline Substanz – erwies sich später als unverseifbar. Dadurch unterschied sich Cholesterin von anderen Wachsen. Es wurde auch „Gallenfett“ oder „Fettwachs“ genannt.
Im Blut nachgewiesen
Im Jahr 1830 wurde Cholesterin im Blut nachgewiesen und 1843 entdeckte man es in arteriosklerotisch veränderten Gefäßen. Die chemische Identifizierung des Sterols (auch Cholesterol genannt) gelang im Jahr 1932. Zahlreiche Nobelpreise wurden im Laufe der Jahrzehnte für die Erforschung von Cholesterin vergeben. Im Jahr 1985 erhielten zum Beispiel zwei amerikanische Wissenschaftler den Medizinnobelpreis für die Aufdeckung des Cholesterin-Stoffwechsels. Sie differenzierten zwei Arten von Cholesterin im Blut: das schützende HDL-Cholesterin sowie das schädliche LDL-Cholesterin.
Nutzen und Schaden
Cholesterin kommt überall im Körper vor. Es ist unter anderem Bestandteil von Zellmembranen, wird für die Funktion von Nervenzellen benötigt und ist wichtig für die Produktion von Gallensäuren und Steroidhormonen sowie die Bildung von Vitamin D. Der menschliche Organismus kann Cholesterin in der Leber selbst herstellen. Cholesterin wird aber auch über die tägliche Nahrung zugeführt. Erhöhte Cholesterinspiegel im Blut gelten als arteriosklerosefördernd. Sie stellen damit einen wichtigen Risikofaktor für koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und Schlaganfall dar. Umfangreiche Studien belegen dies seit Jahrzehnten.
Wünschenswerte Werte
Die aktuellen Europäischen Leitlinien rücken vor allem die LDL-Cholesterinwerte in den Blickpunkt, wobei bei den Zielwerten das individuelle Risikoprofil des Patienten entscheidend ist. So gilt bei niedrigem und mittlerem Herz-Kreislauf-Risiko ein LDL-Cholesterinwert von unter 115 mg/dl als erstrebenswert, bei sehr hohem Risiko (z.B. Herz- oder Gefäßerkrankung, Diabetes) sollte der LDL-Cholesterinwert unter 70 mg/dl betragen. Beim HDL-Cholesterin gilt jeweils ein Wert von mindestens 40 mg/dl als wünschenswert.
Gesamternährung zählt
Immer wieder gab es Kontroversen darüber, welchen Einfluss die Cholesterinzufuhr übers Essen auf den Blutcholesterinspiegel hat. Lange Zeit wurden sämtliche cholesterinhaltigen Lebensmittel, insbesondere Eier, Butter und Sahne, verdammt. Vor einigen Jahren rückte man wegen unzureichender Studienlage von dieser extremen Position ab. Inzwischen nimmt man das Gesamternährungskonzept ins Visier. So hat man erkannt, dass etwa gesättigte Fette in Wurst, Speck etc. eine stärker cholesterinerhöhende Wirkung haben als zugeführtes Cholesterin an sich. Als herzgesund gilt generell eine Ernährung mit Schwerpunkt auf Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Geflügel, Fisch, Hülsenfrüchten, Raps- und Olivenöl sowie Nüssen.
Quellen: Deutsche Herzstiftung e.V.; L. Rosenfeld: Four Centuries of Clinical Chemistry, Taylor & Francis 1999; H.-J. Holtmeier: Gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen, Springer Verlag 1995